Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
Galaveranstaltungen. Die Darbietungen seien »Trivialisierungen« von »Angelegenheiten, deren Komplexität den geistigen Horizont von Popsängern übersteigt«. Welcher Art diese Komplexitäten sind und inwiefern sie den Horizont eines ›Times‹-Leitartiklers nicht übersteigen, dessen Höchstleistung schließlich in der Erkenntnis besteht, daß die »britische Rundfunklandschaft sich öffnen« muß, das werden wir wohl nie erfahren.
    Glücklicherweise wird die Geschichte diese banausischen und irrelevanten Zecken vergessen, aber erst, wenn weitere Tausende in Südafrika schreiend gestorben sein werden, unter einem Premierminister, der mit der Freiheit so gut befreundet ist wie Margaret Thatcher mit Dorothy.
    Und für jene unter Ihnen, die nicht wissen, was ein Freund von Dorothy ist: Fragen Sie einen Polizisten oder jeden fünften Tory im Unterhaus.

Thatcher im Fernsehen
     
    Margaret Thatcher – geben Sie’s zu, es gibt keine zwei Wörter, mit denen man einen Satz besser anfangen kann, ihre Macht, den Leser in den Bann zu ziehen, ist einzigartig – demonstriert ein unheimliches menschliches Paradox, das die hoffnungslos chiastische Symmetrie diametraler Gegensätze aufs charmanteste illustriert. Im Fall von M. H. Thatcher betont die rechte Presse nämlich zu ihrer Verteidigung und zur Mehrung ihres Ruhms immer wieder den Umstand, daß sie ihrer Meinung nach der am meisten verabscheute und verunglimpfte Politiker menschlichen Angedenkens ist, und dies allein, sagt man, beweise ihren Wert und ihre Bedeutung. Die linke Presse oder jedenfalls das, was davon noch übrig ist, macht genausoviel Aufhebens darum, daß sie die am meisten gepriesene und vergötterte Führungsgestalt moderner Zeiten sei, eine Tatsache, davon ist man überzeugt, die das Böse in ihr nur verdeutliche. Beide Seiten wollen die überragende Bedeutung dieser Frau betonen, indem sie auf die übertriebene Reaktion der anderen Seite verweisen: in dem einen Fall ihre Bedeutung als Kraft des Guten, im anderen als Kraft des Schlechten.
    Meine eigene Einschätzung der lackierten Kitschfigur, die unseren Staat regiert, möchte ich Ihnen nicht aufbürden. Über Lady Bracknell bemerkt Jack in Wildes
The Importance of Being Earnest
einmal: »Sie ist ein Monster, ohne ein Mythos zu sein, was eigentlich nicht gerecht ist.«Unsere Premierministerin ist wahrscheinlich ein Mythos, ohne ein Monster zu sein, was noch viel ungerechter ist. Wahrscheinlich ist sie auf dem Gesellschafts- wie dem Privatparkett eine so charmante Person, wie man sie sich nur wünschen kann, aber der Mythos ist über die Maßen monströs. Wenn es bloß umgekehrt wäre.
    Das auf jeden Fall
hätte
ich gesagt, bis ich eine ziemlich verstörende Geschichte über sie zu hören bekam, die inzwischen von anderen Quellen bestätigt wurde. Sie ereignete sich, als zu Beginn ihrer Amtszeit ein Kamerateam vorbeikam, um ein Interview mit ihr aufzuzeichnen. Ein Interview mit einem Menschen ihres Ranges wird von Produktionsteams als »Auftrag mit 1a-Priorität« eingestuft. Bei solchen Aufträgen wird ein Teil des Personals verdoppelt: Beleuchter, Tontechniker und so weiter. Am Tag des Interviews schaute Mrs Thatcher sich in der Menschenmenge um und fragte mit einer alles andere als freundlichen Stimme (wie mir zufällig ein Tory versicherte), ob es wirklich nötig sei, daß wegen eines einzigen Interviews so viele Leute kämen. Der öffentlich bekundete Wunsch dieser Regierung, etwas gegen die zu großen Belegschaften in der Fernsehbranche zu unternehmen, verrät uns, woran sie dachte, als sie diese Frage stellte. Abgesehen von der schieren Arroganz und Unhöflichkeit, ihren Mitbürgern fast schon unverblümt ins Gesicht zu sagen, sie seien des Schnorrens und Schwarzfahrens auf dem Rücken luxuriöser, von Gewerkschaften durchgedrückter Bestimmungen verdächtig, beweist ihre verdrießliche Frage kein besonders großes Vorstellungsvermögen.
    Jedermann, der jemals mit Film- oder Fernsehteams zusammengearbeitet hat, weiß, daß besonders bei Außendrehs das Schlüsselelement Zeit ist. Beleuchtung braucht sehr viel Zeit. Film- und Videokameras sind dem menschlichen Auge weit unterlegen, und wenn Szenen nicht sorgfältigund fachmännisch ausgeleuchtet werden, ist der daraus resultierende Film minderwertig. Ich höre förmlich den Aufschrei in der Presse und der Parteizentrale der Torys (falls es zwischen diesen beiden Wohltätigkeitsorganisationen einen Unterschied gibt), wenn Mrs Thatcher über- oder

Weitere Kostenlose Bücher