Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer
war.
Vielleicht hatte das Erdbeben ihr Versteck verschont, sodass Jackon, Godfrey, Nedjo und Ruac mit einem Schrecken davongekommen waren.
Da auch die Grambeuge stark zerstört war, versuchten sie gar nicht erst, durch die Kanäle zu ihrem Unterschlupf zu gelangen. Sie eilten die Straße entlang und sahen schon von Weitem, dass die Tür des Wasserturms offen stand.
»Sieht so aus, als wären sie vor dem Erdbeben geflohen«, bemerkte Liam.
»Oder Corvas' Leute haben sie überfallen«, erwiderte Lucien düster.
»Du meinst, sie haben das Versteck gefunden?«
»Überraschen würde mich das nicht. Uns haben sie ja auch aufgespürt.«
Sie betraten den Wasserturm und stiegen in den Keller hinab. Es war dunkel. Quindal holte die Lampe aus seinem Rucksack und zündete sie an. Auf der Treppe fand Liam Blutspuren, einen Säbel und eine geladene Pistole von der Art, wie die Geheimpolizei sie benutzte. Nun gab es keinen Zweifel mehr, was hier geschehen war: Corvas' Männer waren in das Versteck eingedrungen und hatten ihre Gefährten festgenommen.
Neue Verzweiflung überkam Liam. Nahmen denn die Schrecken nie ein Ende?
Plötzlich bemerkte er am Rand des Lichtscheins einen Körper. Er sprang von der Treppe und rannte in eine Ecke der Kammer, wo ein Soldat der Geheimpolizei lag. An seinem Arm und der Schulter klafften schwere Verletzungen. Er war tot. Verblutet.
»Das war Ruac«, sagte Vivana, als sie die Wunden des Mannes untersuchte. »Hier, siehst du? Bissverletzungen.«
»Wie lange ist er schon tot?«
»Er ist noch warm. Ein paar Minuten vielleicht.«
Liam runzelte die Stirn. Das Blut auf der Treppe war bereits getrocknet. Es musste also schon eine Weile her sein, dass die Geheimpolizisten das Versteck verlassen hatten. »Aber wenn er eben noch gelebt hat, wieso haben seine Kameraden ihn zurückgelassen?«
»Vielleicht sind sie vor dem Erdbeben geflohen«, sagte Lucien. Er durchsuchte die anderen Räume und kam zurück. »Der Zugangstunnel ist eingestürzt, aber davon abgesehen ist der Keller intakt.«
»Irgendeine Spur von den anderen?«, erkundigte sich Quindal.
»Leider nicht.«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Liam niedergeschlagen.
»Zuerst einmal sollten wir zusehen, dass wir von hier verschwinden«, antwortete Lucien. »Wenn ich Corvas wäre, würde ich hier nach uns suchen.«
Just in diesem Moment hörte Liam von der Tür zum Wasserturm ein Geräusch und fuhr herum. Ein ihm wohl bekannter Lindwurm streckte seine Schnauze herein und schoss die Stufen hinab.
»Ruac!«, rief Vivana und drückte das Geschöpf an sich. Ruacs Flanken verströmten behagliche Wärme.
Kurz darauf tauchten auch Jackon, Nedjo und Godfrey auf. »Tessarion sei Dank, ihr lebt!«, schrie der Rothaarige, während er die Treppe hinunterstürmte. »Wir haben schon gedacht, die Bleichen Männer hätten euch erwischt oder ihr wärt verschüttet worden. Wo wart ihr denn so lange?« Er umarmte Liam.
Anschließend erzählte Liam, was geschehen war: von ihrer Begegnung mit den Bleichen Männern, ihrer Flucht vor den Leibwächtern, dem Erdbeben. »Im Kessel ist die Erde aufgerissen, und wir mussten einen Riesenumweg machen«, schloss er. »Sonst wären wir schon viel früher hier gewesen.«
»Habt ihr den Riss gesehen?«, wandte sich Lucien an Nedjo und Godfrey.
Der Manusch nickte düster. »Und wir haben auch gesehen, was da herauskriecht.«
»Wie konntet ihr der Geheimpolizei entkommen?«, fragte Liam.
»Ruac hat sie in die Flucht geschlagen, als sie hier eingedrungen sind«, berichtete Jackon. »Ich glaube, er hat sie durch das ganze Viertel gejagt. Jedenfalls sind sie nicht wieder aufgetaucht.«
Vivana streichelte Ruac über den Kopf. »Wo seid ihr eben gewesen?«
»Wir sind vor dem Erdbeben auf den Hügel geflohen. Als es vorbei war, sind wir zurückgegangen. Wir hatten Angst, euch in dem Durcheinander zu verlieren, und dachten uns, dass ihr früher oder später zum Wasserturm kommen werdet. Nedjo hielt es für klüger, dass wir uns auf der anderen Straßenseite verstecken und abwarten, was passiert. Dort ist eine Ruine, von der aus man den Turm beobachten kann. Das haben wir gemacht — bis Ruac euch gewittert hat.«
Alle waren einverstanden mit Luciens Vorschlag, das Versteck zu verlassen, und sie sammelten ihre Habseligkeiten und die restlichen Vorräte ein. Liam war froh, wieder mit seinen Freunden vereint zu sein. Das linderte die Verzweiflung, die er angesichts all des Grauens empfand, wenigstens ein bisschen.
Ein paar
Weitere Kostenlose Bücher