Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)
der Franzosen erneut sämtliche Beobachter unserer politischen Szene vor den Kopf stoßen wird.
Das alles demonstriert bloß, daß wir uns um unsere Souveränität keine Sorgen zu machen brauchen, egal wessen Kopf auf unseren Münzen zu sehen ist und welche Bank den Leitzinssatz festlegt, solange wir nur Herr einer Sprache sind, die uns so eng zusammenschweißt und unsere nichtenglischen Nachbarn außen vor läßt. Wie zerstritten wir auch erscheinen mögen, der Klang unserer Politiker, die ein bildhaftes Englisch voller
Stumps
und
Wickets
und
Bouncers
und
Boundaries
benutzen, hat selbst in der Hitze verheerender Parteischlachten einen merkwürdig einigenden Effekt.
Inzwischen gerät unser Cricketteam, das in Australien unterwegs ist, in das Sperrfeuer der Presse des Gastlandes. Die ›Melbourne Age‹, eine angesehene Tageszeitung, dachte laut darüber nach, ob dies wohl die schlechteste Mannschaft sei, die je Australien besucht habe. Ich frage mich, ob Graham Gooch im Geiste großzügiger Gegenseitigkeit jetzt zu seiner Verteidigung die Sprache der Politik wählen wird. »Ich habe oft genug am Scheidewegbedeutender Ereignisse gestanden und bohrende Fragen der Opposition über mich ergehen lassen müssen«, könnte er sagen, »aber mir ist es immer wieder gelungen, den Dingen eine andere Richtung zu geben. Noch immer stehe ich an diesem Platz, und ich hoffe, daß ich dort noch eine ganze Weile stehen werde. Das hängt einzig und allein vom Auswahlkomitee ab, nicht von den Medien. Ich möchte Sie daran erinnern, daß die Wurfrate und die Ausbeute höher sind als in den Siebzigern. Natürlich tut es mir für Ian Botham leid, daß er jetzt zu den Hinterbänklern gehört, aber was die entscheidenden Fragen unserer Zeit betrifft, stimmen wir grundsätzlich völlig überein. Beide hatten wir das Glück, der Mannschaft anzugehören, die England Anfang der Achtziger ein großartiges und wundersames Comeback beschert hat, und es wäre Wahnsinn, diese von uns eingeführten Grundsätze geringfügiger Rückschläge wegen über Bord zu werfen.« Es könnte klappen.
Derweil poliert Michael Heseltine den Ball an seiner Hose und geht zu seinem Mal zurück, um zu werfen. Es muß sich erst erweisen, ob Mrs Thatcher noch einmal mit einem ganzen Inning Vorsprung gewinnt, oder ob sie in Zukunft dem Vorsprung nachläuft.
Welchen politischen Standpunkt man auch einnehmen mag, niemand kann bestreiten, daß dies Unterhaltung allererster Güte ist. Seit Jahren ist im Parlament nichts mehr geschehen, was auch nur halb so aufregend gewesen wäre wie die Ereignisse der letzten Woche. Drama, Taktik, gelegentliche Längen, Timing, Glück und Können, alle haben sie ihre Rolle gespielt. Ich halte es keineswegs mit den aufgeblasenen Wichtigtuern und ihrer Ansicht, das sei schlecht für das Land oder schlecht für unser Image. Der Gewinner, Brian, ist wie immer das großartige Spiel selbst.
Mein Leonardo
Neulich habe ich ein Portrait von Leonardo geschenkt bekommen. Obwohl ich mich starkem Druck ausgesetzt sah, habe ich der Versuchung widerstanden, das Werk auf dem freien Markt feilzubieten. Ich bin fest entschlossen, es in diesem Land, in privater Hand zu belassen. Meinen privaten Händen, um genau zu sein. Es wäre katastrophal, wenn dieses bedeutende Werk seinen Weg ins Getty-Museum oder den Sitzungssaal eines japanischen Konzernvorstands fände, deren beider Verschwendungssucht den Kunstmarkt weit über Schicklichkeit und Anstand hinaus aufgebläht haben. Ich versuche gerade, einen Freund, der einen entzückenden Raphael besitzt, davon zu überzeugen, es mir in dieser selbstlosen Vaterlandsliebe nachzutun. Das Portrait wurde übrigens nicht von Leonardo
gemalt
, der vielmehr als noch ziemlich junger Mann, genauer gesagt als Teenager
Modell
stand. Es zeigt ihn in typischer Haltung, das charakteristische blaue Tuch um den Kopf geschlungen, der Panzer bebend vor spitzbübischer Energie, der Bauch etwas vorgewölbt von Pizza, die grüne Haut geradezu glühend vor robuster Gesundheit. Von allen vier pubertierenden, morphollaktischen Ninjitsu-Cheloniae, oder Teenage Mutant Hero Turtles, als die sie selbst sich bevorzugt stilisieren, ist Leonardo mir der liebste.
Das Portrait wurde aus hellsmaragdgrünem Plastik modelliert und befindet sich auf der Außenseite eines schneeweißen Trinkgefäßes, was sich in der geschickten, kunstvollen Kombination zu einem so ansprechenden Nippes vereinigt, wie man zu besitzen nur hoffen kann. Neil hat ihn
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