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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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wäre er gar nicht dazu in der Lage gewesen, so benommen und müde, wie ihn das Morphium machte. Heute jedoch fühlte er sich einigermaßen klar im Kopf. Offenbar hatte Doktor Addock die Dosis des Schmerzmittels reduziert.
    Er wusste nicht genau, wie viel Zeit seit dem Kampf vergangen war. Eine knappe Woche vielleicht. Die Schmerzen waren inzwischen längst nicht mehr so stark wie am Anfang, und der Juckreiz unter dem Verband deutete darauf hin, dass die Wunde verheilte. Auch seine Kräfte kehrten allmählich zurück. Er traute sich zu, ohne Hilfe das Bett zu verlassen.
    Er beschloss, den Versuch zu wagen, auch auf die Gefahr hin, wieder Schmerzen zu bekommen oder hinzufallen. Alles war besser, als dazuliegen und vor sich hin zu grübeln.
    Vorsichtig schlug er die Decke zurück und setzte sich auf die Bettkante … und hatte plötzlich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Etwas war nicht so, wie es sein sollte. Wenn er nur hätte sagen können, was …
    Der Traum – natürlich. Eigentlich durfte er gar nicht träumen. Nach seiner unfreiwilligen Begegnung mit Aziel in der Stadt der Seelen hatte Lady Sarka ihm ein Mittel verabreicht, das ihn am Träumen hinderte. Sie hatte ihm befohlen, den Trank jeden Abend vor dem Schlafengehen einzunehmen, damit Aziel ihn nicht in seinem Seelenhaus aufspüren konnte.
    Warum also hatte er geträumt? Er blickte zu dem Tischchen, auf dem die Phiolen und Tiegel von Doktor Addock standen. Der Trank war nicht dabei. Es sah ganz danach aus, als hätte man vergessen, ihm davon zu geben, während er bewusstlos gewesen war.
    Ein flaues Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. Hatte er auch in den anderen Nächten geträumt? Wegen des Morphiums konnte er sich nicht daran erinnern. Wenn ja, war das
sehr schlecht. In der Wachwelt mochte Aziel vorerst besiegt sein, aber in seinem Reich besaß er immer noch Macht. Wenn er erfuhr, dass Jackon wieder träumte, konnte er ihn mühelos aufspüren und seiner schutzlosen Seele Schaden zufügen oder sie sogar vernichten.
    Er musste dringend mit jemandem darüber reden, mit Umbra oder, besser noch, mit Lady Sarka. Er stand auf und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Hastig hielt er sich am Bettpfosten fest. Er hatte so lange gelegen, dass ihm vom Aufstehen schwindelig wurde.
    Vorsichtig ging er zur Truhe, auf der seine Kleider lagen. Mit Müh und Not schaffte er es, sein Nachthemd aus- und die anderen Sachen anzuziehen. Mehrmals musste er die Zähne zusammenbeißen, denn die Wunde schmerzte bei jeder unbedachten Bewegung.
    Wellcott und Kendrick hatten ihn regelmäßig gewaschen, trotzdem sah er mit seinen fettigen Haaren und der schweißverklebten Haut schrecklich aus und roch entsprechend. Konnte er so Lady Sarka unter die Augen treten? Egal , dachte er. Ohne Hilfe brachte er bestenfalls eine Katzenwäsche zu Stande, also konnte er es genauso gut sein lassen. Außerdem hatte ihn die Lady schon in einem wesentlich schlimmeren Zustand gesehen.
    Während seiner Ausbildung hatte er sich immer gefragt, wie Lady Sarka das geheime Zimmer betrat und verließ. Inzwischen wusste er, dass sich in der Ecke hinter dem Wandschirm, wo das Grammophon stand, eine verborgene Tür befand. Auch die stummen Zwillinge benutzten sie, und er hatte einmal beobachtet, wie sie geöffnet wurde.
    Er fuhr mit den Fingern eine Spalte zwischen zwei Wandpaneelen entlang, bis er einen metallenen Knopf ertastete. Er drückte ihn, woraufhin ein Teil der Wand lautlos aufschwang. Dahinter verlief ein Gang mit nackten Steinwänden.

    Durch einen vergitterten Fensterschlitz fiel etwas Licht. Es war Abend, und Jackon konnte einen Teil des Palastgartens erkennen. Er sog den Anblick der Bäume und der Altstadt, die sich hinter der Gartenmauer erstreckte, regelrecht in sich auf. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass er etwas anderes als die Einrichtung des geheimen Zimmers gesehen hatte.
    Langsam, mit einer Hand an der Wand, folgte er dem Gang. Er hatte es nicht geschafft, Schuhe anzuziehen. Die Steinplatten unter seinen Fußsohlen fühlten sich kühl an.
    Der kurze Korridor endete an einer schlichten Holztür, die er vorsichtig öffnete. Vor ihm erstreckte sich ein verwinkelter Raum voller Bücherregale. Irgendwo brannten Lampen. Durchgänge führten zu Nebenzimmern, die ebenfalls Bücher enthielten. Er stellte fest, dass die Tür nur von seiner Seite aus als solche zu erkennen war. Von der anderen Seite aus glich sie der holzgetäfelten Wand und wäre nicht mehr zu sehen, wenn er

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