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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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doch interessant und, ehrlich gesagt, ein klitzekleines bißchen besorgniserregend, wenn man sich überlegt, daß ich mich selbst, meinen Verleger und alle guten Buchhändler in Gefahr bringen könnte, einfach indem ich ein paar schnippische Bemerkungen über den Propheten mache.
    Die Ungeheuerlichkeit dessen, was Salman Rushdie zugestoßen ist, können wir gar nicht überschätzen. Er ist vierzig Jahre alt. Er weiß, daß ihm für den Rest seines Lebens ein Todesurteil anhängen wird. Dieses Jahr wird er der Kugel wohl entgehen und das nächste auch, schätze ich. Aber in fünf Jahren? Wird die Polizei ihn weiterhin beschützen, wird man die Kosten im Jahre 2000 noch für gerechtfertigt halten? Für islamische Fundamentalisten gibt es keine Verjährung. Sie vergessen nicht und vergeben nicht. Wir kennen doch alle die Filme über den Mafia-Informanten, der, nachdem er seinen Paten verpfiffen hat, eine neue Identität bekommt und von Stadt zu Stadt zieht, sich nie zu Hause fühlt, nie Freunde hat. Das Todesurteilist gesprochen, und er kann nicht mehr ruhig schlafen. Jetzt ist das Urteil über Rushdie gesprochen, und allein in Britannien, nimmt man an, gibt es tausend Leute, die es um ihres ewigen Seelenfriedens willen gern vollstrecken würden. Können Sie sich ganz einfach das Entsetzen ausmalen, wenn Sie nur noch ein Leben in Angst vor sich sehen? Ich glaube ernsthaft, daß es sich bei der Rushdie-Affaire um einen der ungeheuerlichsten internationalen Vorfälle des Jahrzehnts handelt.
    Wir sehen uns gezwungen, jede Annahme in Frage zu stellen, die wir für dauerhaft und unerschütterlich gehalten haben. Stellen Sie sich vor, Sie versuchen einen moslemischen Fundamentalisten davon zu überzeugen, daß Rushdie ein Recht auf Leben hat. »Aber er hat den Propheten beleidigt, er muß sterben«, lautet die Reaktion. »Und die Toleranz?« protestieren Sie. »Wenn er Jesus Christus beleidigt hätte, wäre weit weniger Trara. Ein paar hitzköpfige Bischöfe würden in der
Late Show
auftreten, aber damit hätte es sich dann auch.« – »Aber Mohammed ist der Prophet, Jesus nur einer seiner Vorläufer.« Das ist die Crux. Die islamischen Fundamentalisten sind sich da ganz sicher, und sie akzeptieren nicht, daß jedermann das Recht auf eine eigene Meinung hat, wenn diese falsch ist. »Da wir wirklich recht haben, ist es absurd, denen Toleranz zu erweisen, die unrecht haben.« Sie haben kein Interesse an freier Meinungsäußerung, sie haben ein Interesse an korrekter Meinungsäußerung, und man kann sie nicht davon überzeugen, daß ihre Meinung eine Schande ist.
Wir
können den Unterschied ausmachen oder glauben es zumindest, aber unser eigener Glaube an die Toleranz verbietet uns, der islamischen Meinung genauso intolerant gegenüberzutreten wie der Islam der unseren. Aber wir können doch nicht dasitzen und zuschauen, wie ein Schriftsteller umgebracht wird, bloß weil es intoleranteEinmischung wäre, für sein Recht auf freie Meinungsäußerung zu kämpfen. Oder doch?
    Wir müssen einsehen, wie wenig Erfolg wir damit gehabt haben, die Revolution von Aufklärung, Toleranz und Freiheit zu exportieren, die der Westen in Anfällen und Rückfällen im Lauf der letzten zwei- oder dreihundert Jahre durchgemacht hat, und müssen uns jetzt fragen, ob unsere per definitionem passive Revolution der gewalttätigen Inbrunst der Revolution im Nahen Osten widerstehen kann.
    Ich glaube, mein Roman wird eine Haselmaus namens Clive und einen Igel namens Timothy behandeln und ihre gemeinsamen Abenteuer im Wald. Das ist sicherer. Moment – die militanten Tierschützer heutzutage …
    Oje, ich geh’ auf Nummer Sicher und lass’ ihn in South Kensington spielen.
     
    Der folgende Text erschien 1987 in der Weihnachtsausgabe des ›Listener‹:
     
    Als die leitende Literaturredakteurin vor dem Umzug des ›Listener‹ in sein neues Quartier ihr Büro ausräumte, entdeckte sie einen Papierstoß, der an die Rückseite einer Schublade geklemmt war. Bei dem Fund schien es sich um die Originalhandschrift einer bislang unveröffentlichten Sherlock-Holmes-Geschichte zu handeln. Über deren Authentizität im unklaren, bat sie Stephen Fry, einen renommierten Sherlockianer, den Text zu edieren und seine Herkunft zu analysieren.
     
    Das Dokument, handgeschrieben auf Schreibpapier des 19. Jahrhunderts, scheint auf jeden Fall echt zu sein. In Anwendung der wegweisenden »Partikelmethode« der Universität
Edinburgh ergibt eine überschlägige Zählung von

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