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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Gesicht bekam, aber die denkwürdigste, da sie in der Zeitung meines Vaters stand. Ich weiß nicht, ob er die Schlagzeile oder die Story vor Drucklegung gesehen hat. Es war keine der Storys, auf die man ihn üblicherweise aufmerksam machte, doch sollte seiner Chefredakteurin mein Name aufgefallen sein, hatte sie ihn bestimmt zuvor aufgesucht, um seine Druckfreigabe einzuholen.
    Yardley Acheman hatte mir den Artikel gezeigt. Am Morgen nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus ging ich ins Büro, und er sagte: »Meinen Glückwunsch, Jack, du stehst in der Zeitung.«
    »Ich weiß.«
    Ich ging zum Fenster, um mich hinzusetzen. Ich hatte Yardley Acheman satt und hatte es satt, in diesem Büro herumzuhängen und darauf zu warten, dass mein Bruder fertig wurde mit dem, was er da tat. Ich dachte, wenn ich schon für eine Zeitung arbeiten muss, würde ich lieber wieder einen Lieferwagen fahren.
    »Nicht nur in der
St. Augustine
«, sagte er, lächelte mir zu und griff dann nach der
Moat County Tribune
.
    »Altbewährtes Heilmittel«, sagte er und reichte mir die Zeitung.
    Ich ging zu ihm, nahm ihm die Zeitung aus der Hand und drehte mich zu meinem Bruder um, der an diesem Morgen auf seinem Schreibtisch und auf dem Boden daneben die gesamte Prozessmitschrift ausgebreitet hatte, als ob er die Seiten trocknen wollte, und ich starrte ihn an, bis er zu mir aufsah.
    »Warum tut er mir das an?« fragte ich und meinte den alten Herrn.
    »So ist das nun mal im Zeitungsgeschäft«, sagte Yardley Acheman hinter mir. Mein Bruder blinzelte, immer noch irgendwo in der Mitschrift von Hillary Van Wetters Prozess verloren, und beim nächsten Wort, das Yardley Acheman sagte – ich weiß nicht mehr, was es war, nur noch, dass er offenbar glaubte, sich in die privaten Angelegenheiten meiner Familie einmischen zu können –, drehte ich mich um und schleuderte ihm die Zeitung ins Gesicht.
    Er sprang auf, kam wütend um den Tisch herum und hielt mir seinen Zeigefinger vors Gesicht, ein kleiner Tropfen weißer Spucke hing ihm an den Lippen. Ich weiß noch, wie ein Ausdruck des Erstaunens über sein Gesicht zog, als ich seinen Finger beiseiteschob, durch sein Haar fuhr und ihn am Hals packte. Er hatte überhaupt keine Kraft. Und dann hatte ich ihn im Schwitzkasten am Boden und drückte seinen Hals zu, bis kein Laut mehr daraus hervordrang. Erst jetzt merkte ich, dass Ward sich über mich beugte, völlig ruhig, und mir sagte, ich solle ihn loslassen.
    »Jack«, sagte er, »hör auf, du versaust noch alles.«
    »Ist sowieso schon alles versaut«, sagte ich und weinte.
    Er sagte: »Ich meine die Seiten hier« und wandte sich von mir ab, um mich daran zu erinnern, dass er sie über den Boden ausgebreitet hatte. Einen Augenblick später ließ ich Yardley Achemans Hals los, hörte ein Knacken, das von seinem Hals oder meinem Arm kam, lehnte mich an die Wand und schnappte nach Luft.
    Yardley Acheman stand auf. Seine Ohren waren knallrot, und die Haut über den Augenbrauen war an einer Stelle aufgeschabt. Er zitterte. »Du bist ja völlig irre«, sagte er. Dann schaute er meinen Bruder an. »Ich will, dass er verschwindet.«
    Ward gab keine Antwort.
    »Der Typ ist eine Zeitbombe«, sagte Yardley Acheman. »Beim nächsten Mal schneit der hier mit einer Schrotflinte rein.«
    Mein Bruder musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Er ist jetzt wieder okay«, sagte er ruhig.
    »Entweder er oder ich!«
    Mein Bruder ging zurück an seinen Tisch und vertiefte sich wieder in die Prozessmitschrift. Ich dachte an das, was Yardley gesagt hatte, dachte, dass er sich wahrscheinlich irrte, was die Schrotflinte betraf, dachte dann an meinen Vater und fragte mich, ob er den Artikel vor Drucklegung gelesen hatte, und gestand mir ein, dass ich ihn das niemals fragen würde. Ich wollte mir keinen Vortrag über den Preis anhören müssen, den wir für die Freiheit der Presse zu zahlen haben.
    »Hast du mitgekriegt, was ich gesagt habe, Ward?« Yardley saß jetzt wieder hinter seinem Tisch, hatte sich beruhigt und rieb sich die Ohren. Die aufgescheuerte Stelle an seiner Stirn war nun deutlich zu sehen, sie war geschwollen und an den Rändern hellblau angelaufen. »Ich will ihn hier nicht mehr haben, kapiert?«
    Mein Bruder gab keine Anzeichen, dass er kapiert hatte.
    Ich schaute aus dem Fenster, sah zu, wie Charlotte ihren Lieferwagen parkte und über die Straße zum Büro kam. Sie trug einen gelben Rock, und ihr Hintern schmiegte sich an den Stoff wie etwas, das man in einen weichen

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