Pandaglueck
das muntert mich zumindest ein bisschen auf.
Ich versuche, nicht weiter ü ber Alex und meine Blödheit nachzudenken. Es gibt Ereignisse, die entziehen sich dem eigenen Handlungsbereich und können einfach nicht geändert werden. Vielleicht ist es vom Schicksal vorbestimmt, dass ich ihn nie wieder sehe, da er mir ansonsten das Herz bricht. Wer weiß! Ich konzentriere mich auf die wichtigen Dinge in meinem Leben. Darunter fallen meine Pandas und insbesondere mein voller Einsatz, Dr. Hulsenbeck aus dem Weg zu gehen. Trübsal über mein nicht vorhandenes Liebesleben zu blasen deprimiert mich zu sehr. Daher stürze ich mich mit sämtlicher Energie auf meine Arbeit im Zoo.
Heute habe ich mir vorgenommen, mit den Fotos fü r die Zoo-Broschüren zu beginnen. Ich werde nicht alle Tiere an einem Tag erwischen, da nicht jeder Zoobewohner Fotomodell steht, wenn ich vor dem Gehege mit meiner Spiegelreflexkamera auf der Lauer liege. Zumindest kann ich einen Start wagen. Keine einzige Wolke befindet sich am Himmel und die Sonne hat die höchste Position für den heutigen Tag noch nicht erreicht. Eine gute Belichtung ist die halbe Miete für ein gelungenes Foto. Daher ziehe ich mit Roberts Liste meine Runden durch den Zoo.
Ich beschä ftige mich damit, Yun-Yun und Mao-Mao auf dem Speicherchip meiner Spiegelreflexkamera zu verewigen. Ich hatte meine Schützlinge zwar bereits als Erstes abfotografiert, aber vielleicht schieße ich jetzt das beste Foto von allen. Diese Chance will ich nicht ungenutzt an mir vorbei ziehen lassen. Ich nehme Yun-Yun erneut in das Visier, als Vanessa neben mir auftaucht.
„ Hey, Lara“, sagt sie. Ich begrüße sie, ohne die Kamera vom Gesicht zu nehmen. Yun-Yun sitzt auf einem Stein und posiert wie eine Weltmeisterin. „Joey hat sich für heute krankgemeldet. Kannst du mir bei der Seehundeshow nachher aushelfen?“ Ich lasse den Apparat sinken und blicke zu ihr hinüber. Ihre Verzweiflung steht ihr in das Gesicht geschrieben. Vanessas äußerliche Verwandlung hat nicht zu mehr Selbstbewusstsein geführt. Obwohl ich jede Menge neues Selbstbewusstsein ausgraben müsste, um so herumzulaufen. Normalerweise schmeißt Joey die Seehundshow. Sie hilft ihm zwar immer, aber er führt die Moderation der Show durch.
„ Klar, helfe ich dir“, antworte ich und ihre Verzweiflung wird von einem dankbaren Strahlen ersetzt.
„ Vielen, vielen Dank“, ruft sie und umarmt mich stürmisch. „Also bis um 15.00 Uhr. Ich bereite alles vor.“ Zumindest verteile ich Freude, selbst wenn mir das Glück nicht gegönnt ist.
Sobald Vanessa mir den Rü cken zugedreht hat, widme ich mich wieder meinem Fotoapparat und meinen Lieblingsobjekten. Yun-Yun ist mittlerweile von ihrem Stein heruntergestiegen. Mao-Mao liegt im Schatten und präsentiert mir seinen wunderbaren Pandapo. Ich seufze und stecke die Kamera zurück in die Umhängetasche, die ich dabei habe. Ist vielleicht ganz gut zu verschwinden, da sich eine Glucken-Mutter-Truppe im Anmarsch befindet. Glucken-Mutter-Truppen sind jene Ansammlung von mehr als drei Müttern mit ihren Kindern, die zusammen überall hingehen. Sei es der Spielplatz oder irgendwelche exotischen Orte wie der Zoo. Zudem haben sie meistens den halben Haushalt dabei, sind frustriert von ihrem öden Leben und pampen jeden an. Freundlichkeit ist eine Charaktereigenschaft, die in den Jahren des Glucken-Mutter-Truppen-Daseins von Unhöflichkeit gänzlich ersetzt wird. Wenn man ihre Kinder ermahnt keinen Müll in die Gehege zu werfen oder nicht gegen die Scheiben der Aquarien zu klopfen, verwandeln sie sich in Furien.
Ich schnappe Kamera und Liste und verschwinde unauffä llig. Ich habe jegliche Motivation in mir eingesammelt, um halbwegs glücklich zu wirken. Eine Glucken-Mutter-Truppen Begegnung hält dem nicht stand. Also bleibt nur die Flucht.
Ich begebe mich zum Verwaltungsgebä ude, um mir die geschossenen Fotos anzuschauen und mein Wissen über Seehunde aufzufrischen. Zudem kann ich mir notieren, welche Tiere ich besser erneut fotografiere. Ich habe ein schlechtes Gefühl, was die Bilder von den Erdmännchen angeht. Als ich am Gebäude ankomme, wünsche ich mir die Glucken-Mutter-Truppe zurück.
Dr. Hulsenbeck steht vor dem Eingang und trinkt genü sslich eine Tasse Kaffee. Das muss natürlich jetzt passieren! Sofort bildet sich in mir drin ein Knoten. Ich spiele mit dem Gedanken umzudrehen und noch ein paar Fotos zu schießen, als er mich bereits erblickt hat.
„ Frau Berghausen!
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