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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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erspare dir eine Lehrstunde in Geschichte der Zukunft.
    Jedenfalls schrumpfte die Menschheit in den nächsten Jahrhunderten durch Umweltzerstörung, Epidemien und eine Reihe von Naturkatastrophen auf etwa die Hälfte zusammen. Erdöl und viele andere Bodenschätze waren praktisch aufgebraucht. Die oberen Schichten der Atmosphäre so sehr angegriffen, dass harte Gammastrahlung aus dem All ungehindert auf die Erde prallte und schwere Krankheiten verursachte, wenn man sich zu lange ungeschützt im Freien bewegte. Schwere Stürme, schwerer als der gewaltigste Taifun deiner Zeit, verwüsteten regelmäßig ganze Landstriche. Nationalstaaten brachen zusammen, Völker verschwanden und übrig blieben zwei etwa gleich große Gruppen: die Sari und die Ori. Die Sari glaubten an den Kometeneinschlag und suchten nach Wegen, sich zu retten. In einer lebensfeindlichen Welt errichteten sie hermetisch abgeschlossene Städte, um sich vor der Außenwelt zu schützen, und förderten Technik und Wissenschaft. Sie beherrschten die Kernfusion zur Energiegewinnung und perfektionierten die Gentechnik. Da die Sari-Städte nur eine begrenzte Kapazität hatten, betrieben die Sari strenge Geburtenkontrolle und gingen mit der Zeit dazu über, ihren Nachwuchs nur noch durch künstliche Befruchtung und später durch künstliche Schwangerschaft und Geburt zu regulieren. Um Krankheiten und Epidemien zu vermeiden, gab es strenge genetische Vorschriften.
    Die Ori gingen einen anderen Weg. Sie glaubten nicht an die eine letzte Große Katastrophe. Sie wollten sich nicht einschließen wie die Sari und lehnten Genmanipulation und künstliche Geburt ab. Die Ori entwickelten neue Lebensweisen und Techniken, um in ihrer gegenwärtigen Welt zu überleben. Erstaunlicherweise gelang ihnen das so gut, dass sie nicht ausstarben. Im Jahr der Großen Katastrophe gab es etwa gleich viele Sari wie Ori. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich beide Teile der Menschheit allerdings extrem voneinander entfernt, schon rein äußerlich. Die Sari waren groß und schmal, feingliedrig und wegen der fehlenden direkten Sonneneinstrahlung sehr blass. Das entspricht bis heute unserem Schönheitsideal. Wir hatten bereits damals einen IQ von 140 und mehr.
    Die Ori dagegen waren mal verwachsen, mal schön, mal klug und mal strohdämlich. Durch ihr Leben im Freien hatten sie eher dunkle Haut und wegen ihrer eiweißarmen Ernährung wurden sie kaum größer als du. Während wir Sari niemals krank waren und im Durchschnitt hundertfünfzig Jahre alt wurden, das ist auch in diesen Tagen so, bekamen die Ori alle Arten von Krankheiten und starben früh. Inzwischen war es beiden Völkern fast unmöglich, sich zu verständigen. Die Sari behielten Mandarin bei, das bereits 2104 zur Weltsprache erklärt worden war. Die Sprache der Ori dagegen verwilderte allmählich zu einem Gemisch aus alten, vergessenen Sprachen mit zahlreichen Nebendialekten. Da es kaum noch Kontakt zwischen den beiden Gruppen gab, gab es auch so gut wie keine Übersetzer. Auf der Erde existierten nun zwei grundverschiedene Völker, die sich mehr oder weniger ignorierten.
    Über alle Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg verloren die Sari niemals ihr Ziel aus den Augen: sich vor dem Untergang der Welt zu retten. Varell-Xieu raste unaufhaltsam durchs All und konnte inzwischen schon mit einfachen Fernrohren als kleiner heller Punkt im Sternbild Cassiopeia beobachtet werden. Ausschließlich zu diesem einen Zweck, dem Überleben ihrer Art, trieben die Sari Forschung und Technik voran. Es gab viele Rückschläge und Sackgassen, aber im Jahre 3602 gelang endlich der Durchbruch mit einer Idee, die bis dahin als eher bizarr gegolten hatte und nur von wenigen Forschern verfolgt worden war - einer Zeitreise. Vielleicht weißt du, dass es nach Einsteins Relativitätstheorie möglich ist, in die Zukunft zu reisen.«
    »Theoretisch«, wandte Huan ein.
    »Nicht nur theoretisch. Je schneller du dich bewegst, desto langsamer vergeht für dich die Zeit. Für sämtliche Geschwindigkeiten, die man mit menschlichen Mitteln erzielen kann, sind diese Unterschiede allerdings unendlich gering. Aber wenn man mit Lichtgeschwindigkeit flöge, sähe das anders aus. Schon nach einem kurzen Rundflug wären deine Schulfreunde alte Leute.
    Der Gedanke der Sari-Forscher war, weit in die Zukunft zu reisen. Bis zu einem Zeitpunkt, an dem die Erde die Katastrophe überstanden hatte und Leben wieder möglich war. Allerdings ist es unmöglich, die Masse von gut einer

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