Palzki 09 - Ahnenfluch
komplett ihren Dienst einstellte.
Aus Wut darüber setzte ich mich auf den Boden. Würde man in ein paar Jahren hier unten im Bunker, direkt unter dem Sicherungskasten mein Skelett finden? Vielleicht nur wenige Schritte von einem rettenden Ausgang entfernt? Ich wurde müde und wusste genau, warum. Je tiefer in einem unterirdischen Gang, desto höher die Konzentration an Kohlenstoffdioxid und je niedriger der Sauerstoffanteil. Mir war die Gefahr des Erstickens durchaus bewusst, doch wehren konnte ich mich nicht. Die Müdigkeit übermannte mich. Ich schlief friedlich ein.
Ein Rascheln weckte mich. Nach einer kurzen Orientierungsphase wusste ich wieder, wo ich war. Wie lang ich geschlafen hatte, war mir unbekannt. Die Müdigkeit hatte ich erfreulicherweise nicht dem fehlenden Sauerstoff zu verdanken. Ein todbringendes Problem weniger, für eine Rettung dennoch nicht ausreichend. Wieder vernahm ich das seltsame Rascheln. Waren es Ratten, die wie Geier ein baldiges Opfer erspäht hatten?
Das Rascheln ging in ein Rumpeln über. Das Geräusch kam nicht näher. Eine Explosion ließ mich zusammenzucken. Wurde der Bunker just heute gesprengt oder gar verfüllt? War der Plan der Professorin perfider als gedacht? Ein Brüllen, das nicht von dieser Welt stammte, durchflutete die Gänge. Es hörte sich an wie Dr. Metzgers absurde Lache. Meine Fantasie machte sich selbstständig, das Ende konnte nicht mehr fern sein.
»PALZKI!«
Ich hörte meinen Namen, jedenfalls bildete ich mir das ein. Seltsame Lichtblitze durchzuckten den Bunker.
»Leben Sie noch, Palzki?«
Das war eindeutig Dr. Metzger. Wie sollte er aber in den Bunker kommen? Hatte er hier heimlich Operationssäle angemietet?
»Ja.« Mein erstes Wort war nicht mehr als ein leises Krächzen. Ich stand auf. »Hilfe!«, schrie ich, weil mir nichts Besseres einfiel.
Eine Minute lang geschah gar nichts, dann flutete plötzlich ein heller Strahler den Gang.
»Palzki! Folgen Sie dem Licht, wenn Sie können.«
Ich konnte, auch wenn die ungewohnte Helligkeit mich blendete. Es war nicht sehr weit. Als ich die künstliche Sonne erreichte, sah ich, dass ich in einem vertikalen Tunnel stand. Von oben grinsten mich drei Personen an, in denen ich Dr. Metzger, Dietmar Becker und Marco Fratelli erkannte.
Metzger begrüßte mich mit seinem Frankensteinlachen. »Das erste Mal in einer höheren Schule und dann gleich im Karzer gelandet. Das kann auch nur Ihnen passieren, Palzki.«
Mir fiel ein Stein vom Herzen, die Rettung war nahe. Allerdings waren bis zur Freiheit ein paar Höhenmeter zu überwinden. Ich konnte weder Treppe noch Leiter ausmachen. Dafür lagen vor meinen Füßen die Reste eines Gitters sowie eine völlig deformierte Metallplatte.
»Hallo, Herr Palzki«, begrüßte mich Fratelli. »Wir haben das Gitter und die Platte sprengen müssen. Herr Metzger hatte die passenden Chemikalien dabei.«
»Nitroglycerin«, brüllte der Notarzt dazwischen. »Ein äußerst wirksames Herzmittel und in China günstig in Großpackungen zu bekommen.«
Fratelli übernahm wieder das Wort: »Wir lassen Ihnen ein Seil hinunter.«
Ich freute mich nur bedingt über diese Hilfestellung. Seilklettern gehörte nicht gerade zu meinen Lieblingssportarten. Schon in der Schule hatte ich es gehasst. Um ehrlich zu sein, schaffte ich nie mehr als einen knappen halben Meter.
Kurz darauf landete das Seilende auf meinem Kopf. Es handelte sich um ein ähnlich dickes Tau wie es in Schulturnhallen Verwendung findet.
»Los, kommen Sie, Palzki.« Metzger leuchtete mich mit einer superstarken Taschenlampe an.
Ich gab alles, doch es war nicht genug. Nachdem ich eine Weile wie ein Verrückter an dem Seil herumgezappelt hatte, ließ ich es los.
»Es geht nicht. Ich habe mich im Dunkeln am Arm verletzt. Gibt es eine andere Möglichkeit, mich raus zu holen?«
Die Antwort von Fratelli war nicht sehr positiv. »Es ist niemand mehr in der Uni, der einen Schlüssel zum Heizungskeller hat. Das hier ist die einzige Möglichkeit, wenn Sie im Bunker nicht übernachten wollen.«
»Oh, das haben wir gleich«, rief der Notarzt. »Palzki, halten Sie sich gut am Seil fest. Ich werfe den Aufzug an.«
Mir schwante Übles. Dennoch tat ich wie verlangt. Ich hörte, wie Metzger seine Mobilklinik startete und ich wurde regelrecht aus dem Loch herauskatapultiert. Den Bunker hatte ich überlebt, nun würde ich zerschmettert an der Außenwand des Schlosses enden.
Doch weit gefehlt, ich landete fast angenehm sanft auf einem
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