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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Odin
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der abgesperrten Einfahrt zum Parkplatz fiel ihr eine Traube Reporter auf, bewaffnet mit Kameras und Mikrofonen, die aufgeregt auf die Polizisten hinter der Sicherheitsabsperrung einredeten, um sie dazu zu bewegen, Statements abzugeben. Die Beamten verzogen jedoch keine Miene, und ihre Münder blieben so verschlossen wie die der königlichen Wachgarde vor dem Buckingham-Palast in London. Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie ging zurück ins Wohnzimmer, wo gerade Jimmy wieder aus der Küche auftauchte. In seiner Hand hielt er die Flasche Wodka, mit der sich ihre Mutter ab und an eine Bloody Mary machte. Er schraubte den Verschluss ab, setzte sich die Flaschenöffnung an den Mund und nahm einen Schluck.
    Naomi riss sich zusammen und erklärte mit ruhiger Stimme: »Vielleicht gibt es doch eine Möglichkeit, wie wir hier rauskommen. Draußen vor dem Gebäude sind Reporter.«
    Jimmy setzte die Flasche ab und schaute sie halb fragend, halb belustigt an. »Ja und? Willst du einen Leserbrief schreiben und dann eine Brieftaube losschicken?«, fragte er zynisch und lachte dabei einmal laut auf.
    »Wir müssen auf uns aufmerksam machen!«
    »Und wie? Indem wir uns auf den Balkon stellen und zu ihnen runterwinken?«, ätzte Jimmy und bewegte die Flasche erneut zu seinem Mund.
    »Gar nicht mal so dumm … Wir könnten etwas auf ein Transparent schreiben.«
    »So was wie: Virus – nein danke? Und es dann hochhalten? Was für eine beschissene Idee.« Jimmy setzte die Flasche vom Mund ab, warf sich in einen Sessel und legte die Füße auf den Tisch.
    »Ich finde die Idee gar nicht mal so schlecht«, meinte Witter. Sein Blick wirkte noch ein wenig verwirrt, so als sei er eben aus einem Koma erwacht, doch es kehrte eindeutig Leben in ihn zurück.
    »Schlaf weiter, alter Mann«, erwiderte Jimmy und nahm erneut einen Schluck aus der Pulle.
    Naomi ergriff wieder das Wort. »Die Presse ist hungrig nach Sensationen. Wenn sie uns damit sehen, sind wir morgen auf allen Titelseiten! Dann müssen die Behörden handeln. Und für uns ist es das Ticket nach draußen!«
    »Hast du es denn noch immer nicht kapiert, du Rotzgöre!?« Jimmy schnellte nach vorne und schaute wütend. »Die sogenannte öffentliche Meinung ist denen da oben scheißegal. Heute bist du in den Nachrichten, morgen schon wieder draußen. Als ich im Knast saß und sie von den Misshandlungen durch diese schwanzlosen Drecksbastarde von Wärtern berichtet haben, waren wir genau eine Woche in den Nachrichten. Danach hat sich keiner auch nur einen feuchten Dreck um uns geschert. So ist das.«
    Naomi ließ sich davon nicht beirren. »Wir müssen es nur spektakulär genug aufziehen. Vom Dach oder so.«
    Witter pflichtete ihr bei und stand vom Sofa auf. »Wir sollten es versuchen.«
    »Tut, was ihr nicht lassen könnt, ihr hirnverbrannten Idioten«, sagte Jimmy und stürzte den Rest des Wodkas die Kehle hinunter, während er den beiden hinterherschaute, wie sie aus dem Wohnzimmer verschwanden.

30
    Die Türen öffneten sich, und ein weiterer Schwung Leute schob sich in die bereits vollbesetzte U-Bahn. Simone saß eingequetscht auf einem der Klappsitze zwischen einer Frau mit nassem Regenmantel, die mehrere Einkaufstüten auf ihrem Schoß festhielt, und einem jungen Mann mit langen Rastalocken. Der nickte im Takt der lauten Reggaemusik stoisch vor sich hin, die aus seinen großen DJ-Kopfhörern heftig gegen Simones Ohr schallte.
    Im ganzen Waggon gab es keinen freien Fleck mehr. Diejenigen, die keinen Sitzplatz bekommen hatten, standen dicht gedrängt auf dem Gang und hielten sich an den Halteschlaufen über ihren Köpfen fest. Simone roch das »Parfum der U-Bahn«: eine Mischung aus Schweiß, billigem Duft- und Rasierwasser, Mundgeruch, Rauch und anderen undefinierbaren menschlichen Körperausdünstungen. Hinzu kam heute der Geruch nasser Klamotten, denn vor wenigen Minuten hatte es heftig zu regnen angefangen. Spätestens nach acht Stunden versagten die meisten Deos, und das galt selbst für die neuesten, bei denen die Werbung großkotzig eine Zweiundsiebzig-Stunden-Wirkung anpries. Auch Simone stank unter ihren Achseln. Der Arbeitskittel und das Hemd, das die Reinigungsfirma ihr und den anderen Mitarbeitern stellte, war keine Baumwolle aus ökologischem Anbau, sondern bestand nur aus Polyester.
    Strapazierfähig und einfach in der Reinigung .
    Simone spürte, wie ein beklemmendes Gefühl in ihr hochkroch und ihr die Luft abschnürte. Dennoch vermied sie es, einmal tief durchzuatmen und

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