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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Odin
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Motorengeräusch der PS 456 C mit dem eines Ferraris verglichen wurde. Die Werbung, an der Paul einen maßgeblichen Anteil hatte, schlug so erfolgreich ein wie eine Kronar PS 456 C in Holz.
    Und genau das passierte jetzt hier im Eingang seiner Wohnung.
    Strutzke trat einen Schritt von der Tür zurück, hob die Kettensäge und rammte sie in das Türholz. Paul schrie auf, was aber von dem kreischenden Geräusch der Säge völlig übertönt wurde. Er sah noch durch den Spion den angestrengt irren Blick Strutzkes und die Holzsplitter umherfliegen, dann drang im nächsten Augenblick die Spitze der Säge so leicht durch das Holz wie durch Butter, zerriss den Stoff von Pauls Hemd oberhalb des Bauchs und schnitt in seine Haut.
    Instinktiv schnellte er zurück und brachte sich außer Reichweite – in eine sehr vorläufige Sicherheit. Hätte er nur eine Zehntelsekunde später reagiert, wären etliche seiner Organe vom Sägeblatt zerfetzt worden. Ein höllischer Schmerz setzte ein, und sein zerrissenes Hemd färbte sich vorne rot. Was, wenn es eine Schlagader erwischt hat? , schoss es ihm durch den Kopf.
    Rasch zog er sich das Hemd aus und betastete die Stelle. So weit er das erkennen konnte, war es nur eine Fleischwunde. Er rannte ins Bad und verschloss die Tür. Während er noch den Medikamentenschrank über der Toilette aufriss und Jod und Verbandszeug hervorkramte, ging ihm auf, wie armselig sein Versteck war. Wenn Strutzkes Kettensäge schon wie Butter durch die Wohnungstür schnitt – welchen Widerstand würde ihr da die Badezimmertür entgegensetzen?
    Paul konnte das laute, monotone Motorengeräusch der Kronar PS 456 C, das tatsächlich dem eines vorbeirasenden Rennwagens sehr ähnelte, nicht überhören – es klang so, als befände er sich auf der Zuschauertribüne bei einem Formel-1-Rennen auf dem Nürburgring.
    Paul wusste bestens über die hervorragenden Sägeeigenschaften des Modells Bescheid, denn er hatte nicht nur die Verkaufsflyer entworfen, sondern auch den Vorführungen der neuen Säge auf der Agritechnica-Messe in Hannover beigewohnt. Er und seine Kollegen hatten damals noch darüber gescherzt, dass dieses Modell in den Haushalt eines jeden modernen, technikbegeisterten Serienkillers gehören würde.
    Jetzt erinnerte er sich daran, Strutzke kurz danach einmal beim Ausdünnen der Hecke mit der Säge in der Hand gesehen zu haben. In dem Moment war ihm klar geworden, dass die von ihm mitentwickelte Werbekampagne die dümmsten Männerfantasien wirklich erfolgreich ansprach und offensichtlich eine große Wirkung entfaltet hatte. Dafür schämte er sich. Doch was für eine Ironie des Schicksals! Gleich würde die Kettensäge an ihm höchstpersönlich ihre Vorzüge demonstrieren, indem sie ihn in tausend Stücke zersägte.
    Paul hörte ein lautes Krachen, dann plötzlich nichts mehr. Das Rattern und Brummen der Kettensäge war verstummt. Er schlich vorsichtig aus dem Bad und blickte auf das riesige Loch in der Tür; dahinter im Gang stand Strutzke breitbeinig auf dem herausgesägten Holzstück mit der Kettensäge in der Hand. Der Hausmeister stierte einfach in die Gegend, als hätte er vergessen, was er eigentlich hier tun wollte.
    Es vergingen ein paar Sekunden, in denen nichts geschah, dann warf Strutzke die Säge erneut an. Paul fiel der fiebrige Glanz in seinen Augen auf, die wie bei einem Reptil in den Höhlen nervös hin- und herzuckten. Mühselig zwängte sich der Kerl durch das Loch in der Tür und begann, ganz langsam – fast wie in Zeitlupe – auf ihn zuzuschreiten. Strutzke war nicht der Hellste, aber seine Arbeiten als Hausmeister hatte er immer äußerst ordentlich ausgeführt – nach Pauls Meinung fast ein wenig zu akkurat. Und so exakt, wie er die Hecken stutzte, würde er auch seinen Kopf mit einem sauberen Schnitt vom Rumpf trennen.
    Wohin sollte er flüchten? Wie sollte er sich verteidigen? Er konnte sich in irgendeinem Zimmer der Wohnung verbarrikadieren oder in die Küche rennen, sich ein Messer schnappen und Strutzke damit attackieren. Doch so große Fleischmesser, wie man sie aus Horrorfilmen kannte, besaß er nicht. Den teuren Messerblock mit den handgeschmiedeten Profiklingen – ein Geschenk seiner Kollegen zum Abschied, besser gesagt zum Rausschmiss – hatte er weiterverschenkt. Da er selbst nie kochte, hatte er dafür keine Verwendung gehabt. Stattdessen hatte er sich billige Standardmesser zugelegt, deren Klingen in der Regel schnell stumpf wurden und sofort abbrachen, wenn sie

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