Palzki 09 - Ahnenfluch
Jungkollege Jürgen, der heute wieder anwesend war, meinte zu Paul: »Soll ich dir nachher im Dachboden unsere neue Kegelbahn zeigen?«
Paul freute sich und ich fragte: »Wir haben eine Kegelbahn?«
Jürgen strahlte. »Seit letzter Woche. Ein paar Kollegen haben eine kleine Bahn improvisiert. KPD kommt sowieso nie hoch in den Speicher.«
Wir nahmen am Besprechungstisch Platz. Paul setzte sich ohne zu fragen an Juttas Schreibtisch. Kurz darauf hörten wir diverse Schussgeräusche.
Gerhard lachte laut auf. »Die versteckten Computerspiele hat Paul aber schnell gefunden.«
»Ich habe Spiele auf meinem Computer?«, fragte Jutta verdattert. »Sind die wenigstens jugendfrei?«
»Jetzt hab ich dem schleimigen Monster die Rübe abgeballert«, gab Paul von sich und beantwortete damit Juttas Frage.
Jutta sagte mehr zu sich selbst: »Hoffentlich geht das gut.« Laut sagte sie: »Es gibt neue Erkenntnisse zu gestern.«
Sie öffnete einen roten Aktendeckel und entnahm zwei Fotos. Sie zeigten den Armbrustpfeil und den Schlüssel.
»Das sind einwandfrei billigst hergestellte Kopien.«
»Dann hätte der Pfeil gar nicht tödlich sein können!«, warf ich ein.
»Oh doch«, parierte Jutta. »Die Spitze ist messerscharf. Dein Glück war wahrscheinlich, dass der Schaft eine kleine Unwucht hat. Dadurch wurde seine Flugbahn ungünstig verändert.«
»Danke, liebe Exkollegin. Ich denke immer noch, dass der Pfeil für diesen Zweier gedacht war. Weiß er schon Bescheid?«
»So weit kommt es noch. Seine Weste ist übrigens alles andere als blütenweiß. Kleinere Betrügereien, Amtsanmaßung usw.«
»Also nur das Übliche für jemand in seiner Position.«
Meine Kollegen lachten.
»Hat man die Buchstaben zuordnen können?«, fragte ich.
»Aber sicher doch. Sie haben nichts mit Computer zu tun, aber das dürfte wohl klar gewesen sein.«
»Nun sag schon endlich.«
»Carl Theodor.«
»Carl Theodor?«, wiederholte ich und summte: »Der Theodor, der Theodor, der steht bei uns im Fußballtor.«
Die fragenden Gesichter beantwortete ich mit: »Das war von Theo Lingen.«
»Unser Theodor ist schon etwas älter«, meinte Jutta. »18. Jahrhundert, um genau zu sein.«
Schon wieder Geschichte, dachte ich und sagte nichts.
»Carl Theodor war Kurfürst der Kurpfalz und von Bayern«, las Jutta von einem Blatt ab. »Während seiner Regierungszeit wurde der Bau des Mannheimer Barockschlosses vollendet.«
Vom Mannheimer Schloss wusste ich nur, dass es eines der größten Europas ist und neben einem Museum die Universität beherbergte.
»Was soll uns das jetzt sagen, liebe Jutta?«
»Ich hab nur die Fakten zusammengetragen, Reiner. Das Original des Schlüssels liegt in einem Museum in Bruchsal. Ursprünglich passte er zum Rittersaal, das wurde inzwischen festgestellt. Und …«
»Morgen!«
KPD stand brustausstreckend in der Türfüllung und schaute in unsere Richtung. Den kleinen Paul hinter dem Schreibtisch nahm er nicht wahr. Jutta klappte unauffällig die Mappe zu.
Unser Chef trat ein, und erst jetzt entdeckten wir Zweier, der hinter ihm gestanden hatte.
»Nehmen Sie doch bitte Platz, meine Herren«, bat Jutta betont höflich. Durch die niedrige Sitzposition war mein Sohn komplett durch Schreibtisch und Monitor verdeckt. Hoffentlich hielt er die Klappe.
»Ludwig-Wilhelm hat mir die Sache erklärt, die gestern im Adlerhof lief.« KPD bückte sich unauffällig zu mir und schien meine Haare zu betrachten. Das Ergebnis schien ihn zufriedenzustellen.
»Das muss das Werk eines Verrückten gewesen sein. Sonst hätte er sich nicht gerade Herrn Palzki als Opfer ausgesucht. Dennoch können wir die Sache nicht so einfach auf sich beruhen lassen. Der Täter könnte schließlich ein zweites Mal zuschlagen. Deshalb habe ich gestern noch interveniert. Und heute Morgen kamen die Ergebnisse.«
KPD öffnete ein Bündel Papiere und holte die gleichen Fotos hervor, die wir bei Jutta gesehen hatten.
»Um Ihre Ermittlungen mal ein bisschen anzustoßen, bin ich in Vorleistung gegangen. Der Pfeil und der Schlüssel sind nur Kopien.«
»Na so was!«, rief ich erstaunt. »Die Sachen haben doch so echt ausgesehen.«
»Ich habe das gleich erkannt«, fiel mir KPD ins Wort.
Er kratzte sich am Ohr. »Ludwig-Wilhelm hat mir bestätigt, dass das das Original des Schlüssels vom Barockschloss Mannheim ist. Die einzige Lösung ist, dass irgendjemand meine Bildungsoffensive sabotieren will. Doch selbst wenn es Opfer gibt«, er schaute mich mitleidig an,
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