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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
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seine Augen funkelten im Dunkeln.
    »Das habe ich auch nicht erwartet.«
    »Wie konnten Sie sich da so sicher sein?«
    »Du bist nicht der Typ von Frau, der von einem Mann ungeteilte Aufmerksamkeit verlangt.«
    »Mit anderen Worten ausgedrückt, bin ich keine Frau, der es etwas ausmacht, wie der Resonanzboden eines Klaviers benützt zu werden, um die Gedanken eines Mannes zu bestärken?«
    »So ungefähr«, meinte er amüsiert.
    »Damit man sie deutlicher darstellen und eine erweiterte Sichtweise erlangen kann? Habe ich recht?«
    »Ganz genau«, bestätigte er. »Beleidigt dich das?«
    »Ich kann noch keinen Grund dafür finden, obwohl ich es versuche.« Sie spürte, dass er in der Dunkelheit lächelte. Er hob die Hand und fuhr sich damit durch sein schwarzes Haar. »Ah, hier sind wir«, sagte er. »Gib acht, wohin du trittst, Liebes.«
    Liebes. Irgendwie musste sie ihn dazu bringen, dass er aufhörte, ihr Kosenamen zu geben. In dem Tonfall, in dem er sie verwendete, deutete er eine Intimität zwischen ihnen an, die es nicht gab. Während sie diesen Entschluss fasste, legte er seinen Arm um ihre Schultern, um ihr über eine unebene Stelle zu helfen, und sie fragte sich, ob es ihr wirklich gelingen würde, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Bisher hatte sie sich nie nach der Berührung eines Mannes gesehnt, und sie hatte es nie zugelassen, dass dabei Gefühle in ihr wach wurden. Aber jetzt, wo er seinen Arm von ihren Schultern nahm und sie losließ, begriff sie, dass es nie wieder darauf ankommen würde, ob sie sich dagegen wehrte oder nicht. Sie hatte einen kleinen Schritt in unbekannte Gefilde getan, und es gab keine Möglichkeit, ihn wieder rückgängig zu machen.
    Einen Augenblick lang blieb Roxane still stehen und atmete tief durch, während sie sich umschaute. Sie hatten den Hauptpfad verlassen und stapften durch hartes, kniehohes Gras zu einer Stelle, wo mehrere Pferde angebunden waren und von einem Mann bewacht wurden, der auf seinem Pfosten offensichtlich eingenickt war. Eines der angepflockten Pferde wieherte leise, und der Mann schreckte hoch und grüßte Collier halbherzig. Der Captain lachte und ging an ihm vorbei. Roxane folgte ihm.
    Ein großer, muskulöser Araber zerrte an dem Haltegurt, als Collier auf ihn zuging, und drückte dann seine von feinen Venen durchzogenen Nüstern gegen die Schulter des Offiziers. Die kurzen Wimpern an seinen dunklen, schimmernden Augen waren weiß und verliehen dem Hengst beinahe etwas Weibliches. Roxane hob langsam die Hand und streichelte seinen Kopf und die Ohren und vergrub schließlich ihre Finger in seiner Mähne. Das Tier wandte sich von seinem Herrn ab und rieb seine Nase an ihrem Mieder. Roxane trat einen Schritt zurück, aber der Hengst hatte bereits die Blume an ihrem Ausschnitt gepackt und kaute selbstzufrieden die pinkfarbenen und weißen Blütenblätter.
    »Wie heißt er?«, erkundigte sie sich.
    »Adain«, sagte er.
    »Wie der Flügel? Ein interessanter Name. Woher haben Sie ihn? Das ist ein Kavalleriepferd – ich habe die Rasse sofort erkannt.«
    Collier kniff die Augen zusammen. Er ging um Roxane herum, lehnte sich gegen den Sattel und starrte über das Dickicht in den Nachthimmel. »Du begreifst sehr schnell. Er gehörte einem Kavallerieoffizier. Ich habe ihn bei einer Wette gewonnen.«
    Roxane versteifte sich. »Sie sind ein Spieler?«
    »Eigentlich nicht«, erwiderte Collier. »Der Besitzer war dabei, das Pferd an einen skrupellosen Kerl zu verlieren, der dafür bekannt war, dass er seine Pferde zugrunde richtete; ich habe lediglich eingegriffen und das Pferd wieder von ihm zurückgewonnen.«
    Roxane wandte sich langsam zu ihm um. Ihr Rock strich wispernd über das Gras. Neben ihr hatte der Captain sich ebenfalls umgedreht und beobachtete sie aus halb geschlossenen Augen.
    »Sie haben also einen verschlungenen Pfad zur Ehre gewählt, Collier Harrison«, meinte Roxane.
    Er lachte leise. »An Ehre habe ich an diesem Abend nicht gedacht. Ich hatte das Pferd schon lange bewundert, und dann hat sich mir diese Gelegenheit geboten. Außerdem konnte ich den Gedanken nicht ertragen, was aus ihm bei Grovsners rücksichtslosem Verhalten werden würde.«
    Roxane hob den Kopf. »Ein vertrautes Szenario«, meinte sie sarkastisch.
    »Was? Du meinst den Vorfall von letzter Woche im Garten? Nein, so ist es nicht. Ganz und gar nicht. Verstehst du denn immer noch nicht, Roxane? Was soll ich nur sagen oder tun, um dir zu beweisen, dass du mir vertrauen

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