Panter, Tiger und andere
Angenehmste mit Ihrer leicht nickenden Nachhilfe heraushören kann, aber auf seine Kosten und Gefahr. Sie müssen leichten Herzens in der schwierigsten Situation fragen können: Habe ich jemals gesagt, dass …?«
Nein, der Feuilletonist hat niemals gesagt, dass … Aber er hat den Anschein erwecken wollen, als habe er es gesagt. Immer liegt unter seinen Worten ein leichtes Geheimnis, so, nach der Melodie: Es ist zu privat, als dass ich es hier erzählen könnte – und der Leser denkt dann, wenn er dumm ist, prompt an Schlösser, englische Tänzerinnen, Lustjachten, buschumrauschte Gartenplätze, verschwiegene Bars edschmiedcetera pp. Man muß es nur geschickt machen. Etwa so:
»Man legt müde den weißen Bademantel« – (man! man ist wichtig!) – »den weißen Bademantel ab, winkt dem groom, er solle einmal zum bar-keeper herübergehen, ob jenes gewisse Pumamädchen geschrieben habe. Der Himmel blickt kopenhagenblau durchs Milchfenster – eine leuchtende Erinnerung an Heluan. (Wo aber die Korbstüle weicher und die Frauen härter sind.) Draußen bellen die Hunde. Nicht so sanft wie die in Algerien – nicht so glockentief wie die in Calafat, wo man, träge an der Donau entlanglümmelnd, Serbiens Ufer grüßte. Die bani saßen locker damals… Man wird morgen auf einem Kongreß sprechen, übermorgen den Bericht absenden, in drei Tagen den goldenen Schoß der großen Tänzerin segnend grüßen…«
Preußen phantasiert. Denn wenn du näher hinsiehst, ist er injeladen, nicht uffjefordert, das Ganze spielt zwischen Koblenz und Köln, es soll der Sänger mit dem Kommerzienrate gehen – und jede kleine Reisebeschreibung des graziösen Herrn Sling ist ehrlicher, anständiger und reizvoller als der Talmikram dieser modernen Reisejungens.
1922
Ratschläge
Für einen schlechten Redner
Fang nie mit dem Anfang an, sondern immer drei Meilen vor dem Anfang! Etwa so:
»Meine Damen und meine Herren! Bevor ich zum Thema des heutigen Abends komme, lassen Sie mich Ihnen kurz …«
Hier hast du schon so ziemlich alles, was einen schönen Anfang ausmacht: eine steife Anrede; der Anfang vor dem Anfang; die Ankündigung, dass und was du zu sprechen beabsichtigst, und das Wörtchen kurz. So gewinnst du im Nu die Herzen und die Ohren der Zuhörer.
Denn das hat der Zuhörer gern: dass er deine Rede wie ein schweres Schulpensum aufbekommt; dass du mit dem drohst, was du sagen wirst, sagst und schon gesagt hast. Immer schön umständlich!
Sprich nicht frei – das macht einen so unruhigen Eindruck.
Am besten ist es: du liest deine Rede ab. Das ist sicher, zuverlässig, auch freut es jedermann, wenn der lesende Redner nach jedem viertel Satz mißtrauisch hochblickt, ob auch noch alle da sind.
Wenn du gar nicht hören kannst, was man dir so freundlich rät, und du willst durchaus und durchum frei sprechen … du Laie! Du lächerlicher Cicero! Nimm dir doch ein Beispiel an unsern professionellen Rednern, an den Reichstagsabgeordneten – hast du die schon mal frei sprechen hören? Die schreiben sich sicherlich zu Hause auf, wann sie »Hört! hört!« rufen … ja, also wenn du denn frei sprechen mußt:
Sprich, wie du schreibst. Und ich weiß, wie du schreibst.
Sprich mit langen, langen Sätzen – solchen, bei denen du, der du dich zu Hause, wo du ja die Ruhe, deren du so sehr benötigst, deiner Kinder ungeachtet, hast, vorbereitest, genau weißt, wie das Ende ist, die Nebensätze schön ineinandergeschachtelt, so dass der Hörer, ungeduldig auf seinem Sitz hin und her träumend, sich in einem Kolleg wähnend, in dem er früher so gern geschlummert hat, auf das Ende solcher Periode wartet … nun, ich habe dir eben ein Beispiel gegeben. So mußt du sprechen.
Fang immer bei den alten Römern an und gib stets, wovon du auch sprichst, die geschichtlichen Hintergründe der Sache. Das ist nicht nur deutsch – das tun alle Brillenmenschen. Ich habe einmal in der Sorbonne einen chinesischen Studenten sprechen hören, der sprach glatt und gut französisch, aber er begann zu allgemeiner Freude so: »Lassen Sie mich Ihnen in aller Kürze die Entwicklungsgeschichte meiner chinesischen Heimat seit dem Jahre 2000 vor Christi Geburt…« Er blickte ganz erstaunt auf, weil die Leute so lachten.
So mußt du das auch machen. Du hast ganz recht: man versteht es ja sonst nicht, wer kann denn das alles verstehen, ohne die geschichtlichen Hintergründe … sehr richtig! Die Leute sind doch nicht in deinen Vortrag gekommen, um lebendiges Leben zu
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