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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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Nglirr in Liyas Wasserbeutel und reichte ihn ihr wieder. »Trink das. Das wird dir gut tun, glaub mir. Wenn ich dich umbringen wollte, könnte ich es wohl leichter haben, meinst du nicht?«
    In ihrem Blick lag plötzlich Spott. »Jawohl, mein Gebieter. Ich bin in Eurer Hand.«
    »Haha, sehr witzig. Also, ich geh jetzt los. Gibt es hier irgendwelche wilden Tiere?«
    »Massenhaft«, antwortete Liya. »Fressen am liebsten Sari.« Aber er merkte schon, dass ihr nicht wohl war bei dem Gedanken, allein hier zurückzubleiben.
    »Du kannst Biao mitnehmen«, bot sie ihm überraschend an. »Er sieht vielleicht nicht so aus, aber er ist ein guter Kletterer. Außerdem bist du so schneller zurück.«
    »Und wo ist der Haken?«
    »Warum so misstrauisch, Sariel? Du hast mich gefesselt, du hast meine Waffen, Biao gehorcht dir - was soll schon passieren?«
    Sariel traute Liya nicht. Irgendetwas in ihrer Stimme verriet ihm, dass sie etwas plante. Bevor er aufbrach, kontrollierte er daher noch einmal ihre Fesseln. Sie waren zwar nass von dem verschütteten Wasser, lagen aber immer noch stramm genug an.
    »Ich beeil mich«, sagte er knapp und ließ sich von Biao wieder aufhelfen, diesmal schon viel cooler und mit weniger Angst als beim ersten Versuch. Wieder schien Biao genau zu wissen, was Sariel von ihm wollte. Ohne Furcht und ohne Zögern kletterte er mit seinen sämtlichen Tentakeln den steilen Abhang hinab. Sariel stockte der Atem, denn es schien, als wollte sich der riesige Kalmar geradewegs mit ihm in die Tiefe stürzen. Doch trotz seines gigantischen Gewichts ging er äußerst geschickt und schnell vor.
    So schnell, dass er nicht mehr sah, wie Liya die absichtlich aufgeweichten Pflanzenfasern ihrer Fessel kraftvoll ausdehnte, weit genug, um sich von dem Strick zu befreien und kampfbereit auf die Rückkehr ihres Feindes zu warten.
    Sariel bekam es nicht mit. Er wagte immer noch kaum, in die Tiefe zu blicken. Die verblüffenden Kletterkünste des Kalmars und seine geschmeidigen, sicheren Bewegungen erinnerten ihn an die Balanceakte des roten Katers auf dem Fenstersims. Fast senkrecht klebte Biao regelrecht an manchen Stellen am Felsen, hielt sich mit den Tentakeln wie ein Klammeraffe fest, sodass jeder Freeclimber vor Neid erblasst wäre. Überhaupt erinnerten ihn die Bewegungen der Riesenkalmare eher an Katzen als an die schleimigen Meeresbewohner, die er früher höchstens frittiert und mit Knoblauchsoße gekannt hatte. Die Kalmare waren in den letzten paar Millionen Jahren offenbar zu erfolgreichen Landbewohnern geworden, die auch noch Gedanken lesen konnten. Sariel fragte sich, welche Überraschungen sie womöglich sonst noch bereithielten.
    Und er fragte sich auch, warum die Lehrträume kaum etwas darüber enthalten hatten.
    In weniger als einer Stunde hatte Biao die steile Wand gemeistert. Geführt von Sariel, stießen sie nach kurzer Zeit auf die Felsspalte mit den Mondtränen. Sariel packte so viel davon ein, wie Liyas Satteltasche und Rucksack fassten, während sich Biao hungrig über das reiche Pilzvorkommen hermachte und in Windeseile etliche Kilo davon verschlang. Sariel selbst hielt sich zurück. Auch wenn die Mondtränen, wie Liya den Pilz nannte, offenbar nicht giftig waren, kostete es ihn immer noch große Überwindung, sie überhaupt zu berühren. Sariel nahm sich vor, die Pilze erst wieder zu essen, wenn es wirklich nichts anderes gab. Sariel nutzte Biaos kleine Fresspause dazu, Liyas seltsame Waffe genauer zu untersuchen. Er entdeckte eine Art Abzug, aber die genaue Funktionsweise blieb ihm dennoch verborgen. Das Shi, wie Liya die Waffe genannt hatte, sah aus wie ein futuristisches Spielzeuggewehr vom Rummel. Es war extrem leicht und aus einem unbekannten Material gefertigt und wirkte überhaupt nicht wie eine tödliche Waffe. Kam eben auf einen Test an.
    Sariel richtete sich auf, zielte auf einen Felsen in der Nähe und drückte den Abzug. Ein trockenes Ploppgeräusch wie bei einem Luftgewehr, ein kurzes Zischen, und in der gleichen Sekunde zerplatzte irgendetwas an dem Stein. Als Sariel die Stelle näher untersuchte, fand er wieder nur Eissplitter. Sariel gab noch weitere Probeschüsse ab und stellte fest, dass man mit der Waffe erstaunlich gut zielen und sehr weit schießen konnte. Es schien wirklich eine Art Luftgewehr zu sein, das sehr harte und verdichtete Eisdorne verschoss. Aber weder erkannte Sariel, wo sich der nötige Wasservorrat befand, noch woher der enorme Luftdruck kam. Immerhin handelte es sich

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