Palzki 09 - Ahnenfluch
dran.
»Rocksinger ist jetzt sauber, Reiner. Oder was meinst du? Als Tatverdächtigen können wir ihn nach dem Attentat streichen. Was er gemacht hat, ist zwar nicht hasenrein, aber das soll unsere Sorge nicht sein.«
»Ne du, das ist mir alles zu glatt. Ich glaube, dass er an der einen oder anderen Stelle nicht die ganze Wahrheit gesagt hat. Es kann durchaus sein, dass er zu der bekannten Gruppe gehört, die vermutlich die Studentin und Wischniewski umgebracht hat.« Mir fiel noch etwas ein. »Die Dame an der Kasse des Schlossmuseums hat ihn Baron Münchhausen genannt. Das gibt mir zusätzlich zu denken.«
»Wenn Rocksinger sowieso das Schriftstück aus erster Hand hatte, warum sollte er dann der Studentin Kopien über einen Strohmann abkaufen?«
»So ganz verstehe ich das auch noch nicht, Jutta. Aber wenn du zwischen den Zeilen gehört hast, hat Rocksinger das gefundene Papier nicht, sondern die Professorin. Und solange der Großteil chiffriert ist, kann niemand etwas damit anfangen.«
»Vielleicht kennen die Mörder den Code?«, spekulierte ich. »Wie auch immer, Rocksinger kann durchaus eine Schlüsselrolle spielen. Vielleicht gehörte sogar Wischniewski dazu und inzwischen haben sie sich zerstritten und bringen sich gegenseitig um.«
»Und Ludwig-Wilhelm Zweier? Auf den wurde auch geschossen. Auch wenn du den Pfeil abgekriegt hast.«
»Das wäre überhaupt der Oberhammer! KPDs Bekannter entpuppt sich als Mitglied einer Mördervereinigung. Das glaube ich zwar nicht, auf den Zahn fühlen müssen wir ihm aber sowieso.«
Während Jutta Richtung Schifferstadt fuhr, setzte ich für die folgende Konversation meinen größtmöglichen Charme ein.
»Du, Jutta«, flötete ich. »Heute Morgen waren wir ja in deiner Lieblingsbäckerei. Wie hat das ekli…, äh, gesunde Zeug eigentlich geschmeckt?«
Sie hatte mich wahrscheinlich bereits beim ersten Wort durchschaut. »Worauf willst du hinaus?«
»Äh, ja, also, ich habe heute noch nicht so viel gegessen. Und jetzt gerade die Aufregung in Neustadt. Könnten wir …?«
»Wohin?«
Mit meinen zarten Rehäuglein, so bildete ich es mir jedenfalls ein, strahlte ich sie an. »Curry-Sau in Speyer?«
»Bist du verrückt? Das ist ja ein riesiger Umweg!«
Damit hatte sie natürlich recht. Auf der anderen Seite war es Usus, bei den Ermittlungen zu jedem größeren Fall mindestens einmal die Curry-Sau aufzusuchen. Was den Studenten die Nudeln, war mir die Curry-Sau. Zum Nachtanken geistiger Nahrung, falls man eine Begründung bräuchte. Ich brauchte eine und zwar schnell. Die nach geistiger Nahrung würde bei Jutta keine Chance haben. Aber Hunger macht erfinderisch, ich hatte die rettende Idee.
»Ich habe meinen Speyerer Lieblingsimbiss natürlich nicht zufällig ausgewählt und auch nicht, weil es ein Umweg ist.«
»So? Dann bin ich mal gespannt!«
»Zweier hat sich in Speyer eingemietet. Ich würde mir gern mal anschauen, wo der so absteigt.«
Kapitel 15: Besuch im Linderhof
Mein Trick funktionierte. Wir fuhren an Schifferstadt vorbei direkt zur Curry-Sau nach Speyer, die wir auch ohne Navi und Nachfragen zielsicher fanden. Jutta blieb im Auto sitzen, während ich meinen Kalorienpegel auffrischte und zusätzlich etwas auf Vorrat einlagerte. Für spontan auftretende schlechte Zeiten war ich gut gerüstet. Jetzt konnten wir uns auf den Weg zur Pension machen, in der Zweier nach seinen Angaben eingecheckt hatte.
»Warum fährst du nicht?«, fragte ich Jutta, nachdem ich mich mit einem gewissen Völlegefühl in den Beifahrersitz plumpsen ließ.
»Dein Job ist gefragt, Reiner.«
Was sollte das nun wieder bedeuten? War Jutta eingeschnappt, weil es hier keine vegetarischen, veganischen oder sonst welche pseudogesunden Sachen gab? Die Lösung war viel schlimmer. Sie zeigte auf die Windschutzscheibe.
»Hast du einen Strafzettel kassiert?«
Jutta zog eine Schnute. »Ich bin gefahren, nicht du. Was siehst du sonst nicht auf der Scheibe?« Sie gab selbst die Antwort. »Ein Navi. Also steige bitte aus und frage an deinem obskuren Imbiss nach dem Weg.«
Was blieb mir anderes übrig, als ihrem Wunsch Folge zu leisten, schließlich war es meine Idee, zu Zweiers Pension zu fahren. Bedauerlicherweise standen gerade keine Kunden vor der Curry-Sau, sodass ich die Dame hinter dem Tresen bemühen musste. Um meinen peinlichen Wunsch nach Auskunft unaufdringlich zu verpacken, ummantelte ich ihn mit einer Bestellung.
Ein paar Minuten später stieg ich mit einem Cheeseburger to go
Weitere Kostenlose Bücher