Palzki 09 - Ahnenfluch
provozierend auf die Uhr.
»Und warum das Ganze? Hätten Sie Ihre Meetings nicht in der Bibliothek abhalten können?«
»Niemals, Herr Palzki. Wir mussten ungestört sein. Niemand soll von dem gefundenen Schriftstück erfahren, bevor es decodiert ist.«
Hoppla, anscheinend steckte Rocksinger tiefer in der Sache, als ich gedacht hatte.
»Darf ich davon ausgehen, dass Sie wissen, wo es gefunden wurde?«
Er schloss für einen Moment die Augen. Hoffentlich war das Beruhigungsmittel nicht zu stark.
»In der Gruft, das dürfte wohl auch Ihnen inzwischen klar sein, oder? Ich habe das nur zufällig mitbekommen und Beate, ich kenne Beate Stadelbauer schon länger, vorgeschlagen, die Sache im Museum zu besprechen. So kam es zu unseren regelmäßigen Meetings im Blauen Salon. Außerdem konnte ich die Studenten hin und wieder am Rande etwas unterhalten. Im Museum steht ein Klavier, und Kultur kann man nie genug erleben.«
Sofort schoss mir ein Gedanke durch den Kopf und die Studenten taten mir leid. »Was haben Sie denen so alles vorgespielt?«
»Das ›Phantom der Uni‹«, antwortete er sofort. »Ich bin seit Längerem dabei, ein Barock-Musical zu schreiben, das im Schloss spielt.«
Da dies nun geklärt war, konnte ich wieder zum eigentlichen Thema übergehen.
»Warum haben Sie da mitgemacht? Was ist an diesen Ahnentafeln so interessant?«
Rocksingers offener Mund ließ mich bis zu seinem Zäpfchen blicken. »Sie wissen, was da drin steht?«
»Polizisten wissen alles«, antwortete ich unbestimmt.
»Wir konnten bisher nur die Überschriften lesen, der Rest ist in einer Geheimschrift verfasst, die wir nicht entschlüsseln konnten. Beate, äh, Frau Stadelbauer hat mich heute Morgen angerufen, dass sie wahrscheinlich die Lösung gefunden hat. Morgen Abend wollen wir uns wieder treffen.«
»Sie haben mir immer noch keine Antwort auf meine Frage gegeben, warum Sie da mitmachen.«
»Ist Ihnen das nicht klar, Herr Palzki? Da bahnt sich eine Sensation an, die mit dem Barockschloss zu tun haben könnte. Vielleicht muss man sogar Teile der Wittelsbacher Geschichte neu schreiben, stellen Sie sich das mal vor!«
»Das wäre allerdings tragisch«, antwortete ich, obwohl ich das Gegenteil meinte. Ich ordnete kurz meine Gedanken. So langsam ergaben die Ermittlungen ein Bild. Jetzt müsste ich nur noch klären, wer hinter der mysteriösen Gruppe stand, die der Studentin Kopien des Schriftstücks abkaufen wollte. Wahrscheinlich waren diese Personen auch für die beiden Morde verantwortlich. Vielleicht hatten sie inzwischen die Informationen besorgt und wollten nun alle Zeugen beseitigen. Dies könnte das Attentat auf Rocksinger erklären und gleichzeitig bedeuten, dass die Professorin und die Studenten in höchster Gefahr schwebten. Aber Zweier? Wieso tauchte in Schifferstadt der Armbrustschütze auf? So ganz rund war die Geschichte noch nicht.
Ich wandte mich erneut an Rocksinger. »Wissen Sie, wer die Gruft aufgebrochen und Wischniewski umgebracht hat?«
Er schüttelte leicht den Kopf, schien dabei aber Schmerzen zu haben.
»Nur Katja hatte einen Kontakt zu den Unbekannten. Wir haben nicht einmal eine Ahnung, wie viele es sind. Dass Katja heimlich Kopien verkaufte, wissen wir auch erst seit gestern.«
»Wie wurde eigentlich das Schriftstück gefunden? Das Gitter in der Gruft war schließlich bis vor Kurzem unbeschädigt.«
»Das haben die Studenten mit einem langen dicken Draht irgendwie rausziehen können«, sagte Rocksinger. »Das Papier lag in einer Holzschatulle und fiel plötzlich von oben herab in den Lüftungsschacht. Wir wissen nicht, ob es dort noch mehr Funde gibt. Beziehungsweise gab, jetzt ist das Gitter ja weg. Wischniewski hatte von alledem übrigens keine Ahnung. In unserem letzten Meeting im Blauen Salon überlegten wir, ob man einen ferngesteuerten Roboter benutzen könnte. Im ersten Schritt wollten wir ein paar Fotos machen, um zu sehen, wie lang der Gang ist.«
»Können wir jetzt langsam fahren?« Ich blickte nach draußen zum Fragenden. Der Arzt schien sehr ärgerlich zu sein.
»Einen kleinen Moment bitte, wir sind gleich fertig.«
Ich drehte mich zu Rocksinger. »Wo können wir Frau Stadelbauer finden?«
»Ich weiß es nicht. Heute Morgen sagte sie mir, dass sie gestern einen von den Leuten, die Katja ermordet haben, in dem Bunker unter dem Ehrenhof eingesperrt hat. Das wollte sie nach unserem Telefonat anonym der Polizei melden. Für heute hat sich Beate krankgemeldet. Die Sache hat sich nun als
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