Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer
verblassten. »Es geht schon wieder. Sehen wir zu, dass wir ein Boot auftreiben.«
Es wurde allmählich dunkel, als sie zu den Kais kamen. Kutschen standen kreuz und quer, Leute stritten mit den Matrosen und wedelten mit Geldscheinen. Es handelte sich um wohlhabende Bürger, die die Schiffskapitäne überreden wollten, sie aus der Stadt zu bringen. Die Seeleute witterten das große Geschäft und ließen nur die Meistbietenden an Bord.
»Es ist besser, wenn ich mich erst einmal allein umsehe«, sagte Lucien, der sein Gesicht in der Umhangkapuze verbarg. »Wartet hier.« Der Alb verschwand im Gewühl.
Die Freunde setzten sich auf eine Mauer und ruhten sich von dem anstrengenden Marsch aus.
»Wo steckt eigentlich Ruac?«, fragte Liam Vivana.
»Er sitzt da drüben, auf der stillgelegten Werft.«
Liam konnte ihn nicht sehen — der Lindwurm war seit ihrem Aufbruch vom Wasserturm unauffällig. Liam betrachtete das unwürdige Spektakel, das sich an den Anlegestegen abspielte, und hoffte inständig, dass Ruac nicht auf die Idee kam, sich sichtbar zu machen. Die aufgekratzte Menge würde das geflügelte Geschöpf mit Sicherheit für einen Dämon halten. Und eine Panik war das Letzte, was sie jetzt brauchten.
»Ich glaube, ich habe das vorhin nicht ganz kapiert«, sagte Nedjo nach einer Weile. »Ihr wollt also nach Yaro D'ar gehen, einen dreitausend Jahre alten Sterndeuter finden und ihn bitten, den Phönix zu befreien?«
»Die Bleichen Männer haben gesagt, Mahoor Shembar wäre der Einzige, der den Zauber brechen kann«, erwiderte Vivana.
»Für mich klingt das eher wie ein schlechter Witz. Wenn du mich fragst, haben sie euch reingelegt.«
»Haben sie nicht«, sagte Liam. »Glaub mir. Ich war dabei.«
»Und was macht dich da so sicher?«
»Wesen wie sie haben es nicht nötig zu lügen.« Liam konnte immer noch die geisterhaften Stimmen hören. Stimmen, die bis auf den Grund der Seele drangen.
Der Manusch rieb sich müde die Stirn. Die Zuversicht, die er immerzu ausstrahlte, war restlos verschwunden. »Also gut. Nehmen wir an, es gibt diesen Sterndeuter wirklich. Was hat das jetzt noch für einen Sinn? Was wir verhindern wollten, ist eingetreten. Die Dämonen sind da. Es spielt keine Rolle mehr, ob der Phönix zurückkehrt oder nicht.«
»Doch, tut es«, widersprach Vivana. »Bradost braucht seinen Wächter mehr denn je.«
»Aber kann der Phönix etwas gegen die Dämonen ausrichten? Kann er die Risse in den Lichtmauern schließen?«
»Er ist eines der mächtigsten Schattenwesen überhaupt. Wenn jemand es kann, dann er.«
»Du bist dir also nicht sicher.«
»Trotzdem müssen wir es versuchen. Es ist unsere einzige Chance.«
Nedjo verzog den Mund und schwieg.
»Wo liegt dieses Yaro-Dings, von dem ihr die ganze Zeit redet?«, fragte Jackon.
Liam starrte den Rothaarigen ungläubig an, bis ihm wieder einfiel, dass Jackon noch vor einem halben Jahr ein Schlammtaucher gewesen war. Er hatte nie eine Schule besucht und wusste kaum etwas über die Welt jenseits der Stadtgrenzen. »Yaro D'ar«, sagte er. »Es ist ein Land im Süden, auf der anderen Seite des Meeres.«
»Wie wollen wir dorthin kommen? Mit dem Schiff?«
»Vorod Khoroj besitzt ein Luftschiff«, antwortete Quindal. »Ich werde ihn bitten, uns hinzubringen.«
Darüber hatte Liam auch schon nachgedacht. »Das ist ziemlich viel verlangt, oder?«
»Vorod ist kein Dummkopf. Er wird verstehen, dass es wichtig ist. Und so viel verlangt ist es auch wieder nicht. Yaro D'ar ist schließlich seine Heimat. Früher war er ständig dort.«
Liam wollte gerade seine Wasserflasche aus dem Rucksack holen, als ihm auffiel, dass Godfrey angestrengt die Straße hinaufspähte. »Ist uns jemand gefolgt?«, fragte er alarmiert.
Der Aethermann schien ihn erst gar nicht zu hören. Dann lehnte er sich zurück. »Nein, alles in Ordnung«, sagte er kurz angebunden.
Eine halbe Stunde später kehrte Lucien zurück. »Ich habe ein Boot gefunden. Kommt.«
Sie folgten dem Alb den Kai entlang. Vivana rief nach Ruac, als sie an der Werft vorbeigingen. Für einen kurzen Moment spürte Liam einen Lufthauch im Gesicht. Offenbar zog Ruac es vor zu fliegen, obwohl ihm erst vor ein paar Tagen die Flügel gewachsen waren. Er lernte unglaublich schnell.
Sie erreichten den Teil des Hafens, wo kleinere Boote, hauptsächlich Fischerkähne, ankerten. Liam sah auf den ersten Blick, dass es sehr schwer werden würde, eines zu stehlen. Auch hier waren die Anlegestege voller Menschen.
Lucien
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