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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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lag.
    Dass sie noch lebte.
    Immer noch herrschte diffuses Dunkel um sie herum. Ihr Sehvermögen kehrte langsamer zurück als die Erinnerung daran, was passiert war. Sie war abgestürzt, weil sie ihr Ziel verfehlt hatte. Dreimal geschossen, dreimal verfehlt. Liya hatte geflucht, war wütend geworden über ihre Nervosität und hatte sich in eine bessere Schussposition bringen wollen. Dann war der kleine Felsvorsprung unter ihr weggebröselt wie altes Brot. Sie hatte den Sariel entdeckt, hatte ihn sogar im Visier gehabt. Und ihn verfehlt.
    Plötzlich Panik. Wo war der Sariel jetzt? Liya wusste weder, wie tief sie gefallen war, noch, wo sie sich nun befand. Aber sie wusste, dass der Sariel die Schützin aus der Felswand mit Sicherheit suchen würde, um sicherzugehen, dass sie tot war. Und falls sie es nicht war ...
    Ein Lichtreflex drang zu ihr durch. Liya versuchte, sich mit einem Ruck aufzurichten, spürte aber einen stechenden Schmerz im Rücken, der sie zurückwarf. Liya keuchte zwar, aber dafür zerriss der Schleier vor ihren Augen, und sie konnte wieder sehen. Und das Erste, was sie sah, war - Biao!
    Das beruhigte sie. Biao hatte sie gerettet und vor dem Sariel in Sicherheit gebracht. Biao hatte sie in den Kyrrschal eingewickelt. Kluger, guter Biao. Liya setzte sich vorsichtiger auf als zuvor und betrachtete ihr Bein. Überrascht sah sie, dass es geschient und mit Fetzen aus ihrer Kleidung verbunden war. Das irritierte sie, denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass Biao ihr den Verband angelegt hatte. Hatte Mingan sie etwa gefunden?
    Ein Schatten fiel von hinten auf Liya. Bereits an der Silhouette erkannte sie, dass es nicht Mingan war, und außer Mingan gab es eben nur noch eine Möglichkeit. Impulsiv tastete Liya nach ihrem Messer. Da erst merkte sie, dass ihre Hände gefesselt waren.
    »Gib dir keine Mühe, das Messer habe ich.«
    Als der Sariel vor sie trat, wusste sie, dass sie ihn die ganze Zeit über gekannt hatte. Es war wirklich der Junge aus ihren Träumen. Und er sprach sogar ihre Sprache.
    Der Sariel blickte sie neugierig und besorgt an. Fast der gleiche Ausdruck, mit dem Biao sie ansah, was sie unter anderen Umständen vielleicht komisch gefunden hätte. Jetzt fragte sie sich nur, warum Biao den Sariel nicht einfach auf der Stelle zermalmte. Aber sie wusste auch, dass dies das Letzte war, was ein Kalmar tun würde, ohne angegriffen zu werden.
    »Verstehst du mich?«
    Liya nickte und versuchte, etwas von ihm wegzurobben, was schwierig und schmerzhaft war. Der Sariel lächelte jetzt. Er lächelte! Erneut wurde Liya wütend.
    »Was gibt's da zu grinsen?!«
    Der Sariel zuckte mit den Achseln und hörte auf zu lächeln.
    »Mach mich los!«
    »Ja, klar. Du hast auf mich geschossen, greifst als Erstes nach deinem Messer, und jetzt soll ich dich losbinden. Sonst noch was?«
    Liya schloss die Augen. »Dann mach's wenigstens kurz.«
    »Was?«
    Liya öffnete wieder die Augen. »Töte mich schnell.«
    »Ich habe dich nicht gerettet und verbunden, um dich jetzt zu töten.«
    »Und was dann?«
    »Keine Ahnung.«
    Und wieder Schweigen. Nicht die Unterhaltung, die Liya sich mit dem Sariel vorgestellt hätte. Ganz und gar nicht. Die brutalste Kampfmaschine des Planeten benahm sich wie ein schüchterner Junge, der nicht wusste, ob er das Mädchen vor sich küssen oder doch lieber weglaufen sollte. Dahinter musste irgendeine Absicht stecken.
    »Ich bin Sariel.«
    »Ich weiß.«
    Der Sariel wirkte erstaunt. »Woher weißt du das?«
    »Ich hab dich in meinen Träumen gesehen.«
    »Ich dich auch!«, sagte der Sariel überrascht. »Aber deinen Namen kenne ich nicht.«
    Liya war nun überzeugt, dass der Sariel eine bestimmte Taktik verfolgte. Vielleicht war er dabei, sie zu verhören. Vermutlich würde seine freundliche, unschuldige Maske gleich von ihm abfallen, und er würde sie so lange foltern, bis sie die Standorte der Zhan-Shi-Stützpunkte verriet.
    Der Sariel ging in die Hocke und sah ihr aus sicherer Entfernung in die Augen.
    Schöne, sanfte Augen, wie Liya überrascht feststellte.
    »Also? Wie heißt du?«
    »Liya.«
    »Liya ... Warum wolltest du mich töten, Liya?«
    Liya hatte genug. Sie holte Atem und schrie aus ganzer Kehle. »BIIIAAAOOO! HILF MIR!!!«
    Biao schaute Liya bloß weiterhin an. Seine dunkle Hautfarbe zeigte Verwirrung. Er schien nicht zu begreifen, was hier vor sich ging, vielleicht hatte der Sariel ihn auch irgendwie vergiftet.
    »Biao!«, flehte Liya. »Tu irgendwas! Befrei mich!

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