Paloma
Gesund und kräftig. Auf ihrer braunen Haut lag ein seidiger Schimmer.
„Lasst euch nicht stören, danke, ich habe schon gegessen“, sagte sie, als Bobby ihr einen Teller holen wollte. „Ich wollte nur mal schnell Hallo sagen und sehen, ob ihr alles habt, was ihr braucht.“
„Das haben wir nun wirklich. Danke, dass du daran gedacht hast, uns den Kühlschrank zu füllen. Du weißt ja, wie ich es hasse, gleich nach der Ankunft einkaufen zu gehen“, sagte Bobby und schickte dann Alex das Geschenk zu holen, das sie für Desiree mitgebracht hatte.
„Und danke auch für den Wein, Desiree. Ich komm dieser Tage mal bei dir vorbei und wir rechnen ab.“ Philipp zahlte Desiree jeden Monat eine kleine Summe dafür, dass sie nach dem Haus sah, wenn es leer stand. Es gelegentlich durchlüftete, die Büsche goss und ähnliches.
„Komm, wann immer du magst, Philipp. Aber das mit dem Geld, das eilt nicht.“
Alex kam mit dem Päckchen zurück und gab es Desiree. „Du musst es aber gleich auspacken. Wir wollen doch sehen, ob du dich freust“, sagte er.
„Alex!“, mahnte Bobby ihn lachend.
Aber Desiree sagte, dass sie das sowieso getan hätte, weil sie ein neugieriger Mensch sei. Das Päckchen enthielt einen ziemlich verrückten lilafarbenen Rock aus sehr viel Stoff, der am Saum in geschwungenen Zipfeln endete. Bobby wusste, dass Desiree solche Sachen liebte und ihre Freude darüber war ihr anzusehen.
„Toll“, fand auch Alex, „kannst du sicher gut gebrauchen, wenn du in die Disco gehst, stimmt’s?“
Alle lachten. Alex machte ein verständnisloses Gesicht.
„Und sonst?“, erkundigte sich Philipp. „Was machen deine ganzen Aktivitäten?“. Er öffnete eine neue Flasche Wein und holte auch für Desiree ein Glas.
„Nicht heute Abend, Philipp, okay? Dazu ist die Nacht zu schön und außerdem sind gute Freunde angekommen. Was will man mehr?“. Sie wandte sich an Karen. „Du musst mich mal besuchen. Meine Finca anschauen. Normalerweise verlange ich ja Eintritt, aber bei dir mache ich eine Ausnahme.“
„Danke. Ich komme gerne.“
Philipp war erleichtert, dass Karen nicht einmal zusammengezuckt war bei der vertraulichen Anrede.
Bobby sah, dass Vicky, die auf Desirees Schoß saß, die Augen zufielen. Sie stand auf, nahm Vicky auf den Arm und warf dabei Alex einen Blick zu. Der verstand auch ohne Worte und schob sich von seinem Stuhl hoch. Bevor er jedoch seiner Mutter folgte, sagte er zu Desiree: „Das ist aber nicht wahr, dass du Eintritt verlangst, falls jemand dein Haus ansehen will.“
„Im Moment noch nicht. Aber ich hab es mir geschworen, sobald die nächsten Touristen bei mir reingaffen.“
„Ja, das mach mal“, sagte Alex. „Dein Haus ist ja auch kein Museum, das jeder einfach anschauen kann.“
Auch Karen sagte bald darauf gute Nacht. Im Licht der Petroleumfunzel, die sie nun angezündet hatten, wirkte ihr schmales, schönes Gesicht ziemlich blass und unter den Augen hatte sie tiefe Schatten.
„Nimm ruhig die Lampe mit“, sagte Philipp.
„Nein, lass nur. Ihr sitzt sonst im Dunkeln“, antwortete sie.
„Nimm sie ruhig. Wir haben noch mehr von den Dingern, falls wir Licht brauchen.“
Schatten tanzten über die Hauswand, als Karen, die Petroleumlampe vorsichtig am Drahtbügel haltend, ins Haus ging.
„Dann geh ich jetzt besser auch“, sagte Desiree.
„Nein, bleib doch noch“, bat Philipp.
„Wirklich, bleib doch noch da“, sagte auch Bobby, die eben auf die Veranda zurückkehrte. „Leiste uns noch ein bisschen Gesellschaft an unserem ersten Abend. Wir gehen ja doch noch nicht schlafen. Ich bin richtig aufgekratzt. Es ist so wahnsinnig schön, endlich wieder hier zu sein.“
„Und du?“ Desiree wandte sich an Philipp.
„Ich hab eben festgestellt, dass es wohl nirgends auf der Welt einen besseren Platz gibt, um mit euch zusammenzusitzen und zu reden. Aber komm jetzt nicht auf die Idee, mich zu fragen, wieso ich so lange damit gewartet habe.“
„Du bist hier, das genügt. Forget all the other shit.”
Philipp lehnte sich in seinen Korbsessel zurück und zündete sich eine Zigarette an und dann legte er den Kopf zurück und sah hinauf in den hohen Himmel. Und wie an jedem ersten Abend, wenn er auf die Insel zurückgekehrt war, hatte er das Gefühl, niemals vorher eine so hohe Kuppel über sich gesehen zu haben. Anscheinend vergaß er in der Zwischenzeit, wie ein Nachthimmel aussehen konnte. Denn wann kam man zuhause, in der Stadt, schon dazu, in den Himmel zu
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