Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)
vielversprechend aus.
1980 kam erstmals jemand von der CIA auf mich zu, das weiß ich noch, da war ich im dritten Trimester, es war bei einem Treffen des Disciples Club, einer Eliteverbindung ultrarechter Studenten. Wir lasen reihum den anderen aus unseren Blättern vor: aus der ›Mail‹, dem ›Express‹, der ›Sun‹ – alles mögliche; einige der radikaleren Mitglieder konnten schließlich nicht lesen. Ich wurde jedenfalls von einem Don vom Peterhouse angesprochen, der schon einige Jahre lang für die Amerikaner arbeitete, und der fragte mich, ob ich bereit sei, für die CIA zu arbeiten. Ich stimmte freudig zu.
Ich habe aus meinen rechten Überzeugungen nie einen Hehl gemacht, und als ich nach meiner Cambridgezeit beim Auswärtigen Amt angenommen wurde, wußte man dort, glaube ich, ganz genau, wo meine Sympathien lagen. Vom ersten Tag an versorgte ich meine verschiedenen Kontaktleute in Washington mit Informationen. Ich habe mich nie als Verräter gesehen. Schließlich hatten die Amerikaner in zwei Weltkriegen an unserer Seite gefochten. Sie waren unsere Verbündeten gewesen. Wir waren ihnen das schuldig. Natürlich waren wir den Russen dasselbe schuldig, aber so sahen wir das damals nicht. Amerika war die große weiße Hoffnung des Kapitalismus, und daran glaubten wir. Indem ich proamerikanisch eingestellt war, glaubte ich, Britanniens ureigenste Interessen zu vertreten.
Im nachhinein ist natürlich leicht zu erkennen, wie total verblendet ich war, aber vergessen Sie nicht, daß wir erst in den frühen neunziger Jahren unsere Illusionen verloren, was Thatcher und Reagan anging, und erkannten, was wirklich hinter deren einladender Fassade lag. Aber da war es für die eigentlichen Geheimnisträger unter uns natürlich längst zu spät. Viele von uns bekleideten hochrangige Positionen zentraler Institutionen: Die BBC war von rechten Antiintellektuellen infiltriert, einer unserer Leute hatte jahrelang in der Personalabteilung gearbeitet. Fleet Street war von uns durchzogen und durchsetzt, und MI5 erst …
Sie arbeiteten daran, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß die Sowjetunion ein Reich des Bösen und Amerika ein treuer Freund sei. Man sollte glauben, wir hätten Probleme bekommen, die Invasion von Grenada wegzuerklären, die Stützung des Regimes in El Salvador, die Angriffe auf Nikaragua, und für einige von uns war das tatsächlich ein harter Brocken, aber trotzdem strömten uns die Leute nur so zu. Amerika pumpte Großbritannien mit kultureller Propaganda voll, müssen Sie wissen. UnsereSpitzel in den Medien trugen das Ihre dazu bei, die britische Öffentlichkeit zu überzeugen, daß es naiv sei, Nuklearwaffen loswerden zu wollen, wohingegen der Glaube, ihr Besitz garantiere irgendwie ewigen Schutz vor Zerstörung, nicht als naiv galt, und im großen und ganzen gelang ihnen das auch. Ironischerweise, wenn man sich die weitere Entwicklung anschaut. [1] Inzwischen sind sie natürlich alle tot, also können sie für die Geschehnisse nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden.
Ich war in Neuseeland, als alles hochging, angeblich fürs Auswärtige Amt, in Wirklichkeit versuchte ich im Auftrag der CIA eine grotesk naive, gegen Kernwaffen eingestellte Regierung zu destabilisieren, jedenfalls hab’ ich ziemlich Schwein gehabt. In tausend Jahren oder so, wenn man die nördliche Halbkugel wieder gefahrlos betreten kann, werden die Unterlagen jener Zeit noch unbeschädigt sein. Wie gesagt, wir glaubten wirklich, daß wir das Richtige taten. Und das ist es doch schließlich, was zählt, nicht wahr?
Dorothys Freunde
Kürzlich wurde mir die Ehre zuteil, mich an zwei ziemlich kolossalen und herzerfrischenden Ereignissen beteiligen zu dürfen, die beide aus dem einen oder anderen Grund von den erbärmlichen, über den Boden unseres Gemeinwesens hüpfenden Dumpfdrosseln, will sagen von der Presse, gar nicht oder aber von oben herab behandelt wurden.
Das erste war eine einigermaßen gigantische Bühnenshow im Piccadilly Theatre, die die fiesen kleinen Fatzkes dem Spott preisgab, die hinter dem berüchtigten Abschnitt(vormals Paragraph) 28 stehen. Der ›Standard‹ – dies für all jene, die das Glück haben, außerhalb Londons zu wohnen – betreibt bekanntlich genausoviel absurdeste Propaganda, wie er sich gerade noch leisten kann, um den Schein zu wahren und nicht doch offen als Parteiblättchen der Torys erscheinen zu müssen. Und für das Stück Gesetzgebung, um das es hier geht, trägt er ein
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