Pandaglueck
Zoo entfernt und traue mich nicht hinein. Es ist mein erster richtiger Arbeitstag, nachdem ich im Pandagehege zusammengebrochen bin und Christian mich abholen musste. Allein bei dem Gedanken an den Tag weiß ich nicht, ob ich je wieder den Zoo betreten soll. Vorsorglich hatte ich niemandem Bescheid gegeben, dass ich am heutigen Tage vorhabe, arbeiten zu kommen. Ich will mir nicht vorstellen, was mich erwarten würde, wenn alle wüssten, dass ich heute im Zoo erscheine. Oder, dass ich es zumindest beabsichtige. Denn momentan stehe ich 300 Meter vor dem Eingang und kralle mich krampfhaft am Fahrradlenker fest. Ich kann mich nicht dazu überwinden, den Zoo zu betreten. Die ganzen Fragen, die auf mich niederprasseln werden, die Erklärungen, die ich bezüglich Alex abgeben muss. Das ist mir alles zu viel. Auf der anderen Seite muss ich dringend erfahren, was Mission ‚Panda Retten‘ macht. Ich weiß, dass diese Woche noch das Gespräch in seiner Firma stattfinden wird. Robert braucht sicherlich meine Hilfe und es wäre mehr als hilfreich für ihn, wenn er wüsste, dass ich mich mit Alex ausgesprochen habe.
Ich nehme eine Hand vom Lenker und fahre mir nervö s durch die Haare. Ich muss da rein gehen. Aber wie? In mir drin, spüre ich eine ernsthafte Weigerung den Zoo zu betreten. Wahrscheinlich sind die ersten fünf Minuten schlimm und der Rest des Tages verläuft normal. Ich bin jetzt drei Wochen nicht bei der Arbeit gewesen und es wird so viel passiert sein. Neben dem Stand von Mission ‚Panda Retten‘ interessiert mich vor allem, wie es mit Joey und Vanessa nach meiner Party weiter gegangen ist. Peter und Greta hatten sich ebenfalls sehr gut zusammen amüsiert. Von Maurice weiß ich, dass er es tatsächlich geschafft hat, den Single-Markt für Kathrin zu verlassen. Während meines Traumas ist er jeden Tag vorbeigekommen und hat mich stundenlang mit seinem Leben vollgequatscht, um mich aufzumuntern.
Ich schaue auf die Uhr.
9.23 Uhr.
Ich befinde mich jetzt seit fast ü ber einer Stunde an Ort und Stelle und beobachte mittlerweile, wie die ersten Besucher ohne Hemmungen den Zoo betreten. Ich schiebe mein Fahrrad zwei Meter weiter. Dann bleibe ich wieder abrupt stehen und kneife die Augen verzweifelt zusammen.
Ich kann es nicht … Ich kann keinen Fuß in den blöden Zoo, meinen geliebten Arbeitsplatz, setzen. Nach Hause zurück kann ich nicht. Miriam wird mich wie eine wild gewordene Furie wieder hierher schleppen und mich mit dem Besen durch den Eingang treiben. Alex täte dasselbe. Vielleicht ein wenig sanfter. Er würde mich wahrscheinlich direkt mit seinem Mercedes vor das Pandagehege fahren. Oder noch schlimmer, mich von Greta abholen lassen. Christian wäre eine Option. Er kann in seiner Praxis immer Hilfe gebrauchen. Aber will ich ihm den ganzen Tag in seiner Sprechstunde helfen? Mit den verrückten googleliebenden Tierbesitzern? Nein … Da werde ich erst recht wahnsinnig.
Also ab in den Zoo, Lara! Ich bewege mich wieder zwei Meter und bleibe erneut stehen. Verdammt noch mal! Das kann doch nicht so schwer sein!
Ich stoße verzweifelt die Luft aus meinen Lungen. Wenn ich jetzt alle zehn Minuten zwei Meter schaffe, werde ich hoffentlich zur Mittagspause den Eingangsbereich des Zoos passiert haben.
„ Was machst du hier?“, fragt auf einmal jemand neben mir. Ich drehe meinen Kopf zur Seite und schaue Vanessa an. Sie hat endlich den Nasenring abgelegt und das Make-up in ihrem Gesicht drastisch reduziert. Nur ihre kurzen schwarzen Haare erinnern an den schlechten Einfluss von Kevin. Ich hätte sie fast nicht erkannt. Sie lächelt mich glücklich an.
„ I-ich … warte hier“, erwidere ich und nehme schnell den Blick von ihr.
„ Worauf?“, fragt sie und legt ihren Kopf ein wenig schief.
„ Dass ich mich traue, da rein zu gehen.“ Ich zeige auf den Zoo und schaue sie mitleidig an.
„ Warum? Greta wird eine spontane Party schmeißen. Die Gute hat sogar angedroht den Pandas nichts mehr zu essen zu geben, damit sie nicht so viele Pandaexkremente produzieren, die sie wegräumen muss.“ Bei dem Gedanken schleicht sich ein Lächeln in mein Gesicht. „Alle werden sich freuen, dass du wieder da bist.“ Sie legt ihre Hand auf meinen Arm. „Du bist doch jetzt wieder da, oder?“
Ich nicke zö gerlich. „Wenn ich es schaffe, meinen Arbeitsplatz zu betreten.“
„ Das wird schon. Komm.“ Sie geht ein paar Schritte vor und dreht sich erwartungsvoll zu mir um. Ich schiebe mein Fahrrad neben mir her
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