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Palzki 09 - Ahnenfluch

Palzki 09 - Ahnenfluch

Titel: Palzki 09 - Ahnenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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wieder zu Jutta in den Wagen. Diese verzog angewidert ihren Mund und schaute auf meinen Bauch.
    »Probier lieber mal die selbstgemachte geniale Soße auf den Cheeseburgern«, entgegnete ich.
    In dem südwestlichen Zipfel von Speyer, in dem die Straße ›Im Vogelgesang‹ lag, war ich wahrscheinlich noch nie vorher gewesen. Wir fanden sie auf Anhieb. Auch die Pension ›Linderhof‹ war mit ihrer prunkvollen Straßenansicht nicht zu übersehen. Hier hatte sich ein Architekt verausgabt, vielleicht auch mehrere. Das mit Erkern, kleinen Türmchen und wilden Ornamenten verunstaltete Haus löste in mir einen leichten bis mittleren Brechreiz aus, vielleicht hatte ich auch nur zu viel gegessen. Jutta dagegen gefiel das Kunstwerk. Sogar die Gartenzwerge im Dirndl und Lederhose, die in kunstvollen Schubkarren drapiert herumstanden, fanden ihre Zustimmung.
    »Willst du schnell allein rein?« Ich versuchte, meine Haut zu retten.
    »Hab dich nicht so, innen sieht es bestimmt noch hübscher aus.«
    »Bestimmt«, antwortete ich und entließ ein paar Gase.
    Die große Glastür öffnete sich automatisch und wir traten in eine klimatisierte Welt ein, die sehr befremdlich aussah. Und das ist jetzt wirklich wohlwollend formuliert.
    Eine sphärische Musik belästigte meine Ohren, auch wenn sie recht dezent im Raum zu schweben schien. Heute war nicht mein musikalischer Tag: erst Rocksinger in Neustadt und nun dies.
    Die akustischen Qualen wurden von den olfaktorischen weit überragt. Es roch, als hätte man mit einem Räucherstäbchenkonzentrat die Wände gestrichen. Ich spürte, wie sich meine Lungenflügel gemeinsam mit der Speiseröhre zu einer Einheit verkrampften und hartnäckig versuchten, die Engstelle am Hals zu überwinden.
    Als ob das nicht bereits genügend Reizüberflutung wäre, kam die optische Pein als fast schon erlösender Dolchstoß hinzu. Die absolut taugliche Kulisse für alle Art von Bollywood-Filmen war um Welten geschmackloser als KPDs Büroeinrichtung. Ich hoffte inständig, dass mir niemand etwas zu trinken anbieten würde. Eine vierte Sinnlosigkeit würde ich nicht überstehen. Ich fühlte mich, und hier kam der fünfte Sinn ins Spiel, auch so schon mehr tot als lebendig.
    »Guten Tag, Frau und Herr Brechtel! Fühlen Sie sich wohl bei uns, herzlich willkommen.«
    Eine Dame, die bestimmt doppelt so alt war wie sie aussehen wollte und vermutlich bereits vor Jahren persönliche Geburtstagswünsche des Bundespräsidenten entgegennehmen durfte, schwebte auf uns zu.
    Sie ging zu Jutta und reichte ihr die Hand, wobei das sehr lächerlich aussah. Ihr Handrücken lag oben und ihre Finger vibrierten wie Spinnenbeine in Richtung Boden. Vielleicht war dies den schwergewichtigen Ringen nebst bunten Steinen zu verdanken, die alle Finger säumten und sie flächig überdeckten.
    Jutta griff instinktiv die Hand. Mein sechster Sinn sagte mir, dass auch sie an Kreislaufproblemen litt.
    »Wir sind nicht Familie Brechtel«, sagte sie schließlich und die Dame des Hauses zog sofort ihre Spinnenhand zurück.
    »Ach so«, hauchte sie. »Wir sind leider ausgebucht. Unsere Gäste buchen mindestens ein halbes Jahr im Voraus.«
    »Wir können uns Ihren Luxusschuppen gar nicht leisten«, fiel ich ihr ins Wort, um es kurz zu machen.
    Erschrocken schwebte sie ein paar Schritte zurück. »Dann kann ich Ihnen nicht weiterhelfen. Wir sind ein geschlossener Club. Anfragen stellen Sie bitte ausschließlich schriftlich.«
    Gerade wollte ich meine Visitenkarte ziehen, doch ich hatte eine bessere Idee. »Wir ziehen Erkundigungen in einem Ermittlungsverfahren in Baden-Württemberg ein, wir sind Polizeibeamte.« Ich lobte mich selbst für meine Idee, uns aus der Sache herauszuhalten. Falls Zweier von unserem Besuch erfahren würde, käme er nicht auf den Gedanken, dass es Schifferstadter Beamte gewesen wären. »Wir ermitteln gegen einen Ihrer Gäste.«
    »Tut mir leid, von mir erhalten Sie keine Auskunft. Wir sind ein seriöses Etablissement und auf unsere Diskretion stolz. Wenn Sie wüssten, wer alles bei uns absteigt!«
    Ich hasste es, wenn uns jemand nach der sogenannten ›Oggersheimer Methode‹, im normalen Sprachgebrauch auch ›Aussitzen‹ genannt, sämtliche Informationen verweigerte. Doch im Vergleich zu Politikern hatte ich so meine Gegenmaßnahmen in petto.
    »Schade«, sagte ich ohne große Erregung und blickte zu Jutta. »Frau Wagner, wären Sie so gut, die Beamten hereinzulassen? Da diese Dame nicht mit uns kooperiert, müssen wir die

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