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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Schatten streckte die Arme nach dem Schwarzhaarigen aus. Amander wich zurück und hob abwehrend die freie Hand. »Ho!«, sagte er. »Schon gut. Es war nur ein Witz.«
    Umbra starrte ihn aus zusammengekniffenen Augen an.
»Spar dir deine Witze«, knurrte sie, ließ ihren Schatten auf seine normale Größe schrumpfen und ging weiter.
    Kindermädchen - pah! Sie befolgte nur die Befehle der Herrin. Darüber hinaus gab sie Jackon hin und wieder einen Stoß in die richtige Richtung, damit er nicht unter die Räder geriet. Natürlich konnte er eine schreckliche Nervensäge sein. Aber das gab Amander nicht das Recht, ihn Kanalratte zu nennen. Wenn jemand den Jungen Kanalratte nennen durfte, dann sie.
    Sie erreichten jenen Teil der Höhlen, der stets von einem fahlen blauen Glühen erfüllt war, und betraten eine weitläufige Kaverne. Nischen befanden sich in den Wänden. In zweien hingen kokonartige Gebilde. Offenbar hatte die Herrin gleich nach dem Attentat begonnen, neue Homunculi heranzuzüchten, als Ersatz für jene, die von den Angreifern vernichtet worden waren. Allerdings würde es noch Wochen dauern, bis die Geschöpfe reif waren. Noch waren ihre Kokons nicht größer als eine Schweinsblase.
    Umbra verspürte ein leichtes Schaudern beim Anblick der spindelförmigen Hüllen. Manchmal schien sich etwas darin zu bewegen. Sie war im Lauf ihres Lebens Dämonen und Schattenwesen begegnet, darunter einigen wirklich scheußlichen Exemplaren. Aber an diese Dinger würde sie sich nie gewöhnen.
    Eine Ecke der Kaverne wurde von einem Athanor eingenommen, einem Ofen, von dem mehrere Röhren zu einer alchymistischen Apparatur auf einem Steintisch verliefen. Kochende Flüssigkeiten strömten durch Zylinder und Destillierkolben, Ventile sonderten fauchend Dampf ab, der durch Öffnungen in der Decke abzog.
    Corvas stand in der Mitte der Höhle und beobachtete die Herrin, die an der Apparatur arbeitete. Sie trug lederne Schutzkleidung und eine Maske, die über mehrere schlauchartige
Atemstutzen verfügte und auf bizarre Weise an einen Tintenfisch erinnerte.
    Umbra wusste, warum die Herrin sie gerufen hatte, und konnte die Anspannung in der Luft beinahe körperlich spüren. Sie versuchte, in Corvas’ Miene zu lesen, um einen Hinweis zu bekommen, was sie erwartete. Aber natürlich gab das bleiche Antlitz nicht das Geringste preis.
    Lady Sarka streifte die Maske ab, warf die Handschuhe auf den Tisch und wischte sich das schweißnasse Haar aus dem Gesicht, bevor sie die Kaverne durchquerte. Jemand, der nicht wusste, was geschehen war, wäre nicht im Traum darauf gekommen, dass sie erst gestern mehrere schreckliche Verletzungen erlitten hatte. Umbra jedoch bemerkte, dass sie sich noch nicht vollständig erholt hatte: Einige ihrer Bewegungen wirkten seltsam eckig, ihre Haut war ein wenig blasser als sonst. Die … Verwandlung musste sie unsagbar viel Kraft gekostet haben.
    Ein diamantenes Glitzern lag in Lady Sarkas Augen, als sie ihre drei Leibwächter anblickte. »Habt ihr eine Erklärung für euer Versagen?«
    Umbra war sich durchaus im Klaren, wie gefährlich die derzeitige Stimmung der Herrin war, weshalb sie ihre Worte sehr genau abwägte. Allerdings kam Corvas ihr zuvor.
    »Was geschehen ist, ist unverzeihlich«, sagte er. »Dafür gibt es keine Entschuldigung.«
    »Unverzeihlich?«, fauchte die Lady. »Es war stümperhaft! Ein Attentat in meinem eigenen Haus - was für eine Schande. Nenn mir einen Grund, warum ich euch nicht alle drei aus der Stadt jagen soll.«
    »Wir haben vorab sämtliche Namen auf der Gästeliste überprüft«, sagte Umbra vorsichtig. »Es gab keinen Hinweis, dass jemand etwas plante.«
    Lady Sarka wandte sich ihr ruckartig zu. »Weil ihr schlampig
gearbeitet habt! Der Anschlag wurde seit Monaten vorbereitet. Wie kann es sein, dass euch so etwas entgeht?«
    »Meine Krähen sehen viel, aber nicht alles«, erklärte Corvas.
    »Ach wirklich? Vielleicht fehlt ihnen nur der richtige Ansporn. Vielleicht geben sie sich mehr Mühe, wenn ich ab und zu einem deiner Lieblinge den Hals umdrehe.«
    »Das wird nicht nötig sein«, entgegnete der Schwarzgekleidete tonlos.
    »Das will ich hoffen. Denn einen weiteren Fehler werde ich nicht hinnehmen. Von keinem von euch.«
    Lady Sarka schritt zum Tisch, wo sie begann, die Verschlüsse des Schutzanzuges zu öffnen. Umbra atmete unmerklich aus. Wie es schien, waren sie glimpflich davongekommen.
    »Komm her«, befahl die Herrin.
    Umbra half ihr, aus dem Anzug zu schlüpfen.

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