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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Hausmeisterin sagt aber, dass Sie
zuerst in den zweiten hinauf sind. Und lange gebraucht haben.« Der Fuchs
klopfte, wie um das Gesagte zu untermauern, auf die Ausgabe von ›Sein und
Zeit‹, die vor ihm lag und in der sich die Tatwaffe befand. Kurz war mir ein
wenig übel, doch der Fuchs schien mit Büchern nicht viel anfangen zu können,
denn ihm fiel das hohle Geräusch überhaupt nicht auf. Die Katze rauchte eine
weitere Zigarette an und war allem anderen gegenüber gleichgültig.
    »Ich war vielleicht ein bisschen betrunken, da vertut man sich
manchmal. Soll in den besten Familien vorkommen.«
    »Vor dem Haus, als Sie nach Hause kamen, da haben Sie auch nichts
bemerkt?«
    »Nein, überhaupt nicht.«
    »Haben Sie den Herrn in der Wohnung über Ihnen gekannt?«
    »Nein, ich kenne niemanden im Haus. Warum?«
    »Weil er tot ist, darum.«
    »Soll ich jeden Toten kennen?«
    »Nein, nicht jeden, den aber schon. Wir haben Ihren Namen durch
den Computer laufen lassen. Raten Sie mal, was wir gefunden haben.«
    »Dass ich die Reinkarnation von Jack the Ripper bin und nun in
meinem neuen Leben auf Männer stehe?«
    »Sie haben früher für Erwin Bender gearbeitet.«
    »Ein Studentenjob, na und, jetzt arbeite ich für die Inzersdorfer
Schlachthöfe. Wollen Sie mir deswegen den Rinderwahnsinn anhängen?« Während ich
Phrasen drosch, arbeitete mein Hirn auf Hochtouren. In Benders Kasino hatte ich
den Toten also schon mal gesehen, nur wann und in welchem Zusammenhang?
    »Wie viele Studenten arbeiten in illegalen Kasinos? Beim größten
Gauner in der Branche?«
    »Hat sich halt irgendwie ergeben. Außerdem war ich nur in einem
Nachtklub beschäftigt, von Spielen hab ich keine Ahnung. Auf jeden Fall ein
besserer Job als in einem Callcenter.«
    »Sie waren damals in eine unsaubere Sache verwickelt. Kurze Zeit
darauf haben Sie bei Bender aufgehört. Nur wegen Ihrer Aussage ist Bender
damals nicht in den Knast.«
    »Kann sein, ich hab damals nur die Wahrheit gesagt.«
    »Slupetzky hat Bender ausgenommen. Dann hat er aufgehört zu
spielen und jetzt ist er tot.« Der Fuchs warf der Katze den Ball zu, den sie
aufnahm.
    »Ausgerechnet in Ihrem Haus hat er sich verkrochen und jetzt ist
er tot. Wenn das kein Zufall ist.« Die Katze warf den Ball zurück.
    »Slupetzky ist Anfang Dezember eingezogen,
Sie Anfang Jänner. Noch so ein Zufall. Gerade in der Nacht, in der Sie genau
zur Tatzeit zu Hause gewesen wären, wenn Sie nicht …«
    »… die letzte U-Bahn verpasst hätten! Da steckt doch was dahinter!
Seien Sie doch nicht blöd! Sagen Sie uns, was Sie wissen, einmal sind Sie noch
davongekommen, aber diesmal werden Sie nicht so viel Glück haben. Sie können
froh sein, wenn Sie nur einsitzen, weil das bedeutet: Sie haben das Ganze
überlebt.«
    »Ich kann Ihnen wirklich nicht helfen, meine Herren. Es tut mir
leid. Ich habe alles gesagt, was ich weiß.«
    Die beiden sprangen auf. »Na gut, für diesmal gehen wir, aber wenn
Ihnen was einfällt, rufen Sie uns an! Wir sehen uns.«
    Katze und Fuchs gingen, wie sie gekommen waren, ohne Gruß und
Höflichkeit. Ich blieb allein zurück und starrte auf das runde Dutzend
Tschikstummel, das meinen Boden zierte. Die Katze hatte die Asche fein
säuberlich zu zwei kleinen Häufchen auf meinem Schreibtisch zusammengeschoben.
Ich trank noch etwas Tee und wartete ein Weilchen, dann ging ich auch.

VI
    Es
war an der Zeit, die Waffe loszuwerden. Noch einmal würde ich nicht so ein
Glück haben. Ich verließ das Institut, ging über die Philosophenstiege hinunter
zur Universitätsbibliothek und dort nach hinten zu den Magazinräumen.
    Ich kannte Häuptling Fritz seit der Zeit, als die Zettelkataloge
der UB in den Aleph eingearbeitet worden waren. Damals hatte ich Namen,
Signaturen und Schlagworte eingegeben. Manchmal träume ich heute noch davon:
Ich sitze vor dem Computer und tippe endlose Zahlenreihen ein. Eine Ewigkeit
lang. Und irgendwann fehlt eine Zahl, das bedeutet, ich habe einen Fehler
gemacht, alles wieder von vorn. Immer wache ich schweißgebadet auf.
    Häuptling Fritz ist ein Urgestein. Mit Cowboystiefeln, Lederkluft
und indianischen Halsketten, Adlerfedern im langen, blauschwarzen Haar und
wettergegerbtem Gesicht sieht er aus wie einer der Krieger Geronimos auf den
berühmten Fotos. Eigentlich kommt er aus Stegersbach und heißt Hans
Schindegger, aber alle Welt nennt ihn nur Häuptling Fritz. Ich fand ihn im
Magazin, zwischen deckenhohen Regalen

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