Papa ante Palma
mediterrane Sträucher mit den delikatesten Früchten gewachsen sind. Sie sind mit groben Natursteinen eingefasst, und gleich daneben führt ein kleiner Kiesweg zur Baum- und Strauchfraktion im hinteren Teil des Gartens.
»Schaut mal her, Kinder, hier sind sogar tolle Bäume. Da hängen wir erst mal ein paar Hängematten dran zum Kuscheln, oder wir bauen gleich ein Baumhaus«, schlage ich vor.
»Jaaa, Baumhaus«, rufen die Zwillinge unisono.
Dann entdecke ich die kleinen grünen Früchte, die überall an den Bäumen hängen.
»Son naranjas!« , ruft Marta vom Hof herüber. Sie hat wohl bemerkt, dass ich den Baum inspiziere.
»Orangen! Ich werd verrückt. Wir können künftig Frühstückssaft aus unseren eigenen, frisch gepressten Orangen trinken. Das ist ja zu schön, um wahr zu sein. Gefällt es euch hier?«, frage ich die Zwillinge.
Die Kinder nicken.
»Was sind das alles noch für Räume?«, erkundigt sich Lucia und zeigt auf die Seitenflügel des Gebäudes.
Marta winkt ab. »Der ganze obere Westflügel war Rosas Atelier, in dem sie auch Klavierunterricht gegeben hat. Da kommt man aber nur von der Straße rein. Unten sind noch ein paar Abstellräume und Garagen, außerdem ein offener Schuppen und ein Raum für die Waschmaschine. Sie sind alle vom Innenhof aus zugänglich.«
»Das ist ein wenig verwirrend. Also, sämtliche Teile, die ich hier sehe, gehören zum Haus, aber nicht alle sind für uns zugänglich«, stellt Lucia klar.
»Stimmt«, sagt Montserrat.
»Vielleicht gehen wir wieder hinein«, bietet Marta an. »Es fehlen noch einige Räume. Das Wohnzimmer ist gleich da vorne. Es geht ebenfalls vom Flur ab.«
Auf dem Weg in den Raum tippt mir Magdalena auf die Schulter. » Son muy guapas vuestras niñas , eure Mädchen sind sehr hübsch«, sagt sie und lächelt milde.
Sie ist großgewachsen und schlank. Ihre wachen Augen liegen inmitten eines Geflechtes kleiner Lachfalten, und ihre Stimme hat etwas derart Erholsames, dass ich sie auf Anhieb ins Herz schließe.
»Kommt zu uns nach Alaró, ihr passt hierher. Hier kennt und vertraut man sich. Außerdem ist Alaró für mich das schönste Dorf auf der Insel«, fügt sie noch hinzu, und aus ihrem Mund klingt weder das eine anbiedernd noch das andere großspurig.
Im Eingangsbereich öffnet Marta die letzte der Doppeltüren im Erdgeschoss und betritt den Raum, in dem es stockfinster ist. Vorsichtig tapsen wir hinterher.
»Der Lichtschalter muss hier irgendwo sein«, murmelt sie. »Ahhh, da ist er ja.«
Es macht klick, und Lucia lacht laut los. Vermutlich wegen des Deckenleuchters. Er sieht aus wie die Eierstöcke einer Amphibienart vom Mars. Zudem taucht er den völlig zugestellten Raum in ein kräftiges Seekrankgrün und verwandelt uns in augenlose Untote. Ein Ohrensessel, ein runder Tisch, mehrere Vitrinen, ein kniehoher Porzellan-Dalmatiner, noch mehr Bilder mit Jesus, Obst oder Lasttieren darauf, dazu ein offener Kamin a. D., ein brummender Entfeuchter und vieles mehr.
»Das ist der Raum, in dem sich Rosa am meisten aufgehalten hat«, flicht Marta ein.
Ein bisschen fühle ich mich wie auf einer Museumstour, etwa damals im Schloss Schönbrunn, als ich mir die muffigen Lieblingsräume von Kaiserin Sissi ansehen musste.
»Der Tisch hier ist ganz typisch für Mallorca«, erklärt Marta. »Den Winter über saß man mit einer Decke über dem Schoß hier um den Tisch und ließ sich zusätzlich von dem kleinen Elektroofen hier wärmen«, Marta hebt die Tischdecke an und zeigt auf das kleine Gerät, das unter dem Tisch steht.
Aller Voraussicht nach werden wir bald in diesen Räumen wohnen, denke ich. Was sollen wir dann bloß mit dem ganzen Plunder machen? Schließlich steht in Palma beinahe ein ganzer Hausstand.
»Ui«, rutscht es mir absichtlich raus.
»Si?« , fragt Marta sofort.
»Nun, ich wollte nur noch mal eines sicherstellen … also, wir suchen eigentlich etwas Unmöbliertes. Wir haben sehr viele Sachen aus Deutschland mitgebracht.«
»Sin muebles?« Martas Miene friert schlagartig ein.
»Ja, ich hatte das am Telefon mit Aina besprochen«, schaltet sich Lucia ein.
»Tatsächlich?« Marta straft ihre Schwester mit einem kurzen Blick ab. »Da hat es wohl ein kleines Missverständnis gegeben«, räumt sie ein. »Aber das ist alles kein Problem, das Haus hat genug Stauraum. Ihr sagt uns einfach, was raus soll, und wir räumen es dann dort rein.«
»Alles?«, sage ich zögerlich und füge schnell hinzu: »Ich meine, wir können alles, was
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