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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Wort heraus, »nibble« (knabbern) zum Beispiel. Chambers hat folgendes zu sagen.
     
Nibble ,
v/t
langsam oder in kleinen Bissen abbeißen; wenig auf einmal essen –
v/i
herumnagen; sich mit etwas noch nicht abfinden können; etwas nicht akzeptieren – n der Akt des Knabberns; ein kleiner Bissen – nibbler ; nibbling. – adv. nibblingly [Ursprung ungewiß; vgl. niederdt.
nibbelen
, niederl.
knibbelen
.]
     
    Collins ist insgesamt viel ungezwungener, um nicht zu sagen kecker, was die ganze Sache angeht.
     
     
nibble, nibbles, nibbling, nibbled. 1. Wenn man etwas knabbert oder an etwas knabbert, 1.1 ißt man es langsam, indem man kleine Bissen davon zu sich nimmt, wenn man beispielsweise nicht besonders hungrig ist; z. B.
Knabber doch einfach ein Stück Brot … Beim Fernsehen knabberten wir Nüsse
; 1.2 beißt man sanft an etwas herum; z. B.
Sie beknabberte spielerisch mein Ohrläppchen
.
2. Wenn eine Maus oder ein anderes kleines Tier etwas knabbert, so beißt sie schnell und oft davon ab; z. B.
Sie knabbern gern den ganzen Tag lang am Käse … Es knabberte an einem sorgfältig ausgewählten Blatt
.
3. Ein Knabbern ist 3.1 die Handlung, etwas sacht oder schnell abzubeißen; z. B.
Nach kurzem Lecken und Knabbern hatte er genug
; 3.2 in der Umgangssprache eine kleine Mahlzeit, die man zwischendurch ißt oder wenn man nicht besonders hungrig ist. Bsp.
Hast du was zum Knabbern da?
     
     
    Nun, Collins übersieht die Möglichkeiten des Knabberns im weiteren Sinn, auf die Chambers eingeht, die Bedeutung der Akzeptanz oder des Noch-nicht-ganz-akzeptieren-Könnens einer Aufforderung, eine Piskatorialmetapher, soweit ich mich nicht irre, mit anderen Worten aus dem Tätigkeitsfeld des Fischens abgeleitet, aber im übrigen scheinen sie einer Meinung zu sein. Bloß was Collins mit »nach kurzem Lecken und Knabbern hatte er genug« meinen könnte, möchte ich lieber nicht raten müssen.
    Das verrät Ihnen einiges über den Stil des Werkes. Was ist mit seinem Inhalt? Wie modern ist es? Chambers kennt zwar das Wort »naff« im Sinne von »naff off« (verschwinde), aber Collins gibt ihm keine Bleibe. Collins dagegen hat einen Eintrag unter »street credibility«, der bei Chambers fehlt. Eine eigenartige Definition bei Collins. »Wenn man sagt, jemand habe
Street Credibility
oder
Street Cred
, heißt das, daß er von normalen Jugendlichen akzeptiert und als Bestandteil ihrer Kultur angesehen wird, meistens, weil er modern und trendbewußt ist, nicht altmodisch; ein in den 1980er Jahren populär gewordener, umgangssprachlicher Ausdruck.« Da hat man über allerlei politische Nuancen hinweggesehen. Aber vielleicht ist das verständlich. Erstaunlicher ist schon, daß Ausländern erlaubt wird, sich Wörter wie »blighter« (Bengel/Luder) frei zu bedienen, ohne daß darauf hingewiesen würde, daß solche Ausdrücke einen fröhlichen, aber durchaus keinen
Street-Cred -Beigeschmack
haben. Chambers ist so frei zuzugeben, daß Luder ein gewöhnlich eher spielerisch benutztes Wort ist, aber Collins nimmt es ernster. »Wenn man jemanden als ›blighter‹ bezeichnet, mag man ihn oder sie nicht besonders oder glaubt, er oder sie habe etwas angestellt.« Sehen Sie, so geht es nicht, man kann Worte nicht sammeln, präparieren und ausstopfen und sie wie Trophäen zur Schau stellen. Egal wie hübsch die Vitrine ist, ein aufeine Karte gespießter Schmetterling ist nun einmal etwas anderes als ein durch die Lüfte gaukelnder Schmetterling. Vielleicht wird das nächste
soi-disant
moderne Wörterbuch Reib-und-schnupper-Abschnitte haben, um beim Beigeschmack von Wörtern Hilfestellung zu leisten. Aber ich fürchte wirklich, daß in diesem Trimester ausländische Studenten in Cambridge ausrufen werden: »Fürwahr, halte ein, du Biest« und »Habt ihr Lumpen denn gar keine
Street Cred
im Leib, verflixt noch mal?« Ich hoffe es.
    Und nach Cambridge muß ich mich jetzt aufmachen. London behagt mir nicht. Ich kann nicht immerzu neue Radiogeräte in mein Auto einbauen lassen. Diebe werden sich woanders umsehen müssen. Meine Geduld hat Grenzen. Und der Produzent hat gerade eine Nachricht herradeln lassen (das Verb »bike«, fällt mir auf, fehlt in beiden hier unter die Lupe genommenen Wörterbüchern); die Nachricht bedeutet mir, daß ich schon genug geredet habe. Nun, bevor ich Ihnen allen meinen Schluß einzeln zuradeln lasse, nutze ich lieber die Geschwindigkeit der Ätherwellen, um zu sagen, wenn Sie haben, hat es mich überaus gefreut.

Trefusis

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