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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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sollten.
    Egal, ein Wort gab das andere, und irgendwann benutzte ich das Wort »fuck« und seine zahlreichen vierbuchstabigen Verwandten circa achtzehnmal in drei Minuten, womit ich alle bekannten Rekorde weit hinter mir ließ. Susan Jay bekam etwas glasige Augen, und ihr linkes Knie begann zu zittern, aber insgesamt ertrug sie die Druckwelle wie ein echter Profi. Die These, die nicht von mir stammt, wird auch noch dadurch gestützt, daß bei Central TV keine Beschwerden über eben diese Sendung eingingen.
    Das Wort »fuck« hat nichts Schockierendes; schockierend ist, daß wir es schockierend finden. Das ist ein Koitus von Problem. Es ist ein Problem, bei dem ich vor Angst fast mein großes Geschäft in die Hose mache.

Schlimmer – durch Design
     
    Wie schon Lady Bracknell leben wir in einer Zeit der Oberflächen. Unser Problem wird durch die traurige Tatsache verschärft, daß auch Oberflächen nicht mehr das sind, was sie einmal waren. Ist das Resopal oder Resopalimitat? Ist das eine echte Maske? Wie wahr ist diese Lüge? Ist das eine richtige Nase? Zum Teil liegt das vermutlich an der Verstrickung unserer Zeit in zwei Modi, den visuellen und den literarischen, die beide, wenn sie funktionieren wollen, unsere Phantasie fest im Griff haben müssen. Nehmen Sie den ›Listener‹ und sein schickes neues Outfit. Spiegelt das Design die wahre Identität der Zeitschrift oder schafft es eine neue Identität, die ihre Leser und Autoren, wenn sie nur genug Rückenwind bekommen, irgendwann einholenwerden? Ich glaube, man braucht kein großer Zyniker zu sein, um anzunehmen, daß letzteres der Fall ist. Der Schein bestimmt das Bewußtsein. Den literarischen Modus, der uns angesteckt hat, mag man auf einer höheren Ebene ansiedeln, aber er ist genauso trügerisch und ergo genauso wahr. Ein Buch wird nicht nach seinem Lebensbezug beurteilt, sondern nach seinem Bezug auf andere Bücher.
    Wenn der literarisch Gesinnte über das Spektakuläre von Fernsehen, Film und der schönen neuen Welt des »Designs« herzieht, das uns zu verschlingen droht, erhebt er Buch und geschriebenes Wort in einen Stand ursprünglicher Realität, der genauso absurd und unehrlich ist wie die Behauptung, das Problem der Computerspiele sei, daß sie die Leute vom Fernsehen abhielten. Schreiben und Bücher sind technische Errungenschaften; sie sind älter als die Sitcom, das ist alles. Sie sind genauso verantwortlich für die Kreation von Stilen, Gedanken- und Ausdrucksmustern wie ein beliebiger Werbespot oder Hollywood-Kassenschlager. Verstehen Sie mich nicht falsch: Bücher sind großartig und gut, aber die gedankenlose Hochnäsigkeit, mit der sie als Totems oder Heilswege zu Aufklärung, Wahrheit und vedischer Glückseligkeit verehrt werden, ist gefährlich und führt in die Irre. Es gibt eine Technik, vielleicht jünger als Bücher, aber älter als Fernsehen, die uns Zugang zu einer viel echteren Form menschlicher Interaktion gewährt als die Lektüre einer falschen Literatursprache oder das Betrachten spektakulärer Bilder. Ich meine die Technik, die dieser Zeitschrift ihren Namen gegeben hat. Drahtlose Telegraphie, das Radio.
    In einer Zeit, wo das gesprochene Wort vergessen wird, weil man hektisch das neue Titelbild für ein Magazin entwirft oder die neue Videotechnik für die Fernsehshow eines jungen Menschen plant, lohnt es sich, über die These nachzudenken, daß das Radio – um Forster ziemlich fürchterlichzu parafrisieren – das tiefgründigste aller Medien ist und weit tiefer schürft als die Medien. Ich meine natürlich Wortbeiträge, keine Musiksendungen.
    Das Radio leidet allerdings unter einem fürchterlichen Mangel. Es ist weder cool noch sexy, oder welche Eigenschaft die Leute in den Szenelokalen jetzt gerade erregt. Design ist sexy, Bücher und Zeitschriften sind cool, Musik ist beides. Aber eine menschliche Stimme im Intimkontakt mit einem Zuhörer findet man so cool und sexy wie eine Rauchschwalbe.
    Ich weiß nicht, wie man den Groucho Club, die Zeitschrift ›Blitz‹ und Logo-Designer für das Radio begeistern könnte. Aus den genannten Gründen muß ihr Interesse als erstes, lange vor dem der Öffentlichkeit, geweckt werden; Design und Stil sind nun einmal das wichtigste. Radio 4 kann nicht plötzlich Titelbild und Schrifttype ändern, um interessanter zu erscheinen: gerade seine Unabhängigkeit von derlei Manövern macht es ja so interessant.
    Ich fürchte, irgendwann wird ein schrecklich schräger Vogel aus einem Laden, der

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