Panter, Tiger und andere
himmlische Verehrerin!
Aber man kann auch böse werden, und wenn der Gefeierte nicht gleich antwortet, bekommt er folgenden Brief:
»Da ich bis heute noch keine Antwort auf meinen dritten Brief vom 5. d. M. erhielt und auch nicht mehr damit rechne, bitte ich Sie nur noch, mir mein Bild, das für Sie schwerlich noch Interesse haben kann, unter Benutzung des nochmals angefügten Freibriefumschlags zu retournieren. Eigentlich ist es wohl unter ›gewöhnlichen Sterblichen‹ üblich, eine höfliche Anfrage zu beantworten, je wie man es für möglich hält, entgegenkommend oder ablehnend. Aber natürlich gibt es auch eine gewisse Art von Menschen, die hoch über der erwähnten Gattung mit ihren Lebensregeln steht. Wie zum Beispiel käme ein ›umschwärmter‹ Schauspieler wohl dazu, auf die Briefe eines ›kleinen unbedeutenden Mädels‹ zu antworten, geschweige denn näher darauf einzugehen!? Da genügt doch schon die Einsendung eines Autogramms. Nicht wahr, das ist sicher auch Ihre Ansicht, deren Richtigkeit ich Ihnen auch durchaus nicht absprechen möchte?!? In diesem Sinne bin ich mit ganz besonderer Hochachtung…«
Mit ganz besonderer Hochachtung – das ist die wahre Liebe nicht. Da lob’ ich mir diese junge Dame, die durchaus weiß, was und wen sie will:
»Berlin, den 15. August 1919. (Das Ganze auf der Rückseite einer Porträtkarte.) Du, ich hab’ Dich so furchtbar lieb! Möchtest Du mir nicht ein einziges Mal ein Küßchen geben? Mein Muttchen ist gestorben – – und ich bin so allein! Nicht bös sein – – dass ich Du sage – – aber »Sie« ist so fremd! – – – Wenn Du meinen Wunsch erfüllen willst, so sei so gut und rufe mich an!«
Die Entschuldigung mit dem Mütterchen ist eben so übel nicht. Manche Mädchen wissen aber doch, was sich gehört; so schreibt eine: »In vielen Fällen habe ich Sie bewundert, in denen Sie Idealrollen hatten. Aber in… war Ihre Rolle abschreckend für ein junges Mädchen.«
Und eine andere legitimierte sich: »bitte mir ein Bild außer der Bühne mit einigen Worten der Erinnerung zu verehren. Es kommt bestimmt nicht in unwürdige Hände. Sie sollen wissen, wer ich bin. (»Meinen Namen sollt Ihr nie erfahren: Ich bin der Kaiser Franz Joseph!«) Bin Generalstochter (adlig), genügt das?« – Ach ja, es genügt, und um wieviel bürgerlicher und kaufmännischer denkt da ein junger Herr, der eine Menge Karten zur Bemalung mit Autogrammen schickt und dazu schreibt: »Für Ihre nun sehr vielen Bemühungen erlaube ich mir, Ihnen freundlichst zwei Mark zu übersenden.« Überschrift: Des Kinoschauspielers erstes ehrlich verdientes Geld …
Was überhaupt auffällt, ist die entzückende Mischung von Liebe und Geschäftsstil. Roda Roda erzählte einmal eine Geschichte von einem Buchhalter, der bei den Worten: »Liebe Hulda, ich liebe dich leidenschaftlich!« – das letzte Wort zweimal – dick und dünn – mit dem Lineal unterstreicht… So weit kann einen die Leidenschaft manchmal treiben. »Ich werde stets bemüht sein, Ihre werten Briefe prompt und ausführlich zu beantworten.«
Eigentlich müßte es heißen: »und werde ich stets bemüht sein« –, aber es ist auch so schon ganz hübsch.
Eine will zum Film empfohlen werden; sie kann alles: »Tanzen (sämtliche moderne wie Bühnentänze), Reiten, Schwimmen, Rudern, Klettern, Schlittschuhe laufen, Klavierspielen und Singen. Genügt doch, gelt? Es wurde mir auch schon von vielen Seiten versichert, dass ich talentiert wäre. Nur die Beziehungen fehlen.« Aber die werden schon kommen …
Und auch das Ausland ist in dem Reigen vertreten:
»Sehr geehrter Herr! 10. September habe ich Sie in das Schauspiel… als… gesehen und habe richtige Freude erlebt. Am Sonntag nachmittags habe ich Sie in Elektrische Bahn Stadt Ring I sofort erkannt.«
(Dabei ist der Mann so fein, dass er niemals die elektrische Bahn besteigt.)
»Sie haben mich auch bemerkt…, aber das war bloß ein flüchtiger Moment, eine lichthelle Sekunde, weil ich früher als Sie weggestiegen bin… Ihre Kunst und Ihr Aussehen sind anders, als man jeden Tag trifft, und weil ich selbst eine Künstlerin bin, so bemerke ich alles, was nicht originär ist. Von meinem Schreiben werden Sie erraten, dass ich Ausländerin bin, und bitte, meine Fehler nicht zu streng zu urteilen. Wenn Sie Lust finden werden, da antworten Sie bitte an meinen Brief, und vielleicht können wir Mahl treffen. Bedauern werden Sie hoffentlich nicht, und werde mich herzlich freuen,
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