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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Präpositionen, Finalsätzen und Metaphernhäufungen, daß der Text mit einiger Wahrscheinlichkeit tatsächlich von Watson verfaßt wurde. Drei oder vier Ungereimtheiten, die erst ganz am Schluß der Geschichte auftreten, lassen gleichwohl Zweifel an diesem Schluß zu. Aufmerksame Leser werden diese Anomalien aufspüren und ihre eigenen Schlüsse ziehen können. Das Kennern des Werks geläufige charakteristisch üppige Wachstum der Kommata und Semikola wurde beschnitten, im übrigen aber habe ich den Text unemendiert belassen. Ich wäre sehr daran interessiert, die Meinung der Enthusiasten in aller Welt zu erfahren. Aus meiner Sicht hätte die Erzählung es verdient, echt zu sein, selbst wenn sie es nicht sein sollte.

Der lachende Droschkenkutscher
     
    Das Jahr 18-- sah meinen Freund Sherlock Holmes auf der Höhe seiner beträchtlichen Kräfte. Beim Durchblättern der Aufzeichnungen jenes Jahres zieht eine Reihe von Fällen meine Aufmerksamkeit auf sich; die einen bestürzend, die anderen makaber, wieder andere auf den ersten Blick gewöhnlich, allesamt Beweise für Holmes’ ungewöhnliche Deduktionsgabe. Die Affaire des gestrandeten Ara, für deren Aufklärung er den Orden der Silbernen Myrte aus den Händen Seiner Majestät des Königs Miroslaw höchstpersönlich empfing, bietet mehrere absonderliche Einzelheiten von Interesse, berührt jedoch in ihren delikateren Details zu viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, als daß ich befugt sein könnte, sie hier wiederzugeben. Die Geschichte des pünktlichen Bahnbeamten ist, obwohl sie eine von Holmes’ Lieblingstriumphenbleibt, vielleicht gar zu technischer Natur, um die breitere Leserschaft fesseln zu können. Den Fall der Blutbuchen habe ich andernorts aufgezeichnet, und die Geschichte des hornblasenden Schulleiters und dem Zaumzeug ist, obgleich sie wie vielleicht keine andere die außerordentliche Akribie und Geduld erkennen läßt, welche die Methoden meines Freundes charakterisierten, außerhalb von Fachzeitschriften deplaciert.
    Ganz am Ende jenes Jahres jedoch, da es uns bereits so vorkam, als wolle sich London den Winter über der Sensationen begeben und sei damit zufrieden, sich behaglich auf die Festtage vorzubereiten, ohne eines jener outrierten Mysterien aufzuwerfen, die Sherlock Holmes wie Luft zum Atmen brauchte, da explodierte über uns ein Fall, der ihn aus der Trägheit und Melancholie riß, denen dieser großartige Geist zum Opfer fiel, wenn es nichts zu seiner Beschäftigung gab, und warf uns in ein so außergewöhnliches Abenteuer, daß es den uns bekannten in nichts nachstand. Trotz seiner oft wiederholten Versicherung, dieses Problem habe seine Verstandeskräfte nur in geringstem Maße auf die Probe gestellt, kann es keinen Zweifel daran geben, daß seine Lösung Holmes die reichste Belohnung zuteil werden ließ, die er im Laufe einer ruhmreichen Karriere je sich erworben hat.
    Ich erinnere mich, daß ich eines Abends Mitte Dezember mit der Aufgabe beschäftigt war, unser Junggesellenlogis mit einigen zur Jahreszeit passenden Ilex- und Mistelzweigen zu schmücken, und unterdes bissige Kommentare meines Freundes zu ertragen hatte.
    »Also wirklich, Watson«, sagte er, »ist es nicht genug, daß Mrs Hudson alle paar Stunden mit unermüdlich guter Laune und Pasteten beladen hier hereinplatzt? Müssen wir uns auch noch herausputzen wie einen heidnischen Tempel?«
    »Ich muß schon sagen, Holmes«, erwiderte ich mit einiger Schärfe, denn die Anstrengung, auf einem Stuhl zu stehen und nach der Bildleiste zu greifen, forderte ihren Zoll von der alten Jezail-Kugelwunde, »ich finde das ungewohnt mißgünstig von Ihnen! Einst bedeutete Weihnachten etwas, wenn ich mich recht entsinne. Haben Sie denn den blauen Karfunkel vergessen?
Das
Abenteuer sah Sie von so julfestlicher Milde wie jeden anderen.«
    »Watson, Sie vermengen die tatsächlichen Begebenheiten jener Affaire mit der überreich ausgeschmückten Version, die Sie einer leichtgläubigen Öffentlichkeit vorzusetzen beliebten. Fangen Sie doch bitte nicht an, Ihren eigenen Erfindungen Glauben zu schenken. Soweit ich mich erinnere, bedurfte der Fall besonnener Analyse.«
    »Wirklich, Holmes«, rief ich aus, »Sie sind höchst ungerecht!«
    »Vergeben Sie mir, Watson. Aber all dieser infernalische
Stumpfsinn!
Ein wucherndes Geschwür überschwenglich guter Laune scheint zu dieser Jahreszeit jedermann zu infizieren, einschließlich der hartherzigsten Schufte, denen sowenig zuzutrauen ist,

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