Pamiu Liebling der Goetter
den Ring, während er das schwere Gold in seinen Händen spürte. Wärme durchflutete ihn, und er fühlte sich mit einem Mal wieder jung und voller Tatkraft.
Aaschu winkte ihrem Vater nach, als er die Nilbarke bestieg. In ihrem Herzen tobte ein Sturm, und sie griff nach der Hand ihrer Mutter. „Was sollen wir tun, wenn er nicht zurückkommt, Mutter? Wenn er die schönen Frauen im Palast sieht, wenn er das süße Leben genießt und sich nicht mehr vorstellen kann, ein Bauer zu sein? Vielleicht wird er sich unserer schämen, weil wir nicht lesen und schreiben können und unsere Hände nicht so weich sind wie die der Sklavinnen, die ihm sein Bad bereiten?“
Baket-Geb legte den Arm um die Schultern ihrer Tochter. „Wenn das so ist, dann haben es die Götter so gewollt, und wir müssen ihre Entscheidung akzeptieren.“
Aaschu schüttelte den Kopf, und ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen. „Das ist nicht gerecht, Mutter. Du bist ihm damals gefolgt, als er allein und hoffnungslos war. Es ist nicht gerecht, wenn er dich und mich nun vergisst.“
„Die Götter werden uns nicht vergessen, Tochter. Die Götter vergessen niemanden.“
Als Pamiu in Memphis von Bord ging, fühlte er sich unsicher. Die Stadt zeigte keine Spur mehr des Feuers und der Hungersnot, die vor gut fünfundzwanzig Jahren hier gewütet hatten. Er fand das Memphis seiner Kindheit wieder – und doch war es ein anderes. Der Weg zum Markt war noch immer derselbe, er verfehlte ihn nicht. Er ging an den Ständen der Händler vorbei und hielt die zwei Silber- sowie einen Goldring umklammert, gegen die er Osiris-Snofrus Geschenk eingetauscht hatte. Pamiu benutzte den Goldring, um sich einen feinen neuen Schurz zu kaufen. Er war nicht vergleichbar mit dem Königsleinen, das in früheren Zeiten in seinen Truhen zu finden gewesen war, aber es war auch kein Bauernschurz, wie er ihn in den letzten Jahren getragen hatte. Dann ließ er sich von einem Barbier sein mittlerweile ergrautes Haar schneiden und sich jedes einzelne Körperhaar mit einem scharfen Messer entfernen. Zum Schluss tat er, wie Baket-Geb ihm geraten hatte, und kaufte sich ein gutes Öl, um seiner von der Sonne gedunkelten Haut neuen Glanz zu verleihen. Der Barbier hielt ihm einen Kupferspiegel vor das Gesicht. Pamiu erschrak, als er sein Gesicht sah. Er erkannte zwar jede Falte wieder, doch die Augen und Konturen zeigten ihm den Mann, den er schon vergessen und begraben zu haben meinte.
„Nun siehst du aus wie ein adeliger Herr. Selbst im Palast könntest du dich frei bewegen“, versuchte der Barbier sein Werk zu preisen.
Pamiu schluckte hart und überreichte ihm einen Silberring. Etwas verärgert über Pamius Wortlosigkeit wandte sich der Mann seinem nächsten Kunden zu. Pamiu fühlte sich wie ein Schlafwandler, als er über den Markt ging und die große Prachtstraße entlang, die ihn direkt zu den Toren des Palastes führte.
„Wer bist du, und was willst du hier?“ Die Wachsoldaten bedachten Pamiu mit abweisenden Blicken.
„Ich möchte zur Großen Königlichen Gemahlin Meritates.“
Einer der beiden zeigte ein verächtliches Grinsen. „Verschwinde, Alter, der Palast begeht die Trauerzeit für Osiris-Khufu, und die Große Königliche Gemahlin ist für niemanden zu sprechen.“
Pamiu war auf die Abweisung vorbereitet gewesen, deshalb zog er das Schreiben hervor und überreichte es dem Wachsoldaten wortlos. Dieser überflog die Zeilen und gab es dann an den anderen weiter.
„Wir kennen den Namen Pamiu nicht. Das hier kann ebenso gut eine Fälschung sein.“
„Nun, es ist doch offensichtlich das Siegel des Palastes. Wenn ihr mir schon nicht glauben wollt, schickt doch einen Boten zur Königin.“
Unwillig rief der Mann nach einem alten Diener. „Der hier behauptet, eine Einladung von der Großen Königlichen Gemahlin erhalten zu haben. Wir haben die Anweisung, niemanden vorzulassen. Also, was sollen wir mit ihm tun?“
Der Diener nahm dem Soldaten den Papyrus aus der Hand und las ihn jetzt seinerseits. Dann kratzte er sich am fast kahlen Kopf und blickte Pamiu stirnrunzelnd an. „Es gab mal einen Mann hier, den sie Kater nannten. Er war ein Freund des verstorbenen Pharaos und eine Zeit lang sein Oberster Baumeister. Aber das ist lange her, es scheint mir fast schon ein anderes Leben zu sein.“ Der Diener trat näher zu Pamiu und blickte ihm in die Augen. „Ich kenne dich. Ja, ich erinnere mich. Du bist dieser Mann. Ich erkenne dich an den Augen.“ Er
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