Papa ante Palma
raus mit euch, damit Papa den Schirm aufbauen
kann.«
Die Zwillinge schreien lauter.
»Gut, dann haltet euch fest«, sage ich
grimmig.
Das Geschrei stoppt kurz, als die Kinder einen
Ruck spüren, dann schreien sie weiter. Mit aller Wucht stemme ich mich gegen den
Wagen, der sich nur zentimeterweise vorwärts bewegen lässt.
» Dale ,feste!«, rufen die Andalusier feixend.
Die Räder des Wagens drehen sich nicht, daher
schiebe ich ihn vor mir her. Endlich haben wir unseren Platz erreicht. Ich hole
den Sonnenschirm unter dem Wagen hervor, spanne ihn auf und ramme die
Ständerspitze in den Boden. Dann drehe ich den Schirmständer gegen den
Uhrzeigersinn in den Sand. Das habe ich mir mal von einem der Typen abgeschaut,
die diese Tickets für die Liegen einsammeln.
Plötzlich fällt mir siedend heiß ein: Der Wagen
samt den Kindern steht ja in der prallen Sonne! Wenn ich den Wagen schnell
umdrehe und die kleinen Vordächer nach vorne ziehe, dann können sie zwar während
des Schirmaufbaus nicht aufs Meer blicken, aber sie sind außer Gefahr und müssen
nicht ohne Creme in der Sonne braten. Dieses ewige Einschmieren geht mir mächtig
auf die Nerven!
Ich lasse also von dem Schirm ab, drehe den Wagen
gegen die Sonne und haste schnell zurück zum Schirm. Zu spät – er ist
bereits auf dem Weg zu mir. Eine Böe hat ihn erwischt. Zwei kleine Salti, dann
hebt er ab und fliegt im hohen Bogen über mich hinweg, um zehn Meter weiter
genau auf das ausgestreckte Bein einer bäuchlings daliegenden Sonnenanbeterin zu
knallen.
»Lo siento« , rufe ich
hektisch, »Entschuldigung!«
Die Frau ist hochgeschnellt. »Schon okay«, doch
so, wie sie es sagt, klingt es alles andere als okay.
Der Schirm hat einiges an Sand aufgewirbelt, der
jetzt an ihrem verschwitzten Bein klebt. Den wird sie sich abwaschen müssen,
wenn sie sich das Gesamtbräunungsergebnis nicht versauen will. Ihr Körper ist so
gleichmäßig tief gebräunt, dass ihm jegliche Konturen fehlen. Selbst die nackten
Brüste wirken zweidimensional, wie aufgemalt. Ganz anders als die Körper der
Neuankömmlinge aus Deutschland. Die kann man immer sofort erkennen, denn sie
strotzen nur so vor Kontrasten. Liegend blitzen sie wie chlorgebleicht auf,
sitzend werfen sie tiefschwarze Schatten von Köperteil zu Körperteil.
Mit dem Schirm unterm Arm laufe ich zurück zu
unserem Platz. Die Kinder sind mittlerweile aus dem Wagen geklettert und stehen
X-beinig im Sand. Ihre Gesichter glühen.
»Papa kommt ja schon«, rufe ich etwas hilflos
angesichts meiner beiden Streuner. »Ich muss nur noch den Schirm aufbauen, dann
geht er los, der große Badespaß.«
Diesmal hält der Schirm. Ich lege ein paar
Badetücher darunter und schnappe mir die schreienden Kinder. »Ausziehen«, ordne
ich an. »Hose, T-Shirt, Windeln aus. Eincremen, und dann ab ins Wasser.«
Luna und Sophie scheinen das Meer nicht weiter zu
beachten. Dabei haben sie es beim Babyschwimmen in Köln absolut toll gefunden,
wenn wir im Becken im Kreise gehüpft sind und dabei »Wir sind Quack der Frosch
und gehen jetzt nach Haus« gesungen haben. Als einziger Vater unter sehr agilen
Müttern war ich kaum hinterhergekommen und durch den dabei entstandenen
subaquatischen Strudel mehrfach ins Straucheln geraten.
Und heute? Sie haben im Hort gegessen,
geschlafen, sie wurden von Maria und Josef 1 und 2 bespielt und bespaßt. Sie
dürfen nun im wunderbar warmen Meer planschen oder im Sand Burgen bauen. Ich
verlange ja nicht einmal, dass sie es toll finden, aber dulden, ja, dulden
sollten sie es schon. Das ist meine Mindestanforderung: DULDUNG DES MEERES OHNE MASSIVE BESCHWERDEN . Alles andere ist grotesk,
niederschmetternd, undankbar.
Keinen Sandwurf entfernt spielen die kleinen
Kinder der Andalusier, still, vergnügt und neugierig. Sophie hingegen hat einen
Kampf aufgenommen, den sie nur verlieren kann. Sie versucht jedes Sandkorn
wegzuwischen, das auf ihrem Körper landet. Luna hat sich etwas beruhigt und will
nun unbedingt ins Wasser.
»Gut«, sage ich. »Moment, Papa macht nur noch
schnell den alten Zaubertrick mit dem Badetuch und zieht sich die Badehose
an.«
Normalerweise geht der Trick so:
1. Ich stelle mich hin.
2. Ich wickele mir ein ausreichend
großes Badetuch um die Hüften und verknote es.
3. Ich ziehe die Jeans unter dem Tuch
aus und hole sie hervor.
4. Ich ziehe die Badehose
unter dem Tuch an.
5. Ich knote das Badetuch
auf.
6. Ich bin strandfein.
Normalerweise. Aber nicht heute. Heute geht er
so:
1.
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