Papierkrieg
mit runder Brille und leicht hinkend. Er war schwarzhaarig, mit
einem dünnen langen Schnauzer, der wirkte wie die Schnurrbarthaare einer Katze.
Sie stellten sich vor und nahmen unaufgefordert Platz. Man hatte also die
Leiche gefunden und die Polizei begann, Ermittlungen anzustellen.
Ich legte ›Sein und Zeit‹ neben mir auf den Schreibtisch und
fixierte meinen Besuch mit strengem Blick. »Meine Herren, was kann ich für Sie
tun?«
»Beantworten Sie einfach unsere Fragen«, ließ sich der Fuchs
hören, während die Katze ein Päckchen Zigaretten aus ihrem braunen Mantel
hervorkramte, umständlich eine herausschüttelte und sie mit einem
Benzinfeuerzeug anzündete.
»Die Polizei muss gut entlohnt werden, bei den heutigen
Benzinpreisen«, merkte ich an, wartete, bis die Katze genüsslich den Rauch
ausblies, und sagte daraufhin: »Außerdem herrscht im gesamten Gebäude
Rauchverbot.« Die beiden zuckten simultan mit den Achseln und die Katze aschte
ungerührt auf das Linoleum.
»Quis custodit custodes?«, seufzte ich resignierend.
»Was haben Sie gesagt?«
»Nichts, nur dass Zeit Geld ist. Also, was ist jetzt mit den
Fragen, die Sie mir stellen wollten? Nur zum Rauchen werden Sie ja nicht gekommen
sein.«
»Kommen S’ uns nicht blöd, wir können Sie auch mit auf’n Kort
nehmen, wenn’s das is, was Sie wolln.«
»Mir schlottern die Knie. Außerdem, könnt sein, dass ich mir
gleich die Hosen nass mach.« Ich holte mir den Samowar und schenkte mir eine
Tasse ein. Der kupferfarbene Assam füllte die Tasse, und ich führte sie zum
Mund, wobei mir der würzige Duft in die Nase stieg. Mit einem geübten Schlenker
ließ ich den Tee durch meine Gurgel rinnen. Sofort war der Tag wieder
freundlich und heiter. Ich goss noch ein wenig nach und stellte die Tasse
wieder auf den Tisch. Es geht doch nichts über einen guten Mangalam.
»Also, Herr Linder, Sie sind wohnhaft Felberstraße 32,
Tür 6.«
»Ja.«
»Hier steht«, die Katze wies auf einen schmierigen Notizblock,
»dass Sie«, er runzelte seine Stirn, hielt den Block dem Fuchs vor die Nase,
»Philo, was sind Sie von Beruf?«
»Philologe.«
»Was ist das?«
»Ich bin Sprachgelehrter für die klassischen Sprachen.«
»Aha«, ein Blitz des Erkennens erhellte die beiden Gesichter,
»Lateinisch und so! Was es nicht alles gibt!« Die zwei blickten sich verwundert
an. Sie waren eine Show, Ben Stiller ein Dreck dagegen.
»Wir haben die sichere Zeugenaussage, dass Sie gestern, oder
vielmehr heute Nacht, erst gegen zwei nach Hause gekommen sind.«
»Um was geht’s denn, soll ich wegen Zu-spät-nach-Hause-
kommens erschossen werden?«
Die Katze schob den Stuhl, auf dem sie saß, geräuschvoll nach
hinten, stand auf und beugte sich über meinen Schreibtisch. Ich lächelte ihr
freundlich ins Gesicht.
»Sie sind ja eine Nummer.« Dabei zerdrückte er das Enkerl der
Zigarette, die er zuvor angeraucht hatte, erbarmungslos auf meiner
Schreibunterlage. Damit richtete er einen Millionenschaden an.
»Die Fragen stellen wir. Wann sind Sie heimgekommen, was haben Sie
davor gemacht und was danach?«
»Und haben Sie Zeugen?«, ergänzte der Fuchs.
»Ich bin so gegen zwei nach Hause gekommen.«
»Die Hausmeisterin sagt, dass Sie um zehn nach zwei das Haustor
geöffnet haben.«
»Kann sein. Davor war ich bei einem Freund.«
»Wo ist das, was haben Sie dort gewollt und kann der das
bestätigen? Wann sind Sie von dort aufgebrochen?«
»Im 18ten, Athanasius-Grün-Gasse. Der kann das bestätigen und
aufgebrochen bin ich so circa um halb eins.«
»Dann hätten Sie aber viel früher zu Hause sein müssen, so gegen
zehn vor eins.«
»Ja, hätte ich nicht die U-Bahn verpasst, war die letzte. Ich
musste zu Fuß gehen. Ist ein ganzes Stück, das braucht durchaus seine Zeit.«
»Und warum haben Sie kein Taxi gerufen?«
»Auf der Uni verdient man nicht so wie bei der Polizei. Wir haben
auch kein Spesenkonto, das irgendwelche Zuhälter auffüllen.«
»Das gilt nur für die Chefs, wir kriegen immer nur …«, brauste die
Katze auf, bis der Fuchs sie kühl unterbrach und den Satz beendete: »Nur weil
ein paar Großkopferte bestechlich sind, muss das nicht auch für uns kleine
Beamten gelten!«
»Jaja, der Fisch stinkt immer vom Kopf her.«
Nach einer kurzen Pause nahm der Fuchs den Faden wieder auf. »Und
dann?«
»War ich gegen zwei Uhr zu Hause und bin schlafen gegangen.«
»Sofort?«
»Ja.«
»Sie wohnen im ersten Stock, die
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