Papierkrieg
Worte finden konnte. Also
sprang ich ein. Mit leicht gehobenen Händen, die Innenseiten zu ihm gewandt,
versuchte ich, ihn zu beruhigen. Solche Versuche wirken immer lächerlich, aber
mir fiel partout nichts Besseres ein.
»Hören Sie, wir haben viel Zeit, vielleicht können wir reden. Wenn
einer tot auf dem Boden liegt, nützt das keinem was.«
Berti starrte mich an, als ob ich Sanskrit gesprochen hätte. »Leck
mi, Gschleckta.«
Er schob mich zur Seite, nicht ohne freundlicherweise den Lauf
seines Revolvers zwischen meine Augen zu pressen. Mila wich vor ihm zurück. Zu seinem
offensichtlichen Bedauern setzen die bescheidenen Dimensionen meiner Wohnung
solchen Versuchen ein rasches Ende. Voll Hass starrte er Mila an und brüllte
ihr aus kürzester Distanz ins Gesicht. Sein Kopf war rot, ihrer kreidebleich.
»Du klane Schlampn. Zerst verarscht mi und dann treibst es mit den
Gschleckten.« Nach diesem Ausbruch verstummte er, offenbar wusste er nicht mehr
weiter. Also schlug er ihr einfach mit dem Revolverlauf ins Gesicht. Mila lag
am Boden und ich wollte einschreiten, aber Berti war fix und hielt mir sein
stählernes Hoheitszeichen vor. »Geht di nix an. Genau nix.«
Noch immer zu mir gewandt, packte er Mila am Kragen und brachte
sie wieder auf die Beine. Anscheinend hatte er sie nicht voll getroffen, oder
das Ganze hatte schlimmer ausgesehen, als es tatsächlich war. Ich konnte weder
Wunden noch Blut ausmachen.
»Wo hast es, Schneggerl? Sag scho, sonst wer i ungmüatlich.«
Mila starrte ihn an. Einen Anflug von Panik im Gesicht.
»Wo hast es versteckt? Wennsd as mir sagst, schleich i mi und kumm
nimma wieder.«
Sie schüttelte den Kopf. Berti griff ihr ins Haar und bog den Kopf
zurück, bis sie zur Decke sah. »Dann muss ich dir wehtun. Aber zuerst ein
Abschiedskuss. I hab des alles nur für dich gmacht und du bescheist mi, du
klane Schlampn.«
Er beugte sich vor und saugte sich an ihrem Hals fest. Da er seine
Rechte mit dem Revolver in ihrem Haar hatte und mit der Linken ihre Handgelenke
fixierte, hatte ich die Chance, etwas zu tun. Vielleicht war ich zu
ungeschickt, vielleicht zu wenig entschlossen oder es war einfach Pech.
Jedenfalls klappte mein Manöver nicht. Berti war schneller. Ich kam nicht
richtig dazu, seine Revolverhand zu fixieren, seine Linke blieb frei und ich
hatte einen schlechten Stand. Nach ein paar Augenblicken wortlosen Ringens
stand fest, dass ich verloren hatte. Ich konnte den Augenblick, in dem ich
kassieren würde, nur mehr hinauszögern, nicht mehr verhindern. Dann traf es
mich. Hart und schwer. Als ich am Boden lag, war Bertie so zuvorkommend, noch
ein paarmal nachzutreten. Ich kotzte auf meinen Teppich. Bittere, gelbe Galle.
Als ich wieder einigermaßen zu mir gekommen war, hatte sich Berti wieder seiner
Ex zugewandt. Die Knarre war verschwunden, dafür hielt er ein langes Messer in
der Hand und führte es an Milas Hals auf und ab. Er schien das ziemlich zu
genießen.
»Komm scho, Schneggerl, sag mir, wo hast du’s versteckt?« Seine
Stimme klang süß und einschmeichelnd, mit einem drohenden Unterton, der gar
nicht so leicht auszumachen war. Um was immer sich die Unterhaltung der beiden
drehen mochte, Mila war offenbar nicht bereit, auch nur den kleinsten Hauch
auszuplaudern. Während ich krampfhaft versuchte, wieder auf die Füße zu kommen,
raste mir die Frage »Was hat sie ihm geklaut?« durch den blutpochenden Schädel.
Bevor ich schließlich stand, war ich zweimal umgefallen. Und stehen blieb ich
auch nur, weil ich mich an meinem Stuhl festhielt. Ich war gerade dabei, mir
einzugestehen, dass ich nur noch zum Zuschauer taugte, als noch wer durch die
Türe in meine Wohnung kam. Ich hatte mich noch nicht ganz umgedreht, als die
Person hinter mir ihre Identität offenbarte.
»Laß äs blieba, Berti. ’S het gar kan Zweck.« Fred hatte angelegt
und stand sicher mit gespreizten Beinen einen Meter von der Tür. Berti drehte
sich um, ohne Mila loszulassen. Er verwendete sie wie einen Schutzschild. Als
er seine Bewegung abgeschlossen hatte, ließ er sein Messer fallen und griff
nach seinem Revolver, der vor ihm lag. Er war ganz überhebliche
Selbstsicherheit.
»Des geht di nix an, Fonduezuzler. Lass es bleibm.«
Aber Fred wollte nicht. »Du kascht gern dinera Revolver bhalta,
aber lass die Kline los und denn kascht go. ’S würd do nüt passiera, Ehrawort.«
»Leck mit, Zuzler.«
Zu einem weiteren Schlagabtausch kam es
Weitere Kostenlose Bücher