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Papa ante Palma

Papa ante Palma

Titel: Papa ante Palma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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wir werden die Tür sofort zumauern lassen.«
    Verdutzt blicke ich zu Lucia hinüber. »Warum, um Himmels willen?« Ich verstehe es nicht.
    »Wie sollen denn die Sachen auf den Speicher gebracht werden, wenn der Zugang zugemauert ist?«, nimmt Lucia nur eine der unzähligen Fragen vorweg, die mir durch den Kopf gehen.
    » Puuuess , es gibt noch einen anderen Zugang zum Speicher. Von dort könnte man über den Speicher auch zu dieser Tür und damit in eure Wohnung gelangen«, antwortet Montserrat.
    »Aber zu dem anderen Eingang habt doch sicher nur ihr Zutritt?«, bohre ich nach.
    »Si« , sagt Marta und schaut verstohlen Montserrat an.
    »Nun, dann ist es doch egal. Ihr braucht nichts zu mauern. Es ist okay.«
    »No, no« , beharrt Marta unbeeindruckt. »Wir lassen mauern.«
    Lucia wirkt verunsichert. »Würde es euch denn reichen, wenn wir einen Schrank davor stellen?«
    »Ja … das wäre auch in Ordnung«, willigt Marta zögerlich ein.
    Für einige Sekunden fühle ich mich wie in einem Hörspiel mit den Drei Fragezeichen, etwa Der Geheimgang oder Speicher des Grauens . Was ist hier los?
    »Nun denn, nehmt euch ruhig einen Tag Bedenkzeit, und am Montag kommt ihr wieder und unterschreibt den Vertrag«, schlägt Marta vor.
    » Vale , ist gut«, sage ich, als wir geschlossen in Richtung Treppenabgang gehen.
    Die Entscheidung fällt uns leicht. Die mysteriöse Tür ist schnell vergessen, und die Vorfreude auf ein großes, charmantes, kühles und spartanisches, wenn auch ein wenig schräges Haus überwiegt. Natürlich müssten wir erst mal entrümpeln und Hand anlegen, aber die Arbeit würde sich lohnen. Da sind wir uns ganz sicher.
    Nur sechsunddreißig Stunden später sitzen wir wieder mit Marta und Montserrat an dem großen Tisch im Esszimmer. Die Frauen haben den Mietvertrag, gerade mal eine halbe Seite lang, handschriftlich aufgesetzt. Daneben ein Füller. Ein echter Pelikan.
    »Eine Unterschrift noch, dann seid ihr Alaróner«, witzelt Marta. »Wir sind froh, dass ihr euch für das Haus entschieden habt.«
    »Ja, wir auch«, sagt Lucia und unterschreibt. Ihre Augen glänzen. Sie ist glücklich.
    Wieder folgt eine ausgiebige Küss- und Umarmorgie. Montserrat verdrückt gar ein paar Tränen.
    »Jetzt, da wir die Formalitäten geklärt haben, wollt ihr sicher noch mal allein durch die Zimmer gehen«, mutmaßt Marta.
    »Si.« Lucia klatscht in die Hände.
    Eigenartigerweise wirkt das Haus diesmal viel kleiner. Wie ein maßstabsgetreues Modell des Hauses, das wir beim ersten Mal gesehen haben. In Lucias Gesicht lese ich, dass sie das Gleiche denkt, während wir die Treppe in den ersten Stock hochgehen. Egal, es ist immer noch groß genug. Als wir den Lichtschalter in dem Durchgangsraum betätigen, sehen wir es sofort. Die dritte Tür ist verschwunden. Zugemauert und verputzt, als hätte sie nie existiert.
    »Boah«, platzt es heiser aus mir heraus, »die haben doch tatsächlich die Tür zugemauert.«
    »Tatsache!« Auch Lucia ist baff.
    »Wenn die einen spanischen Maurer dazu bringen, binnen weniger Stunden, noch dazu an einem Wochenende, eine Tür zuzumauern, dann müssen sie es aber wirklich eilig gehabt haben«, wundere ich mich, während ein paar Meter unter uns auf einem Blatt Papier die Tinte trocknet, die uns an dieses seltsame Haus bindet.

Zehn
    Ich bin in unserer Wohnung in Palma gerade
damit beschäftigt, die ersten Dinge für den Umzug vorzubereiten, als das Telefon
klingelt.
    Es ist Jochen. Jochen aus Wolfsburg. Also
ursprünglich Bonner, aber Studium und Beruf haben ihn nach Niedersachsen
verschlagen. Wir telefonieren ein-, zweimal im Monat länger, um uns gegenseitig
auf den neusten Stand zu bringen. Ein Mallorca-Deutschland-Abgleich
sozusagen.
    Jochen ist der Schlagzeuger meiner alten
Iron-Maiden-Coverband, mit der wir als Schüler die Vororte von Bonn bestraften.
Keiner konnte damals den Stick schneller zwischen den Fingern rotieren lassen
als Jochen. Wir nannten ihn immer nur den Drumstick-Spinner, und er hatte Haare
bis zum Hintern. Er nahm sogar heimlich irgendwelche Präparate, damit sie noch
schneller wuchsen, und kaufte sich die Jeans immer eine bis zwei Nummern zu
klein. Auch seine Kutte war perfekt gestylt. Die Knöpfe ersetzte er durch
Kronkorken, und den großen Rückenaufkleber, den Backpatch, nähte er
millimetergenau auf die Schultermitte. » MENOWAR «
stand da drauf, denn die Typen hatten die besten Hymnen und die dicksten Muckis.
Wir mussten die Kutte sogar taufen, indem wir ihm Bier

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