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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Medium so gut wie abgewürgt haben. Rundfunkautoren sind jetzt in derselben Lage wie Maler vor einigen hundert Jahren. Wenn’s Geschlechtsteile zu sehen gibt, verhüllt sie aufreizend mit hauchfeinem Stoff. Eindeutigkeit ist geächtet, Zweideutigkeit hingegen toleriert. Und wieder wächst eine Generation von Kindern heran, der beigebracht wird, Sexualität für eine eklige Erwachsenenwelt voller Schuld und Angst zu halten, vor der sie beschützt werden, bis sie das Verbrechen begehen, selbst erwachsen zu werden.
    Es wird Zeit, daß Fernsehintendanten aufhören, die Zuschauerpost für etwas anderes zu halten als die qualvollen Delirien von dringend hilfebedürftigen Menschen. Normale Leute haben viel zuviel damit zu tun, ihr eigenes Leben geregelt zu kriegen, als daß sie auch nur der Familie und Freunden, geschweige denn Fernsehanstalten schreiben würden, und solange das nicht verstanden wird und solange Beschwerdebriefe nicht ungelesen verbrannt werden, so lange werden die Bekloppten uns beherrschen.

Wie ich diesen Artikel geschrieben habe
     
    Tststs … der Mann hat definitiv Probleme. Nur wenige Wochen nachdem er »Absolut überhaupt nichts« geschrieben hat, geht es jetzt endgültig ans Eingemachte mit einem Artikel darüber, wie man einen Artikel schreibt … bedenklich, echt bedenklich.
     
    Ich weiß, es riecht nach Nabelschau der übelsten Sorte, aber ich dachte, daß es Sie vielleicht interessiert zu erfahren, wie dieser Artikel geschrieben wurde. Als Kind der Kommunikationsrevolution, des Informationstechnologie-Booms und all der anderen elektronischen Explosionen, die im Lauf der letzten Jahre stattgefunden haben, kann ich diese geschmacklose auto-omphalische Reflexion rechtfertigen, indem ich Ihnen mitteile, daß dieser Artikel nicht so aufgesetzt, korrekturgelesen und an den ›Listener‹ geschickt worden wäre, wie es nun geschehen ist, wenn ich nicht die gesammelte technische Pracht zur Verfügung gehabt hätte, bei der die Leute sich immer an den Kopf fassen und behaupten, sie verabscheuten sie wie der Vegetarier ein Kalbsschnitzel.
    Die eher banausischen Einzelheiten der Entstehungsbedingungen dieses Artikels sind, daß er mit Hilfe eines Textverarbeitungsprogramms getippt und mit einem Faxgerät durchs Telephon abgeliefert wurde. Interessanter ist es vielleicht, sich auf die Hilfsprogramme zu konzentrieren, die parallel zur Textverarbeitung im engeren Sinn laufen und den vielgeplagten Flottschreiber bei der fieberhaften Hektik unterstützen, den Abgabetermin einzuhalten. Lassen Sie mich etwas bei meiner »Ausrüstung« verweilen, wie man beim Militär sagen würde. Ich habe einen Klangdigitalisierer, mit dem ich in ein Mikrophon sprechen kann, so daß der Computer mich begrüßt, wenn ich ihn eingeschaltethabe. »Hallo, Stephen, guten Morgen!« kann er mit meiner Stimme sagen oder auch »Na los, Punk, make my day« mit Clint Eastwoods. Kein besonders effizientes Zubehör, außer für einen Musiker oder Radioproduzenten, aber macht es nicht viel mehr Spaß, wenn ein Affenkreischen oder eine Autohupe einen darauf hinweist, daß man sich vertippt hat, als dies monotone alte Computer»Biep«? Ich habe Dutzende von Schriftarten zur Verfügung oder »Fonts«, wie sie branchenintern heißen. Die reichen von der einfachen, aber eleganten Times Roman über Galliard, Garamond und Helvetica bis hin zu den schmuckreichen Tiffany- und Trump-Mediaeval-Fonts. Mir stehen auch Tausende von Farben zu Gebote, ich habe absolute Kontrolle über Farbsättigung und -ton, um genau die Mischung zu erhalten, die mich am meisten befriedigt. Das deckt die einfachen, primitiven Prioritäten ab, Klang und Aussehen. Sie entsprechen dem Geruch und Gefühl von Papier sowie Tintenfarbe und Federnbreite, die Schriftstellern früherer Tage so viel bedeuteten.
    Zusätzlich zu Fußnoten, Inhaltsverzeichnis, automatischer Silbentrennung und – für längere Arbeiten nützlicher – Indexerstellung habe ich eine geniale Menüfunktion namens »typographische Anführungszeichen«, die sofort erkennt, ob ich An- oder Abführungszeichen brauche. In der Wendung »typographische Anführungszeichen« etwa habe ich dieselbe Taste getippt, und das schlaue Maschinchen weiß, in welche Richtung die Spitzen zeigen sollen. Genauso passen die Ligaturen »fi« und »fl« für »fi« und« fl« selbst auf sich auf (ich hoffe, der Setzer des ›Listener‹ kann die reproduzieren, sonst ist der vorige Satz für Sie sinnlos). Das sind ebenfalls

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