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Panter, Tiger und andere

Panter, Tiger und andere

Titel: Panter, Tiger und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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dem, was ihr als »Relativität« ausgebt? Wozu das? Entehrt Naturalismus? Erscheint er euch zu niedrig, wenn ihr ihn nicht durch pathetische Beziehungen zum »All« adelt? Ein neuer Adel. Taugt nicht viel.
    Und hier ist das Manko des Buches.
    Die Sache geht noch an, wenn es sich um die Juden handelt; die versteht der Vollblutjude Zweig sehr gut. Schon bei den Soldaten wird die Sache zweifelhafter. Es stimmt alles: er ist der erste Autor, der den Mut hat, zu sagen, dass das Telephongespräch zwischen einer Krankenschwester und einem Schreiber durch einen Mann im Keller vermittelt wird, der da stumpfsinnig stöpselt, er hat einen Brief von seiner Frau bekommen: zu Hause klappt es nicht mit der Kriegsunterstützung… Es stimmt vieles: wie sie geschlafen haben und gegessen; sehr oft, auch wie sie reden; wie die Formationsbureaukraie viel wichtiger war als der ganze Krieg… Alles, was da gegen den dreimal verfluchten deutschen Militarismus steht, stimmt. Aber wenn Zweig von den Offizieren spricht, dann stimmt etwas nicht. Shakespeare ist auch Hamlet. Zweig betrachtet – sehr gehirnlich, sehr überlegen – seine Figuren. Aus weiter Nähe.
    Natürlich ist er viel zu klug, nun das umgekehrte Militär -Buch zu schreiben: der pechrabenschwarze General und der gute Muschkot; das wäre ja kindisch. Diese Rangordnung hat man nicht umzukehren, sondern zu ignorieren. Das tut er. Er zieht seinen Leuten Zivil an. Aber diese Offiziere sind, Zweig, seien Sie mir nicht böse, sie sind von unten gesehen. Auch Exzellenz von Lychow, geb. Fontane. Sie sind mit den feinsten Mitteln psychologisch erklärt. So waren sie auch – so waren sie nicht.
    Der Generalmajor Schieffenzahn wird sondiert; er schlummert, wie dargetan, am Schreibtisch ein, nachdem er sich seiner Kadettenjugend erinnert hat, er wird biologisch expliziert, es ist alles in schönster Ordnung. Aber es fehlt das Einfach-Kräftige, das diese Burschen bei aller Schlauheit hatten – Schieffenzahn ist jüdisch gesehen, er ist ganz durchtränkt mit Judentum, und er trägt Schläfenlocken, sozusagen Gardepeies.
    Es ist zunächst das jüdische Element, das sich hier hindernd einschiebt. Ich spreche gar nicht von der Zuneigung Zweigs zu seiner Figur Posnanski, dem ironischen und Gutes wirkenden Kriegsgerichtsrat und von meiner Abneigung gegen solche Männer: ja, sie waren so witzig und haben es alles durchschaut und die stumpfsinnige Brutalität der Preußen gemildert, wo sie nur konnten, und sie hatten die herrlichsten Talmudworte für alles und waren schnell in der Auffassung und blendend. Und haben mitgemacht.
    Das Heer aber war in seinen Grundtönen deutsch: bayrisch das Fluchen und niederdeutsch der Furz; plattdeutsch das Schmalzpaket und säcksch das Kaffeegelabber. Eine pommersche Gänsebrust rituell gekocht? Ja, aber es ist nicht »das«.
    Arnold Zweig hat das beste deutsche Kriegsbuch geschrieben – immer neben Vogels »Es lebe der Krieg!« Das deutsche Kriegsbuch ist noch nicht geschrieben.
    Die Küche der Befehlsempfänger, wo die Ordonnanzen und die Reiter und die Chauffeure auf den Bänken lümmeln und dem Stabskoch von weitem ehrfurchtsvoll in die vorgesetzte Suppe sehen; die dicke Luft in der Schreibstube, wo geduckte Schreiber sich das Wohlwollen der niedern Götter durch fingiertes Nichtvorhandensein erkauften, ihnen gegenüber war der fremde, eben eintretende Soldat ein Freier; der Kriegsschauplatz, der stets aufgeräumt sein mußte, ein Hund spielt mit einem Knochen, an einem Ende der Hund, am andern der Gefreite Fulte, und der Unteroffizier König steht dabei und grinst – da kommt der Hauptmann aus dem Unterstand. Hund und Fulte ab wie der Blitz. »Uoffzieh Köönch!« – »Hahaumann!« »Was ist das für ein Knochen?« – »Eh … Da hat wohl der Hund vom Herrn Leutnant mit gespielt!« – »Der Hund? Na, das kennt man schon –!« Aus.
    Keine Spur von Pointe – es ist der vollendete Stumpfsinn aller dreihundertundfünfundsechzig Tage aller vier Jahre. »Wie wars auf Urlaub, Mensch?« – »Zu kurz! Aber vielleicht hier…!« (ausgestreckter Arm, geballte Faust, Einknicken des Unterarms: Soldatengeste für einen stattgehabten Beischlaf); die sinnlosen Brocken, die in den schläfrigen Gehirnen hängenblieben – irgend etwas, eine aufgeschnappte Redensart, die tausendmal wiederkam, Fetzen aus einer bekanntgegebenen Feldherrntirade… »Empfangen haben wir drei Büchsen Schmalzersatz, Dörrgemüse, Marmelade, achtzehn Brote – Sie wollen Deutschland

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