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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
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konnte … Nein, nein, natürlich würde sie das nicht tun. Sie würde in die Bücherei gehen und sich ein Buch über Schlangen ausleihen, falls es so etwas gab, und darin nachschlagen. Warum sollte sie sich auf einen Mann verlassen, wenn sie sich ebenso gut selbst informieren konnte?
    Frustriert wischte sie ein vertrocknetes Blatt vom Geländer und ging die Veranda entlang um das Haus herum zur Rückseite des Hauses bis zu der breiten, fensterlosen Seite, die nach Osten zeigte. Ihre nackten Füße erzeugten kein Geräusch, und die Seide ihres Morgenmantels rauschte leise im Wind. Sie wollte nicht an ihn denken. Es hatte keinen Sinn, sich Entschuldigungen auszudenken, um Zeit in seiner Gegenwart zu verbringen. Und es brachte auch nichts, immer wieder an das Lustgefühl zu denken, das seine Berührungen und der Klang seiner Stimme in ihr ausgelöst hatten. Kein Grund, herumzustehen und sich die Farbe seiner Augen und seines Haars ins Gedächtnis zu rufen.
    Und sie würde es nicht mehr zulassen, dass er ihr Liebeserklärungen machte. Beim nächsten Mal … Es würde kein nächstes Mal geben.
    Bei dem Geräusch eines Streichholzes, das angerissen wurde, schnappte sie überrascht nach Luft. Als sie sich umdrehte, entdeckte sie Colonel Stanton, der sich in einem gekippten Stuhl gegen die Wand lehnte und sich eine Zigarre anzündete. Wortlos beobachtete sie, wie er den Stumpen zwischen seinen Fingern drehte und daran paffte, bis die Zigarre gleichmäßig brannte. Dann warf er das noch rauchende Streichholz in den Garten.
    »Es gibt nur wenige Morgen wie diesen«, erklärte er. »Ich versuche, sie alle zu begrüßen.«
    Er schien keine Erwiderung zu erwarten, also lehnte sie sich schweigend mit der Hüfte an einen Eckpfosten und verschränkte die Arme vor der Brust. Das glimmende Ende der Zigarre leuchtete auf, als der Colonel an der abgebissenen Spitze zog. Schließlich ließ er den Stumpen sinken.
    »Habe ich Sie erschreckt?«
    »Ein wenig«, gab Roxane zu.
    »Hm«, brummte er.
    »Ich wollte Sie nicht stören, Colonel Stanton. Wenn Sie möchten, gehe ich wieder ins Haus.«
    »Bleiben Sie, wo Sie sind, Roxane. Niemand könnte mich weniger stören als Sie.«
    Roxane wippte auf ihren Fersen, stützte sich auf das Geländer und streckte ihren Rücken, der nach der unruhigen Nacht ein wenig steif war.
    »Gibt es Schlangen im Garten?«, fragte sie.
    »Ziemlich viele«, antwortete er.
    »Ich glaube, ich habe gerade eine gehört.«
    »Hm«, brummte er wieder unverbindlich.
    »Wenn Sie etwas gehört haben, dann war es höchstwahrscheinlich keine Schlange«, sagte eine andere Stimme.
    Roxane zuckte nicht zusammen und gab auch keinen Laut von sich, sondern sagte erstaunlich ruhig: »Ich wusste nicht, dass Sie hier sind, Captain Harrison.«
    »Ich bin vorbeigekommen, um ein paar Minuten mit dem Colonel zu sprechen, bevor ich meinen Pflichten nachgehe.«
    »Dann störe ich sicher«, meinte Roxane, hielt sich jedoch am Geländer fest und machte keine Anstalten zu gehen.
    »Unsinn«, warf der Colonel ein. »Er ist gekommen, um mit mir über Sie zu sprechen, meine Liebe.«
    Roxane schloss die Augen. »Über mich?«, fragte sie dümmlich.
    Der Colonel lachte.
    »Ja«, bestätigte er.
    Roxane atmete tief ein, nahm die Hand von dem hölzernen Geländer und legte sie auf ihren Morgenmantel. Der Duft der noch geschlossenen Blüten wehte aufreizend und süß zu ihr herüber. Sie hörte Collier hinter sich in der Dunkelheit langsam und tief atmen, während der Colonel an seiner Zigarre paffte.
    »Nun, ich glaube, ich muss mich jetzt dringenden Geschäften widmen«, erklärte der Colonel plötzlich und stellte den gekippten Stuhl mit einem dumpfen Schlag auf alle vier Beine.
    »Ich kann mich doch darauf verlassen, dass ihr euch anständig benehmt?«
    »Ja, Sir«, antwortete Captain Harrison.
    Roxane schwieg.
    Sobald Colonel Stanton am anderen Ende des Hauses angelangt war, wandte sich Roxane dem Offizier zu.
    »Ein wenig früh für einen Besuch, oder?«, sagte sie gedehnt.
    »Nicht in Indien«, widersprach er. »Vieles, was wir tun, wird von der Sonne und der folgenden Hitze diktiert.«
    »Ich verstehe.«
    Sie hörte seinen Stuhl quietschen und wusste, dass er aufgestanden war. Im nächsten Moment stand er bereits neben ihr am Geländer und stützte sich, ebenso wie sie es getan hatte, mit den Händen auf.
    »Ich bin gekommen, um den Colonel um Erlaubnis zu bitten, dir heute die Sehenswürdigkeiten zeigen zu dürfen. Wir beide haben davon

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