Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
abverlangen können, so verpaßte es mir nur eins aufs Maul.

Hört auf Volkes Stimme
     
    Ich war auf der Straße, um repräsentative Mitglieder der britischen Öffentlichkeit nach ihrer Ansicht zur Lage im Mittleren Osten zu befragen. Die Ergebnisse waren aufschlußreich, wenn nicht interessant.
    »Was fühlen Sie angesichts der Golfkrise?« fragte ich einen Gentleman in der Turnpike Lane.
    »Also, selbstverständlich«, sagte er, »war ich begeistert, als ich gesehen habe, daß Sandy Lyles Swing wieder stimmt. Bleibt bloß zu hoffen, daß sie die Faxen wegen der Auswahl für den Ryder Cup bis zur nächsten Saison geklärt haben.«
    Ich ging weiter zur Duke Street, St James, und wartete vor Green’s Oysterium, um die Meinungen der Mächtigen zu erhaschen. Ein führender Kopf des Geheimdiensts hatte Ansichten vorzubringen, die zu überhören tollkühn wäre.
    »Der Krieg als solcher«, sagte er, »ist im Moment unumgänglich. Sie können doch nicht im Ernst erwarten, daß Präsident Bush einige Milliarden aus dem Fenster wirft, eine kolossale Streitmacht in den Mittleren Osten schickt, ein paar Monate abwartet und sie dann einfach wieder nach Hause holt, ohne daß die wichtigste Forderung, der bedingungslose Rückzug des Irak aus den von der UNO festgelegten kuwaitischen Gebieten, erfüllt worden ist. Daher muß man davon ausgehen, daß der Verlust von Hundertenund Tausenden junger Menschenleben zu beklagen sein wird. Der Wüstensand, um Newbolt zu paraphrasieren, wird blutgetränkt sein.«
    »Gibt es keine andere Lösung?« fragte ich.
    »Doch, eine«, erwiderte er, begleitet von einem Schluckauf, in dem ich eine Mischung aus Rossmore-Austern, Tabasco und – überraschenderweise – neuseeländischem Chardonnay ausmachen konnte. »Ich habe eine radikale Lösung, bei der nur ein einziges Leben ausgelöscht wird. Nur ein einziges Leben.«
    »Aha«, sagte ich, »Sie beziehen sich darauf, Saddam Hussein ›unschädlich zu machen‹.«
    »Mitnichtesten. Das meines Erachtens einzige Ereignis, das den Krieg beenden könnte, ist die unverzügliche Terminierung der Existenz von George Bush.«
    Ich hob die Hand, um einen Einwurf zu machen, doch der distinguierte Agentenführer schien nicht gewillt, sich unterbrechen zu lassen.
    »Lassen Sie mich ausreden, bevor Sie annehmen, ich sei völlig übergeschnappt«, sagte er. »Ich rede hier ganz hypothetisch. Stellen Sie sich bitte, wenn Sie so gut sein wollen, nur einen Augenblick lang vor, welche Auswirkungen es auf die amerikanische Moral hätte, wenn man dort annehmen müßte, der führende Kopf hinter den militärischen Aktionen im Mittleren Osten sei der von Dan Quayle.«
    Mir klappte der Unterkiefer weg.
    »Genau. Dan Quayle als Oberbefehlshaber, Dan Quayle bei täglichen Pressekonferenzen im Weißen Haus, Dan Quayle in Unterredungen mit britischen, syrischen, französischen, italienischen und Saudigenerälen, alles seine Verbündeten, Dan Quayle beim Versuch, den Ehrgeiz seiner eigenen Generäle zu beschwichtigen, Dan Quayle bei der Verkündigung einer allgemeinen Wehrpflicht – derselbe Dan Quayle, dessen Familie all ihre Beziehungenspielen ließ, um ihn aus Vietnam herauszuhalten, als er selbst eingezogen werden sollte. Die Vorstellung ist absurd, aber das plötzliche Verscheiden von George Bush würde sie zur nackten Wahrheit werden lassen. Denken Sie darüber nach.«
    »Ziehen Sie ernsthaft in Erwägung, ein gewähltes Staatsoberhaupt ermorden zu lassen, um …?« begann ich.
    »Für Ethik bin ich nicht zuständig, mein Bereich ist der von Logistik und Eventualitäten, guten Tag.«
    Ein vom Zufall gelenkter Nadelstich auf der Landkarte machte Old Aversham zu meinem nächsten Anlaufhafen. Einem schwülstig parlierenden Kumpelchen mit fleckiger Krawatte der Royal Electrical and Mechanical Engineers stand ein unerschöpflicher Brunnen militärischer Erfahrungen zu Gebote.
    »Haben Pläne gezeichnet, um Basislager in echt hartem Brocken von Wadi zwanzig Meilen vor Tobruk aufzubauen. Wachen am nächsten Morgen auf, ist das Wadi futsch. Sandsturm, vastehn Se, hat die Landschaft in vier Stunden total umgekrempelt. Dann hatt ich mal n Geordie zum Sergeant. Ich sag ihm, er soll die Männer rund um die Uhr arbeiten lassen, um eine Lage zu bereinigen. Da landet der gesamte Zug mit Entkräftung und Sonnenstich im Lazarett. Der Knallkopp hatte sie einen Vierundzwanzigstundenmarsch ohne Pause machen lassen. Kommunikation, klar? Für einen Geordie klingt
work
wie
walk
. Alptraum.

Weitere Kostenlose Bücher