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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Eigenschaften, und ein vielleicht unbewußt ausgedachtes Portmanteau-Element, etwas zwischen »poppen« und »dämpfen«, wodurch es viel leichter zu erfinden und zu verstehen ist als beispielsweise »obscene« oder »strenuous«. Natürlich stimmt es auch, daß das Wort »Plopschutz« bereits existierte, wodurch der Neologismus, sosehr er einem gefällt, eigentlich überflüssig wird. All das beweist nur, wie schwer es ist, neue Worte zu kreieren.
    Eine alte Anekdote erzählt von einem irischen Theaterintendanten des 18. Jahrhunderts namens Daly, der eineWette darauf einging, er könne binnen vierundzwanzig Stunden ein brandneues Wort in die Sprache einführen. Den nächsten Tag und die nächste Nacht soll er damit verbracht haben, an jede Wand und jedes Gebäude Dublins ein Wort mit vier Buchstaben zu pinseln. Das Wort war in aller Munde, alle fragten sich, was es bedeuten könne, und die Wette war gewonnen. Das Wort lautete »Quiz« und meinte zunächst ein neckisches Problem oder einen Fimmel, »Wo liegt da das Quiz?« Dann wurde es zum Substantiv für eine nachhakende Person und zum Verb mit der Bedeutung, jemanden auf den Arm zu nehmen oder neckisch zu prüfen, oft mittels eines Monokels, das damals »quizzing-glass« hieß. Heute bedeutet es natürlich eine Spielshow. Als Schote ist das Ganze sehr hübsch, aber ich glaube, die meisten Leute sind doch eher der Auffassung, daß »Quiz« ursprünglich eine Zusammenziehung von »inquisition« war.
    Wir müssen uns damit abfinden, daß die anfängliche Explosion des Englischen der Vergangenheit angehört. In jüngerer Zeit haben wir eher aus anderen Gesellschaften neue Wörter aufgenommen, indische, amerikanische, australische und solche aus unseren Sub- oder Regionalkulturen, aber das waren eher volkstümliche oder Fachbegriffe; Schriftsteller, Lyriker und Kommentatoren haben nicht dazu beigetragen, sie haben sich entschieden, mit dem Reservoir der bereits vorhandenen Wortfülle auszukommen. Wenn heute ein Dramatiker auf den Gedanken käme, wie Shakespeare Aberhunderte von neuen Wörtern zu erfinden, dann würde man ihn einfach schnorteln, er würde vergrenzt und unbeglimpft.
    Eine Klaviatur hat vielleicht nur achtundachtzig Tasten, aber dennoch werden tagtäglich neue Harmonien und Melodien entdeckt. Die Tragödie unserer Sprache besteht darin, daß wir trotz einer Million möglicher Tasten allzuoft nur mit derselben Phrase aufwarten, wieder und überdrüssigsteswieder, permanent dieselben alten stereotypen Wendungen aufwärmen.
    Ich schlage vor, einmal pro Jahr einen Frischphrasentag abzuhalten. Jeder Journalist, Schriftsteller, Kommentator oder Mensch der Öffentlichkeit, der eine Wendung benutzt, die nachweislich bereits vor ihm benutzt worden ist, muß eine Strafe zahlen, und der Erlös geht an die traurig geleerten Säckel des
Oxford English Dictionary
, dessen letztes rühmenswertes Projekt die schwarzen Zahlen erst noch erreichen muß. Am Frischphrasentag werden Mehrheiten enorm oder kolossal sein, aber es wird verboten, sie groß oder überwältigend werden zu lassen. Säckel werden nicht, wie oben, als »traurig geleert« und »Projekte« nicht als »letzte« oder »rühmenswerte« beschrieben werden, weder werden Behauptungen »jeglicher Grundlage entbehren«, noch wird irgendein Phänomen »vor dem Hintergrund« eines anderen stattfinden. Die neugeprägten Wendungen, die die üblichen Klischees ersetzen sollen, werden dem der Ernte beraubten (oder abgedroschenen) Acker der Sprache ein Jahr lang neues Saatgut liefern, bis zum nächsten Frischphrasentag.
    Das sollte uns ermutigen, auch auf neue Weise zu
denken
. Gestern habe ich mich selbst angewidert, als ein Kind sich mich auf der Straße vorknöpfte, das mich mit dem bekannten Ruf »Einen Penny für Guy Fawkes« anhielt. Statt ihm fünfzig Pence in die Hand zu drücken, was es mit seinem »Penny« wohl eher gemeint hatte, gestattete ich mir einen Blick auf den kläglichen, halb ausgestopften Kissenbezug, auf den mit schlechtem Filzstift ein Mondgesicht gekritzelt worden war, und sagte: »Das nennst du Guy Fawkes? Also zu meiner Zeit …«, genau die ranzige, öde, altkluge Salbaderei, mit der man ein Kind unter Garantie auf die Palme bringt, genau die Bemerkung, von der man sich in der eigenen Jugend geschworen hatte, sie nie überdie Lippen kommen zu lassen, und da stand ich nun, und sie plumpste mir von den Lippen.
    Hätten wir Frischphrasentag gehabt, hätte das Kind mir eine Strafgebühr

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