Palzki 09 - Ahnenfluch
aufgefüllt werden.«
Diese kleine Stichelei zwischendurch stärkte mein Wohlbefinden. Nicht ganz korrekt fuhr ich fort: »Außerdem haben wir die Armbrust gefunden, mit der auf mich geschossen wurde.«
Zweier verstand den Zusammenhang nicht, den es ja auch nicht gab. »Papierhandtücher? Armbrust?«, fragte er verwirrt.
»Ja genau. Es ist der gleiche Pfeil.«
Endlich machte es bei ihm klick. Mit einer übertriebenen Geste klatschte er sich an seine Stirn. »Die Ausstellung im Erdgeschoss, na klar! Daran habe ich gar nicht gedacht. Das ist allerdings seltsam: Der Schlüssel und die Waffe weisen auf das Barockschloss hin. Haben Sie noch etwas herausfinden können?«
Ich war nicht gewillt, seine Neugier zu befriedigen. Blöderweise tat es mein Sohn. »Papa hat eine Studentin getroffen, die einen Brief in irgendeiner Gruft gefunden hat. Der soll Millionen Euro Wert sein.«
Vielleicht lag es daran, dass Pauls Fantasie mit ihm durchgegangen war: Zweier erstarrte für einen Moment zur Salzsäule.
»Wa, was redest du da?«, wandte er sich an Paul. »Meinst du die Gruft in der Schlosskirche?«
Paul nickte. »Ja, das hat sie auch gesagt. Und dass sie morgen früh hier im Museum was verkaufen will.«
Ich unterbrach ihn. »Paul, die junge Dame hat doch nur blödes Zeug geredet.« Ich schaute zu Zweier. »Können wir unsere Führung durchs Zeughaus auf das Wichtigste beschränken? Sagen wir mal, so auf eine knappe Viertelstunde? Bei Herrn Rocksinger hat das auch funktioniert. Er ist bei seinen Führungen sehr kompetent. Kriegen Sie das auch hin?«
KPDs Kumpel reagierte überhaupt nicht auf meinen Wunsch.
»Ein Fund in der Gruft? Das wäre eine Sensation! Wissen Sie Näheres über diesen Brief?«
Genervt antwortete ich: »Das war doch nur vages Gerede. Sie sprach von einem Schriftstück, mehr nicht. Das kann man nicht ernst nehmen, lassen Sie sich das von einem psychologisch geschulten Polizeibeamten sagen.« Mein durch Neugier bedingter Nachsatz war allerdings sehr kontraproduktiv: »Wo soll diese Gruft überhaupt sein?«
»Sie sind doch daran vorbeigelaufen, Herr Palzki. Am nordwestlichen Anfang des Ehrenhofes befindet sich die Schlosskirche. Darunter ist die Gruft, in der zwei Leichen liegen.«
Paul bekam große Augen. »Papa, da gibt es zwei Tote, das musst du gleich melden! Schauen wir uns das mal an?«
»Nein, Paul, da darf man nicht rein. Die Toten sind bestimmt schon uralt.«
Zweier wirkte wie ausgewechselt. Nichts deutete mehr auf seine Grundnervosität hin, die er ständig zur Schau trug. Irgendetwas trieb ihn.
»Natürlich kann man in die Gruft rein. Die Alt-Katholische Gemeinde bietet regelmäßig Führungen an. Ich glaube, dass ich vorhin …«
»Das ist doch egal«, unterbrach ich barsch. »Es dürfte unmöglich sein, dass ein paar Studenten dort unten etwas gefunden haben. Der Ort ist doch seit Jahrhunderten genaustens bekannt.«
Zweier ging auf meinen Einwand ein. »Sicher, da haben Sie recht. Zumal die Kirche im letzten Krieg fast vollständig zerstört wurde. Einzig die Gruft blieb komplett unversehrt. Ich war einmal unten, daher kann ich mir schwer vorstellen, dass dort etwas bisher Unbekanntes gefunden wurde.«
»Na sehen Sie, vergessen wir die dubiosen Worte der Studentin einfach.«
»Die Verantwortung über die Schlosskirche unterliegt zwar nicht meinem Unternehmen, trotzdem sollten wir da mal nachschauen. Zufällig weiß ich, dass Herr Wischniewski im Haus ist.«
»Und wer ist das schon wieder?«, fragte ich betont uninteressiert.
Zweier erklärte es mir unbeirrt. »Alexander Wischniewski ist Mitglied der Alt-Katholischen Gemeinde, die in der Schlosskirche residiert. Außerdem ist er Theologe und Kunsthistoriker. Er weiß alles über die Gruft und hat schon mehrere Abhandlungen darüber geschrieben.«
Zweier schaute sich kurz um. »Nehmen Sie doch da drüben einen Moment Platz, ich mache mich auf die Suche nach Herrn Wischniewski.«
»Aber, aber, was ist mit der Führung durch die rem?«
Zweier blockte. »Die läuft uns nicht davon. Auch mit Frau Tannhäuser muss ich noch kurz reden. Ich bin gleich wieder da.«
Ich hatte keine Chance, ihn von diesem Vorhaben abzubringen. Auf der anderen Seite war eine Besichtigung der Gruft wahrscheinlich interessanter als ein staubtrockener Vortrag von Zweier. Hoffentlich war sie für Pauls Augen geeignet.
Es dauerte eine Weile, die mein Sohn für einen Toilettengang nutzte. Kein Wunder, so viel wie er ständig trank.
»Papa, ich habe Durst«,
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