Palzki 09 - Ahnenfluch
geschafft?«
Jutta zwinkerte mir zu, während sie antwortete. »Polizeibeamte können mit Tieren mindestens genauso gut umgehen wie mit Menschen. Ihr kleines Hündchen war sofort zahm wie eine Miau-Katze. Ich bin übrigens Jutta Wagner, eine Kollegin von Herrn Palzki.«
Rocksinger stand auf und gab seinem Hund einen Klaps. Biene Maja schnüffelte aufgeregt an meiner Tasche.
»Seltsam«, sagte er. »Das kann eigentlich nur bedeuten, dass Sie in Ihrer Tasche etwas haben, was Biene Maja an mich erinnert. Kann das sein?«
Ich verneinte und öffnete die Tasche. Mit einem Mal wurde mir klar, warum uns die Bestie nicht zerfleischt hat. Ich zog den Museumsführer heraus, den Rocksinger mir geschenkt hatte.
»Kann es sein, dass er das gerochen hat?«
Rocksinger nahm das Heftchen und hielt es Biene Maja unter die Nase, die sofort loskläffte.
»Kaum zu glauben«, resümierte der Schlosschef. »Nur weil ich die Broschüre kurz in der Hand hielt, ließ Biene Maja Sie in Ruhe. Ich muss dringend das Bewachungskonzept verbessern, wenn mein Hund auf so banale Dinge hereinfällt.«
Er gab mir den Führer zurück. »Aber deswegen sind Sie bestimmt nicht gekommen. Was kann ich für Sie tun? Wie haben Sie eigentlich meine Adresse herausbekommen?«
Inzwischen hatte ich mich einigermaßen beruhigt. Nur diesem Heft hatten wir es zu verdanken, dass wir noch unter den Lebenden weilten. »Polizisten finden alles heraus, Herr Rocksinger. Wir haben nur ein paar eilige Fragen. Als wir erfuhren, dass Sie Urlaub haben, hielten wir es für geschickt, direkt zu Ihnen zu fahren.«
»Hätte man das nicht einfacher telefonisch regeln können? Wenn Sie alles herausfinden können, haben Sie bestimmt auch meine Nummer.«
Ich blickte kurz zu Jutta. Dumm gelaufen, auf den Gedanken sind wir gar nicht gekommen. Das hätte uns die Aufregung mit Biene Maja erspart.
»Es ist besser, die Sache im persönlichen Gespräch zu besprechen. Dürfen wir reinkommen?«
Rocksinger gab die Tür frei und zusammen mit der sich vorbeidrängelnden Biene Maja kamen wir in eine Halle, die die zwei- bis dreifache Größe meines Wohnzimmers haben dürfte. Rocksinger zeigte auf die Tür zur rechten. »Meine Familie ist heute auf Verwandtenbesuch. Ich genieße die Zeit mit meiner Experimentalmusik.«
Jutta nutzte meine Sprachlosigkeit für eine Frage. »Wir haben das bereits draußen gehört. Um welches Instrument handelt es sich?«
Rocksinger lachte. »Da kommen Sie nie drauf. Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.« Hoffentlich beließ er es beim Zeigen.
Wir kamen in ein Musikzimmer. Ein Klavier, ein Keyboard, mehrere Gitarren, einige davon elektrisch, erkannte ich sofort. Andere konnte ich nur ungefähr zuordnen. Ob es sich um Trompeten, Saxofone oder sonst was handelte, hatte mich noch nie sonderlich interessiert. An der Wand hingen mehrere dicke Holzrohre und eine überdimensionale Pfeife. Mitten im Zimmer stand vor einem Notenständer ein ziemlich krummes bambusähnliches Rohr mit reichlichen Verzierungen. War dies die Blockflöte des Todes, die mich früher jahrelang albtraummäßig verfolgte?
»Da staunen Sie, was?«, meinte der Hausherr und nahm den Holzprügel in die Hand. »Das ist ein Didgeridoo, das traditionelle Musikinstrument der nordaustralischen Aborigines.«
»Warum ist das so krumm?«, fragte Jutta. Ich dagegen überlegte, wie ich elegant das Thema wechseln konnte.
»Das Instrument wird aus von Termiten ausgehöhlten Stämmen lokaler Eukalyptusarten gefertigt.« Er zeigte stolz auf sein Instrument. »Das ist ein Original.«
Meine Befürchtung bewahrheitete sich. Er setzte das Holzrohr an und spielte ›Smoke on the water‹. Ich wusste nicht, was unangenehmer war: Zuzuhören oder von Biene Maja zerfleischt zu werden.
Zum Glück spielte er nur ein paar Takte.
»Mit meiner Musik will ich mich vom allgemeinen Mainstream absetzen. Hardrock auf ungewöhnlichen Instrumenten, das hat was, Frau Wagner und Herr Palzki.«
Er stellte sein Didgeridoo ab. »Meine Familie sieht das leider im Moment noch etwas anders.« Er zeigte auf die dicken Holzteile, die an der Wand hingen. »Das wird mein nächstes Projekt. Das Alphorn gilt als eines der schwierigsten Instrumente überhaupt. Bisher hat noch niemand versucht, ›Highway to hell‹ darauf zu spielen. Ich bin gerade dabei, die Noten für das Stück von AC/DC anzupassen.«
Bevor er uns auch damit beglücken konnte, kam ich zu unserem Anliegen.
»Herr Rocksinger, wir sind eigentlich nicht wegen Ihrer
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