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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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wieder in seiner Kammer. Niemand würde je herausfinden, dass er es getan hatte.
    Seine schweißnassen Finger krampften sich um den Messerknauf. Hör auf zu denken - tu es einfach! Wenn er Corvas tötete, machte er Bradost auf einen Schlag zu einem besseren Ort, dann wäre keiner mehr da, der dem verräterischen Krächzen der Krähen lauschte.
    Doch dann ging Corvas seines Weges, und der günstige Moment war vorüber. Liam duckte sich, kauerte sich unter der Fensterbank zusammen und hielt den Atem an, bis die Schritte des Bleichen verklangen.
    Er schluckte schwer. Seine Hand zitterte, als er das Messer auf den Boden legte.
    Er konnte niemanden töten. Nicht einmal einen Mörder wie Corvas.
    Liam fühlte sich mutlos und schwach und hasste sich dafür.

25
    Springen
    K urz nachdem Liam gegangen war, verabschiedete sich auch Jackon von den anderen und schlurfte müde zu seiner Kammer. Obwohl es ein anstrengender Tag gewesen war, konnte er nicht einschlafen. In seinen Arbeitskleidern lag er auf dem Bett und dachte über Liam nach. Es war nicht das erste Mal, dass er seinen Freund so verschlossen und in sich gekehrt erlebt hatte. Jackon vermutete, dass er an seine Eltern gedacht hatte. Liam trauerte immer noch um sie - natürlich tat er das. Wie viel Zeit war seit ihrem Tod vergangen? Höchstens ein paar Wochen. Viel zu wenig, um über so viel Trauer und Schmerz hinwegzukommen. Jackon konnte sich noch gut daran erinnern, wie verzweifelt er nach dem Tod seiner Eltern gewesen war. Acht Jahre war das nun her, aber er vermisste sie immer noch.
    Als er gerade das Licht löschen wollte, erschien Umbra.
    Verwundert setzte er sich auf. »Du?«
    »Die Herrin will mit deiner Ausbildung weitermachen.«
    »Jetzt schon? Ich meine, es ist doch gerade erst zwei Tage her, dass sie …«
    »Jetzt fang nicht wieder damit an«, fiel die Leibwächterin ihm ins Wort. »Frag die Herrin, wenn du mehr wissen willst.«
    Kurz darauf fand er sich im geheimen Zimmer wieder, wo Lady Sarka ihn bereits erwartete. Sie saß in ihrem Lehnstuhl. Blonde Locken fielen auf ihre Schultern.

    Jackon konnte nicht anders, als sie unverhohlen anzuglotzen, während er auf der Couch Platz nahm. Ihr Gesicht, ihr ganzer Körper war so schön und makellos wie eh und je. Nirgendwo die kleinste Spur der grausamen Verletzungen, die sie erlitten hatte. Nicht einmal ein Kratzer.
    »Was schaust du mich so an?«, fragte sie freundlich.
    »Die Messerwunden«, stammelte er. »Das viele Blut … Wie kann es sein, dass Ihr …«
    »… dass ich vor dir sitze, als wäre nie etwas geschehen?«
    Er nickte.
    »Du solltest doch inzwischen bemerkt haben, dass ich über Kräfte verfüge, die die Möglichkeiten gewöhnlicher Menschen weit übersteigen.«
    Jackon konnte gerade noch akzeptieren, dass es Leute gab, die nicht schlafen mussten. Doch dass jemand dem sicheren Tod entkam, noch dazu vollkommen unbeschadet, ging ihm über den Verstand. »Ja, aber …«, begann er.
    »Später, Jackon. Zu gegebener Zeit wirst du mehr erfahren. Jetzt sollten wir zusehen, dass wir deine Ausbildung fortsetzen.« Lady Sarka stand auf, verschwand hinter dem Wandschirm und kam mit einer Tasse zurück, die eine gelbliche Flüssigkeit enthielt. »Trink davon.«
    »Was ist das?«
    »Ein Tee aus Bittergras. Du bist sehr aufgeregt. Er wird dir beim Einschlafen helfen.«
    Er nippte an der Tasse.
    »Dir ist es gelungen, die Tür zu öffnen«, sagte die Lady. »Nun musst du lernen, dich außerhalb deines Seelenhauses zurechtzufinden.«
    Schaudernd dachte Jackon daran, wie der monströse Moskito - der Bote - auf seiner Brust gelandet war. Er war nicht gerade versessen darauf, an diesen seltsamen Ort zurückzukehren.

    »Die Stadt, die du gesehen hast, besteht aus Millionen von Seelenhäusern. Sie ist unermesslich groß. Zu Fuß wärst du Tage unterwegs, um auch nur zum benachbarten Viertel zu gelangen. Deshalb musst du dich auf andere Weise fortbewegen. Du musst springen.«
    »Springen?«, fragte er verständnislos.
    »Denk immer daran, dass es nur deine Seele ist, die sich in der Stadt der Träume aufhält. Für deine Seele sind Entfernungen bedeutungslos. Sie kann innerhalb eines Augenblicks jeden Ort erreichen, zu dem sie will.«
    »Wie?«
    »Indem du all deine Gedanken auf diesen Ort richtest.«
    »So, als würde ich die Tür suchen?«
    »Ja. Denk an dein Ziel, stell es dir vor, so klar und deutlich du kannst, und im nächsten Moment bist du dort. Das ist springen.«
    »Aber wohin soll ich springen? Ich kenne

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