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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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diesmal?«
    »Ich sollte zu Hause bleiben, damit ich meinen neuen Hauslehrer kennenlerne.«
    »Du brauchst keinen Hauslehrer. Bei uns lernst du alles, was eine Manusch wissen muss.«
    Vivana hätte sich denken können, dass ihre Tante wieder damit anfing. Hätte sie ihren Vater besser nicht erwähnt. »Ich bin keine Manusch«, erwiderte sie.
    »Doch, das bist du. Egal, was dein Vater sagt.«
    »Ich kann nicht einmal richtig eure Sprache.«
    »Weil du nicht bei deiner Familie lebst.«
    Vivana ahnte, was nun kam. Sie schwieg.
    »Hast du noch einmal über Madalins Angebot nachgedacht?«, fragte Livia.
    »Ich kann nicht mit euch kommen. Wie oft soll ich das noch sagen?«
    »Warum nicht? Was hält dich noch hier?«
    Ja, was? Es war nicht so, dass Vivana nicht davon träumte, sich den Manusch anzuschließen und mit ihnen durch das Land zu ziehen, wenn sie Bradost wieder für einige Monate
verließen. Aber was wurde dann aus ihrem Vater? Sie liebte ihn, trotz der Abneigung, die er für die Manusch empfand, trotz der ständigen Auseinandersetzungen mit ihm. Wenn sie ging, hatte er niemanden mehr. Doch Livia würde das niemals verstehen. Für sie war er der Mann, der das Leben ihrer Schwester zerstört hatte und nun auch Vivana ins Unglück trieb. »Ich habe meine Gründe«, antwortete sie leise.
    Livia blickte sie lange an. Wie die Wahrsagerin da saß, im Zwielicht ihres Wagens, sah sie Vivanas Mutter so ähnlich, dass es schmerzte. »Du bist immer bei uns willkommen«, sagte sie, sanfter nun. »Wenn du es dir anders überlegst, lass es uns wissen.«
    In diesem Moment fühlte sich Vivana so zerrissen, dass sie am liebsten davongelaufen wäre. Warum war es so schwer, eine Heimat zu finden, einen Ort, wo sie hingehörte?
    »Ich sehe jetzt nach den Pferden.« Sie öffnete die Tür und verließ den Wagen.
     
    Jasper Brent war nicht erfreut, als er erfuhr, dass Lady Sarka noch mehr Arbeiter brauchte. Nachdem er die Nachricht gelesen hatte, knallte er sie auf seinen Schreibtisch und knurrte etwas von einem wichtigen Auftrag, den er nun in den Wind schreiben könne. Doch der Reeder wagte nicht, sich der Anweisung zu widersetzen. Er schluckte seinen Zorn herunter, sagte gepresst, dass es ihm stets eine Ehre sei, Lady Sarka zu dienen, und versprach, seine Leute so schnell wie möglich zum Palast zu schicken. Liam hatte Mitleid mit ihm.
    Kurz darauf verließ er die Reederei. Als er sich gerade auf den Rückweg machen wollte, bemerkte er auf der anderen Seite des Kanals eine Gruppe von Männern. Man sah ihnen auf den ersten Blick an, dass sie nicht aus Bradost stammten. Sie hatten dunkle Haut und trugen Kopftücher und bunte Westen über den Leinenhemden, an ihren Gürteln hingen Messer.

    Manusch.
    Plötzlich sah er Vivana vor sich, wie sie vor dem Gemälde in Quindals Haus stand, ein jüngeres Ebenbild ihrer wunderschönen Mutter. Seltsam, wie gut er sich trotz ihrer kurzen Begegnung an ihr Gesicht erinnern konnte. Als würde er sie schon eine Ewigkeit kennen.
    Er beobachtete die Manusch, bis sie in einer der zahllosen Gassen verschwanden. Ob sie zu dem Wanderzirkus gehörten, von dem Vivana gesprochen hatte?
    Zu dumm, dass sie sich mit ihrem Vater gestritten hatte. Er hätte sie gerne besser kennengelernt. Leider würde er sie frühestens in einer Woche wiedersehen, bei seinem nächsten Treffen mit Quindal.
    Auf einmal war da wieder dieses Kribbeln in seinem Magen, genau wie heute Morgen. Nein, eine Woche war viel zu lang.
    Ihm kam eine Idee. So chaotisch, wie es gerade im Palast zuging, fiel es gewiss niemandem auf, wenn er eine Weile fortblieb. Und falls doch, konnte er später immer noch behaupten, er sei in der Reederei aufgehalten worden.
    Er überquerte die Kanalbrücke und machte sich auf den Weg durch das Labyrinth.
    Zunächst ähnelte das Viertel stark der Altstadt, doch mit jedem Häuserblock, den er passierte, veränderte sich die Gegend. Die ehrwürdigen Patrizieranwesen wichen Kaffeehäusern und Varietés mit blinden Scheiben. Schäbige Gebäude säumten die engen Gassen. In den Kellern befanden sich Opiumhöhlen und Tavernen, in den oberen Stockwerken winzige Mietwohnungen, aus denen Kindergeschrei drang. Schilder, von denen die Farbe abblätterte, warben für Hundekämpfe, Wahrsager und Kuriositäten aller Art. Im Schatten der Toreinfahrten schliefen Betrunkene ihren Rausch aus, Gaukler jonglierten zu ausgelassener Musik mit Messern und Fackeln, Ausrufer in phantasievollen Kostümen lockten Passanten in ihre

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