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Papa ante Palma

Papa ante Palma

Titel: Papa ante Palma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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angrenzenden casas del pueblo .
    Ich gehe vom Gas. Während wir im Schritttempo an der Haustür vorbeirollen, recken wir die Hälse und versuchen einen Blick ins Innere zu erhaschen. Tatsächlich, die Tür steht offen, und ein langer, dunkler Gang ist zu erkennen, an dessen Ende sich eine große, offene Flügeltür befindet. Diese umrahmt wie ein dunkles Passepartout eine bunte, heitere Szene. Vier ältere Frauen stehen in einem Innenhof, dem typischen spanischen patio , um einen alten Brunnen herum und lachen. Hinter ihnen führt eine kurze Treppe hinauf zu einer terrassierten Gartenfläche mit Zitrusbäumen, Bougainvilleen und Margeritensträuchern, die farbenfroh das obere Drittel des Bildes ausfüllen.
    »Bist du sicher, dass es hier ist?«, frage ich Lucia. »Vier lachende Frauen in einem wundervollen Garten. Wo gibt’s denn so was? Und das Haus scheint riesig zu sein«, frohlocke ich.
    »Wahnsinn.« Lucia ist platt. »Dann lassen wir die Kinder am Morgen einfach in den Garten raus, und zum Essen holen wir sie wieder rein.«
    »Who let the twins out, uh, uh, uh, uh, uh«, singe ich und klopfe rhythmisch aufs Lenkrad. Die Stimmung im Wagen ist auf dem Siedepunkt. Endlich haben wir auch mal Glück. Jetzt müssen wir nur noch einen Parkplatz finden. Vor dem Haus können wir nicht stehen bleiben, denn dann kommt keiner mehr durch. Ein wenig ratlos treiben wir im ersten Gang durch das Sträßchen bis zu einer Gabelung, wo etwas mehr Platz ist. Ich stelle den Kastenwagen ganz dicht an die Häuserwand. So müsste es gehen, überlege ich und drehe den Zündschlüssel.
    »Kinder, wir sind da«, rufe ich und öffne die hintere Schiebetür.
    Die Zwillinge hängen verschwitzt und müde in ihren Kindersitzen. Es sind gut und gerne fünfunddreißig Grad im Schatten.
    »Wow! Das ist ja unglaublich kühl hier drin«, sagt Lucia, als sie von der aufgeheizten Betonschlucht auf der Straße in den dunklen Hauseingang tritt, die Kinder an den Händen.
    »Tatsache«, sage ich und gehe ihr hinterher.
    Drinnen riecht es ein bisschen nach alter Frau. Den Geruch kenn ich in- und auswendig, vom Zivildienst. Meine Augen brauchen ungewöhnlich lange, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. »Mann, hier ist es so dunkel wie in einer Gruft«, sage ich.
    »Du hast ja auch noch die Sonnenbrille auf«, amüsiert sich Lucia über mich.
    »Das erklärt einiges«, murmele ich und nehme die Brille ab.
    Nun erst kann ich die Ausmaße des Eingangs richtig erkennen. Das Entree ist sicher vier Meter breit und mindestens so hoch, und bis zu der Flügeltür, die in den Innenhof führt, sind es an die zwanzig Meter. Der Boden ist mit grauen Granitplatten ausgelegt, die ein wenig an Grabsteine erinnern. Eine Treppe aus demselben Stein führt kerzengerade nach oben, wo an den Wänden stellenweise der Kalkputz abgeblättert ist. Schwere Holztruhen und Schaukelstühle mit geflochtenen Sitzflächen säumen den Gang, an dessen Wänden wuchtige Spiegel und eine Vielzahl von naiven Ölgemälden hängen, auf denen ich Obst, Jesus und einfache Lasttiere erkennen kann – jeweils in unterschiedlichen Kombinationen. Auf und zwischen den Truhen stehen ganze Kohorten von Porzellanfiguren und diese gehämmerten Messingtöpfe, die man hier überall sieht. Zwei weitere verschlossene Türen gehen von dem riesigen Flur ab.
    » Ah, ya estais , da seid ihr ja schon.«
    Als uns die gutgelaunten Frauen im Innenhof bemerken, formieren sie sich zu einer Polonaise und tanzen uns entgegen. Die kleine rothaarige Anführerin schaltet bei der Gelegenheit gleich noch das Licht an. In der Mitte des Flures kommt der Frauenzug schließlich zum Stehen und fächert sich auf. Die vier breiten synchron die Arme aus. Das alles wirkt wie einstudiert, so wie früher bei diesem grauenhaften Fernsehballett in der großen Samstagabendshow.
    »Herzlich willkommen in unserer Familie«, maunzt die Rothaarige. »Ich bin Marta, und das hier sind Aina, Magdalena und Montserrat. Wir vier sind Schwestern.«
    Die vier Damen machen zeitgleich einen Schritt nach vorne und umarmen uns. Es geht genau auf. Jeder von uns bekommt eine ab. Alle umarmen und küssen alle. Im Begrüßen sind die Spanier weltspitze.
    » Si … Wir freuen uns auch, aber wir würden uns das Haus vorher schon gerne noch kurz ansehen«, spreche ich in die Frisur von Montserrat, die mir gerade einen feuchten Schmatzer auf die Backe gibt.«
    »Aber natürlich«, sagt Marta und lächelt. »Kommt nur, ihr Lieben, wir zeigen euch gerne

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