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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Odin
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helfen.
    Doch es wurde im Gegenteil alles noch schlimmer. Auf einmal gab es einen heftigen Ruck, gefolgt von einem lauten Knarren aus dem Fahrstuhlschacht über ihm, und der Aufzug blieb stehen.
    »So eine verdammte Scheiße«, schimpfte er und setzte die Papiertüten vorsichtig auf dem Boden ab. Dann tasteten seine Hände an der Wand entlang, bis er das Bedienungspanel fühlte. Er drückte den untersten Knopf, auf dem sich, wie er wusste, ein Glockensymbol befand.
    Wahrscheinlich ein Stromausfall, mutmaßte er und wartete eine Weile. Doch der Hausmeister reagierte nicht auf seinen Notruf, und der Lautsprecher blieb stumm. Wahrscheinlich fickt der faule Sack gerade mal wieder die fette Matrone aus dem dritten Stock, dachte er und spürte, wie Wut in ihm hochstieg. Er überlegte kurz, ob er um Hilfe rufen und gegen die Fahrstuhltür hämmern sollte. Aber er verwarf den Gedanken sehr schnell, weil so etwas in dieser Wohnsiedlung, in der ständig irgendein Lärm aus irgendwelchen undefinierbaren Ecken drang und in dem sich öfters halbstarke Teenager lautstark auf den Gängen prügelten, eh keinen kümmerte.
    So lehnte er sich an die Wand gegenüber dem Spiegel und stellte sich auf eine längere Wartezeit ein. Seine Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt, und durch eine Ritze zwischen den Fahrstuhltüren fiel diffuses Licht.
    Je länger er wartete und dabei das Graffiti auf dem Spiegel anstarrte, umso mehr veränderte sich seine Wahrnehmung: Die Symbole, Zahlen und Buchstaben auf dem Spiegel schienen anzufangen, sich neu zu ordnen, und die Farben und Muster flossen in einem Strudel in sich zusammen und dann wieder auseinander. Das Bild war in ständiger Bewegung, es war lebendig. Erlag er einer optischen Täuschung, oder verursachte sein wachsender Hirntumor diese trügerische Illusion?
    Er schloss die Augen und hoffte, dass der Spuk vorbei war, wenn er sie wieder öffnete. Plötzlich vernahm er ganz leise eine Stimme. Er schlug langsam, fast ängstlich, die Augenlider auf und drehte sich in der Kabine vorsichtig nach allen Seiten um. Woher kam die Stimme? Sie klang weit weg. Dumpf. Fast wie ein Wispern im Wind. Abgehackt. Er verstand nur einzelne Buchstaben … P, Ä, M, I, M … Das Graffiti war wieder zur Ruhe gekommen. Täuschte er sich, oder waren einige Buchstaben und Symbole verschwunden? Er wusste es nicht. So genau hatte er es sich nicht eingeprägt. Kam die Stimme aus dem Bereich hinter dem Spiegel?
    Er trat näher heran, streckte den Arm aus und war kurz davor, mit seinen Fingern das Graffiti zu berühren, doch dann schreckte er zurück: Seltsamerweise sah er nicht sein Gesicht im Spiegel, sondern blickte hinter dem Graffiti in einen dunklen Tunnel hinein, der sich kilometerweit in die Länge zog und dessen Wände aus Erde und Matsch zu bestehen schienen. Am Ende des Stollens konnte er einen roten Punkt ausmachen, der in ständiger Bewegung war und wie zähflüssige Lava aussah. War das ein Tor? Ein Durchgang?
    Auf einmal wurde die Stimme laut, so als würde sie aus der Tiefe des Tunnels direkt auf ihn zuschießen. Sie schrie ihm förmlich ein Wort entgegen: »PANDÄMONIUM.«
    Witter riss die Arme hoch und presste schmerzerfüllt die Hände gegen seine Ohren. Im selben Moment setzte sich plötzlich der Fahrstuhl mit einem lauten Ächzen wieder in Bewegung und fuhr langsam hoch.
    Der Aufzug hielt schließlich im zweiundzwanzigsten Stock, und die Türen gingen auf. Witter war ganz schwindelig. Er drehte sich noch einmal um, bevor er aus dem Fahrstuhl taumelte. Der Tunnel war verschwunden, und alles sah so aus wie zuvor, als er den Aufzug betreten hatte. Vielleicht sollte ich mir den Tumor doch entfernen lassen, dachte er. Er befürchtete, dass sich sein Gefühlsdrogentrip allmählich in einen Albtraum verwandelte.
    Er hatte etwa die Hälfte des Weges vom Lift zu seiner Wohnung zurückgelegt, die sich am Ende des langen Flurs befand, als eine der Tüten durchbrach und die Konservendosen auf den Boden fielen. Witter fluchte laut und lief den über den Gang rollenden Dosen hinterher. Er bückte sich und sammelte sie wieder ein. Die meisten Büchsen packte er in die zweite Tüte zu den anderen Sachen, den Rest verstaute er in den Taschen seines Mantels. Als er sich wieder aufrichtete, sah er, wie sich die Tür einer Wohnung öffnete und ein Mann heraustrat. Er war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, trug einen eleganten Kurzmantel, dazu Lederhandschuhe und Stiefel und musste an die zwei Meter

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