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Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Pandaemonium - Die Letzte Gefahr

Titel: Pandaemonium - Die Letzte Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Odin
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die stickige, warme Luft in ihre Lungen zu saugen. Das hätte ihren Zustand noch verschlimmert. Stattdessen schloss sie die Augen und versuchte, sich abzulenken, indem sie an zu Hause dachte, an das Abendessen, das sie für sich und Naomi später zubereiten und bei Kerzenlicht servieren würde. Sie bemühte sich, nicht vollständig in der mühseligen Routine ihres Lebens unterzugehen und jeden Tag – wenn auch nur für ein, zwei Stunden – durch ein wenig Ruhe und Feierlichkeit zu verschönern.
    Die U-Bahn hielt an einer Station an, bei der etliche Fahrgäste aus- und nur wenige einstiegen. So bekam Simone freie Sicht auf eine Frau, die am Fenster saß und in ein Taschentuch schnäuzte. Sie hatte einen großen Schal um ihren Hals gebunden und die Wollmütze tief ins Gesicht gezogen. Ihre Nase war knallrot, ihr Blick wässrig und die Haut fahl. Sie hustete, und es war unüberhörbar, dass sich dabei Schleim in ihren Bronchien löste. An der Stirnseite des Waggons, weiter hinten unter dem kleinen Bildschirm, auf dem unablässig Werbeclips und Nachrichten liefen, saßen weitere Fahrgäste, die in Taschentücher schnäuzten und husteten.
    Wie jedes Jahr rollte wieder eine Erkältungswelle durchs Land. Kein Wunder – bei dem Temperatursturz vor ein paar Tagen. Simone legte den Rollkragen ihres Pullovers über Mund und Nase und hoffte, sich dadurch vor einer Ansteckung zu schützen. Sie wusste, dass beim Niesen virenhaltige Tröpfchen millionenfach durch die Luft katapultiert wurden und andere Menschen infizierten, die sie einatmeten. Sie musste an die Menschen denken, die in den Tagen nach dem Tod von Johanna Wedkind im Virchow-Klinikum aufgekreuzt waren, voller Angst, sich ebenfalls mit dem aggressiven Virus angesteckt zu haben. Die meisten hatten nur einen grippalen Infekt und waren mit einem fiebersenkenden Mittel wieder nach Hause geschickt worden. Einige wenige hatte man auf der Seuchenstation weiteren Untersuchungen unterzogen. Was dabei herausgekommen war, wusste Simone nicht. Offiziell gab es nur die bekannten vier Fälle.
    Simone fuhr noch ein paar Stationen weiter, stieg dann aus und kaufte in einem Discounter ein paar Lebensmittel ein. Auf dem Weg nach Hause fielen ihr Einsatzfahrzeuge der Polizei auf, die alle in Richtung des Plattenbaus an ihr vorbeifuhren. Noch dachte sie sich dabei nichts. Vielleicht gab es irgendwo einen Großeinsatz – ein Staatsoberhaupt in der Stadt oder eine Demonstration. Kurz stutzte sie, weil sie regelmäßig den Tagesspiegel las und nichts Derartiges heute Morgen darin gestanden hatte. Während der Arbeit gab es keine Möglichkeit, Fernsehen zu schauen oder Radio zu hören.
    Sie war nicht mehr weit von der Siedlung entfernt, als sie vor dem Gebäudekomplex zahlreiche Menschen, Polizisten, Fahrzeuge und blinkende Blaulichter erblickte. Ein ungutes Gefühl beschlich sie, und sie beschleunigte ihre Schritte. Allmählich bekam sie Panik. Was war da los? Unwillkürlich überlegte sie, was passiert sein könnte. War eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden? Gab es irgendwo einen Brand? Oder gar eine Explosion?
    Sie versuchte, nicht weiter darüber nachzudenken, sondern nahm im Gehen ihr Handy aus der Handtasche und wählte Naomis Nummer. The person you have called is temporarily not available, please try again later, ertönte es aus dem Telefon.
    Warum ging Naomi nicht dran? Sie war doch zu Hause! Was, wenn ihr etwas zugestoßen war? Eine schreckliche Angst erfasste Simone. Sie rannte los, ihr Blick war dabei auf das Gebäude geheftet. Sie konnte keinen Rauch, keine Flammen sehen. Als sie vor dem Plattenbau ankam, lief sie in einen Pulk Reporter und eine Gruppe Schaulustiger hinein, die sich vor der Absperrung drängten.
    »Was passiert mit den Menschen im Gebäude, die sich nicht infiziert haben?«, fragte aufgeregt eine Reporterin einen Polizisten hinter dem Gatter. Sie musste brüllen, um die Lärmkulisse aus brabbelnden Menschen, Motorengeräuschen von Einsatzwagen, die durch die Absperrung hindurchgewunken wurden, und das Knattern der Rotoren eines Hubschraubers zu übertönen, der plötzlich in der Luft auftauchte und über dem Gebäude stehen blieb.
    Der Polizist reagierte nicht wie erhofft und antwortete nur: »Kein Kommentar.«
    »Wann wird die Nachrichtensperre aufgehoben?«, rief ein anderer Reporter einem jüngeren Polizisten zu, der neben seinem älteren Kollegen stand. Sogleich wurden Kameras auf den jungen Beamten gerichtet.
    Er schien noch etwas unsicher

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