Pandaemonium - Die Letzte Gefahr
der Friedrichstraße auf den Prachtboulevard strömte und ihnen hinterherhetzte.
Jimmy hielt die Pferde auf dem Pariser Platz an, und sie beeilten sich, aus der Kutsche zu steigen und loszurennen. Naomi half Rafael, Paul stützte Witter, und Jimmy blieb hinter den anderen, um die Gruppe nötigenfalls vor den Verfolgern zu schützen. Als sie am Brandenburger Tor angelangten, fielen auf einmal mehrere Schüsse. Abrupt blieben sie stehen. Sie starrten hinüber zum Platz des 18. März, der sich auf der westlichen Seite vor dem Brandenburger Tor befand und wo es nun einen hohen Stacheldrahtzaun gab – genau an der Stelle, wo einst die Berliner Mauer gestanden hatte.
Vor dem Zaun tobte eine große Ansammlung Infizierter, die sich wie wilde Bestien gebärdeten. Sie warfen sich mit voller Wucht gegen den Zaun oder versuchten, daran hochzuklettern. Dabei schienen sie keinerlei Schmerzen zu verspüren, denn jedes Mal, wenn sie einen neuen Anlauf nahmen, riss der Stacheldraht tiefe Wunden in ihr Fleisch. Auf der anderen Seite des Zauns befanden sich zwei Wachtürme, auf denen Scharfschützen postiert waren, die auf die Infizierten feuerten. Einer von ihnen schaffte es fast bis ganz nach oben, wurde dann aber von einem Kugelhagel wie ein Sieb durchlöchert. Er fiel blutüberströmt hinunter auf die Erde, wo er nach ein paar letzten Zuckungen sein Leben aushauchte.
Naomi wandte ihren Blick ab und schaute zu Jimmy, der seinen Kopf zu ihr wandte und seine linke Augenbraue leicht hob, so als wollte er ihr damit sagen: Siehst du, Mädchen. Hör auf mich. Ich habe immer recht .
Rafael, der sich umgedreht hatte, schrie plötzlich: »Sie kommen!«
Die vier anderen schossen herum. Die Meute rückte immer näher, war nur noch wenige Dutzend Meter von ihnen entfernt. Wie eine Todeswelle schob sich die Menge heran. Was sollten sie tun? Nach allen Seiten blickten sie sich um und suchten verzweifelt eine Fluchtmöglichkeit.
Plötzlich hatte Paul eine Idee. Er zeigte zu dem Gerüst, das an einem der Seitenflügel des Brandenburger Tors aufgebaut war, und rief: »Da müssen wir hoch!«
Das war immerhin eine Chance zu überleben! Sie rannten los. Naomi und Paul kamen als Erste an und begannen hochzuklettern. Ihnen folgte Rafael, der sich mit beiden Armen und einem gesunden Bein recht gut nach oben bewegen konnte. Witter allerdings hatte große Mühe, hochzusteigen, und rutschte mit dem Fuß mehrmals an den Eisenstreben des Gerüsts ab. Paul kletterte wieder ein Stück nach unten und reichte ihm die Hand, um ihn zu sich hochzuziehen.
»Los, beeil dich, alter Mann!«, schrie Jimmy ihn an, der unten stehen geblieben war und auf ein paar Infizierte schoss, die auf ihn zuwankten.
Doch Jimmy würde sich die Meute nicht lange vom Hals halten können, denn es drängten immer mehr nach. Ein junger Mann torkelte auf ihn zu und wollte ihn attackieren. Jimmy zögerte kurz, dann aber tötete er ihn mit einem gezielten Kopfschuss. Anschließend blickte er rasch zu Witter hoch, sah, dass der alte Mann es mit Pauls Hilfe fast bis nach oben geschafft hatte, und sprang nun ebenfalls auf das Gerüst.
Er kam nicht einmal einen Meter weit, da griffen schon Hände nach ihm. Mit einer Hand klammerte sich Jimmy an einer Gerüststange fest, mit der anderen schoss er zwei Infizierten, die versuchten, ihn an den Beinen wieder herunterzuziehen, in den Kopf. Anschließend konnte er unbehindert auf das Dach des Seitenflügels klettern, das an das Tor angebaut war. Dort standen die anderen, die auf Jimmy gewartet hatten.
Sie blickten hinunter und sahen voller Entsetzen, dass einige Infizierte versuchten, am Gerüst hochzuklettern. Rafael, der sich hektisch umschaute, entdeckte als Erster die kleine Treppe, die seitlich am Tor nach oben zu einer steinfarbenen Metalltür führte. Er machte die anderen darauf aufmerksam, und sie eilten sogleich die Stufen hinauf. Sie befürchteten schon, dass die Tür verschlossen war, aber als Rafael daran rüttelte, ging sie mühelos auf. Durch die Tür gelangten sie nach oben auf das Dach des Brandenburger Tors. Einen Moment lang hielten sie inne und bestaunten die imposante Quadriga, eine mehrere Meter hohe, aus Kupfer gefertigte Statue der geflügelten Siegesgöttin Viktoria mit ihrem von vier Pferden gezogenen Streitwagen. Doch schon schreckten weitere Schüsse sie auf. Sie blickten hinunter auf den Platz des 18. März, wo bereits ein Teil der Meute vom Boulevard Unter den Linden zum Zaun geeilt war und sich nun vor dem
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