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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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vor Parasiten nur so wimmelte. Ihre gekrümmten Schnäbel waren mit winzigen Reißzähnen bestückt, und in ihren Augen glühte eine boshafte Intelligenz. Sie labten sich am Schleim, gaben raspelnde Krächzlaute von sich, bei denen es Vivana kalt über den Rücken lief, und stiegen wieder zum flammenden Himmel auf.
    »Das waren Verschlinger«, erklärte Lucien, als die Dämonenvögel fort waren. »Nehmt euch vor ihnen in Acht. Normalerweise fressen sie verdammte Seelen, aber vermutlich wissen sie auch Menschenfleisch zu schätzen.«
    Die Stunden verstrichen – falls es im Pandæmonium überhaupt so etwas wie Stunden gab. In unregelmäßigen Abständen kamen weitere Dämonen zum Tümpel, Wesen, die genauso abstoßend wie der Krieger und die Verschlinger waren, aber vergleichsweise harmlos. Eine kleine Schar gedrungener und aufgedunsener Geschöpfe, die sich ungelenk auf drei Stummelbeinen fortbewegten, erschien irgendwann und stopfte sich die Mäuler mit Schleim voll. Nachdem sie verschwunden waren, kroch aus einem der rauchenden Löcher ein fleischfarbener Wurm mit Reihen rudimentärer Gliedmaßen an den Flanken, gefolgt von zwei wasserspeierartigen Geschöpfen, die sich zischend unterhielten und mit ihren Messern herumfuchtelten, nachdem sie sich satt gefressen hatten.
    Vivanas Vater machte sich ununterbrochen Notizen und fertigte skizzenhafte Zeichnungen von den Ungeheuern an. Anfangs erzählte Lucien ihnen das eine oder andere zu den verschiedenen Bewohnern des Pandæmoniums, doch nach einer
Weile verfiel er in Schweigen, ganz in seine eigenen Gedanken versunken.
    Vivana musste schließlich eingenickt sein, denn plötzlich schreckte sie auf. Lucien hatte sie angestoßen.
    »Ein Lügner ist da«, flüsterte der Alb. »Halte dich bereit.«
    Schlagartig war sie hellwach und spähte zwischen den Felsen hindurch. Das Wesen, das sich dem Tümpel näherte, sah auf den ersten Blick aus wie ein Mensch: Es ging auf zwei Beinen und besaß einen Torso, zwei normal geformte Arme und einen Kopf. Damit jedoch endeten die Gemeinsamkeiten. Anstelle von Händen verfügte der Dämon über lange, vierfingrige Krallen. Er trug weder Kleidung noch Waffen und wies keine erkennbaren Geschlechtsorgane auf. Seine ockergelbe Haut war mit verschlungenen Linien versehen – ob es sich dabei um eine schmückende Bemalung oder eine natürliche Zeichnung handelte, konnte Vivana nicht erkennen. Am wenigsten menschenähnlich war der Kopf. Mehr als ein Dutzend lidlose Augen saßen in dem haarlosen Schädel, vorne, hinten und an den Seiten, sodass der Dämon gleichzeitig in alle Richtungen blicken konnte.
    Stumm nickte Lucien Vivana und ihrem Vater zu. Sie hatten sich schon vor Stunden auf eine gemeinsame Vorgehensweise geeinigt, und jeder kannte seine Aufgabe. Vivana rief sich Luciens Warnung ins Gedächtnis: Der Dämon würde mit allen Mitteln versuchen, sie zu täuschen und zu manipulieren, denn das lag in seiner Natur. Deswegen war es am sichersten, seinen Lügen nicht zuzuhören, bis Lucien ihn gebrandmarkt hatte und er ihnen gehorchen musste.
    Der Dämon kniete neben dem Tümpel und schöpfte mit den Krallenhänden Schleim heraus.
    Lucien griff nach dem Knüppel und dem Brandeisen. »Jetzt!«, flüsterte er, woraufhin sie aufsprangen und den Steilhang zur Mulde hinunterstürmten, mehr schlitternd als rennend
und begleitet von einer kleinen Lawine aus Staub und Geröll. Sie versuchten gar nicht erst, leise zu sein und sich anzuschleichen, denn dank seiner Augen am Hinterkopf hätte der Dämon sie ohnehin entdeckt. Er fuhr auf und wirbelte zu ihnen herum. Vivana und ihr Vater warfen das Netz, es schlang sich um seinen Kopf, seine Schultern und Arme, und er verhedderte sich augenblicklich darin. Dabei riss er seinen breiten, mit spitzen Zähnen bewehrten Mund auf und schrie vor Zorn. Vivana fürchtete, das Netz könnte zerreißen, doch die Maschen widerstanden seinen heftigen Bewegungen. Der Dämon stürzte zu Boden und wälzte sich im Staub, wodurch er sich nur noch mehr verstrickte.
    Vivana blickte zu Lucien, der zu einem der rauchenden Löcher gelaufen war und das Brandeisen in die Flammen hielt, die aus den Tiefen heraufzüngelten. Ihr Herz klopfte wie wild, als sie nach dem Seil griff, das sie sich hinter den Gürtel gesteckt hatte. Nun kam der gefährlichste Teil.
    Ihr Vater und sie sprangen in die Mulde, wo sich der Tümpel befand. Der Erfinder packte den zappelnden Dämon und versuchte, ihn auf den Bauch zu wälzen. Dabei berührte er

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