Palazzo der Liebe
den Bettrand zu ihrem Koffer, klappte den Deckel auf und tastete nach ihrer Schmuckschatulle.
Nichts … Es traf Sophia wie ein Schock. Die Schatulle war verschwunden! Und auf gar keinen Fall hätte sie ihr Gepäck derart zerwühlt zurückgelassen, wie es sich anfühlte! Jemand musste es durchsucht und das Schmuckkästchen gestohlen haben!
Abrupt schwang sie die Beine aus dem Bett, um besser suchen zu können, und noch während ihre aufgescheuchten Gedanken hin und her rasten, stieß sie mit der Hand gegen etwas Festes.
Sophia atmete erleichtert auf. Die Schatulle war noch da, Gott sei Dank, allerdings ganz versteckt, auf dem Boden des Koffers. Wer immer ihn durchwühlt hatte, musste gestört worden sein, sodass er das angerichtete Chaos nicht mehr beseitigen konnte.
Nur, wer sollte das gewesen sein? Offensichtsichtlich kein Dieb, weil nichts fehlte. Vielleicht ein neugieriger Angestellter? Eher unwahrscheinlich.
Aber wie lautete die Erklärung dann?
Plötzlich kam Sophia ein neuer, noch viel verstörender Gedanke. Hatte sie nicht auch in London bereits den Verdacht gehabt, ihre Wohnung sei durchsucht worden? Wenn diese beiden Vorfälle nun zusammenhingen? Was sagte das über den möglichen Täter aus?
Nein, rief sie sich selbst zur Räson. Allein die Annahme, ein bedrohlicher Fremder könne ihr von England nach Italien gefolgt sein, fand sie absurd. Frustriert nahm sie Kette und Ohrringe ab und legte sie zurück in die Schmuckschatulle. Dann kletterte sie zurück ins Himmelbett und stellte sich auf eine schlaflose Nacht ein.
6. KAPITEL
Obwohl sie sich körperlich zu Tode erschöpft fühlte, arbeitete Sophias Geist jedoch ununterbrochen. Ausdruckslos starrte sie ins Dunkel und dachte über den seltsamen Vorfall mit der Schmuckschatulle nach, gleichzeitig lief vor ihrem inneren Auge immer wieder die quälende Szene mit Stephen ab.
Was war das?
Sie spürte es mehr, als dass sie es sah – in der hinteren Ecke des Zimmers, neben den schweren Samtvorhängen, bewegte sich etwas. Ein kalter Schauer lief Sophia über den Rücken, während sie den Atem anhielt und angespannt lauschte. Doch dann überwog die Wut, und mit einem Ruck setzte sie sich auf.
„Wer ist da?“, fragte sie scharf.
Sie bekam keine Antwort.
Hatte sie ernsthaft eine erwartet? Natürlich hielt sich dort niemand versteckt. Ihr waren einfach nur die Nerven durchgegangen. Gerade wollte sie sich wieder hinlegen, da hörte sie kaum vernehmbare Atemzüge, und sofort stellten sich die Härchen in ihrem Nacken auf.
Angestrengt lauschte sie nun in die Dunkelheit. Als Sophia langsam überzeugt war, sich erneut geirrt zu haben, stieß sie den angehaltenen Atem aus, schwang gereizt die Beine über die Bettkante und marschierte todesmutig durch den dunklen Raum, nur um sich zu überzeugen, dass sie wirklich fantasierte.
Doch kaum hatte sie ein paar Schritte getan, da stürzte sich eine große Gestalt auf sie und stieß sie brutal zu Boden. Sophia stieß einen erstickten Schrei aus und versuchte sich aufzurappeln. In dem Moment hörte sie, wie die Tür aufflog und sich jemand mit schweren Schritten entfernte.
Keine Sekunde später stürmte Stephen aus seiner Suite, die ihrer gegenüberlag. Als er sie im Schein des gedämpften Flurlichts am Boden liegen sah, eilte er auf Sophia zu.
„Was ist passiert? Bist du verletzt?“
„Nein … Ich – mir geht es gut“, versicherte sie ihm mit schwankender Stimme.
„Bestimmt?“
„Ja, ich bin nur ein wenig benommen.“
Er half ihr beim Aufstehen und führte sie zum Bett. „Warte hier“, befahl er knapp und war bereits im nächsten Augenblick verschwunden.
Bis er wiederkam, hatte der Schock bei Sophia eingesetzt. Leichenblass und mit klappernden Zähnen saß sie immer noch auf der Bettkante.
Stephen fluchte unterdrückt, nahm Sophia ohne Umstände auf seine Arme und trug sie hinüber in seine Suite. Im Wohnzimmer setzte er sie auf der Couch ab, hüllte sie in eine Decke und stopfte ihr ein paar Kissen in den Rücken.
Als er sie ansah, dachte er, dass sie ihm nie schöner erschienen war. Die zarte Haut, ohne eine Spur Make-up, wirkte rein und seltsam unschuldig unter den wirren dunklen Locken. Die schönen grünen Augen dominierten das schmale Gesicht.
„Ich bin ein Idiot!“, warf er sich vor. „Ich hätte dich nie so gehen lassen dürfen.“
„Mit mir ist alles in Ordnung“, versicherte sie mit dünner Stimme und klappernden Zähnen.
Stephen setzte sich neben sie und umfasste ihre zitternden
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